Basisversorgung

Eine angenehme Alternative: Selbstadhäsives Komposithybrid

Ein neues selbstadhäsives Komposithybrid verändert die zuzahlungsfreie Füllungstherapie. Das Resultat übertrifft in puncto Qualität die herkömmlichen zuzahlungsfreien Alternativen Glasionomerzement und Amalgam – und das bei einem absolut wirtschaftlichen Zeitaufwand.


Komposithybrid

Abb. 1 Ausgangssituation: Multiple kariöse Läsionen an Zahn 35. © Huttenlau


Die Seitenzahnkaries stellt die häufigste therapiebedürftige Diagnose im zahnärztlichen Praxisalltag dar. Der Bärenanteil der aus ihr resultierenden Versorgungen entfällt eindeutig auf hochwertige Komposit-Restaurationen, daneben sind indirekte Versorgungen oder die Nicht-Therapie mögliche Optionen. Als zuzahlungsfreie Varianten standen bislang Glasionomerzement (GIZ) und Amalgam zur Verfügung – in vielerlei Hinsicht unbefriedigende Lösungen für Patient und Zahnarzt. Mit dem selbstadhäsiven Komposithybrid Surefil one (Dentsply Sirona) wird dieses Kassenleistungssegment nun um einen Werkstoff mit deutlich verbesserten Eigenschaften erweitert. Anhand des folgenden Fallberichts zeigt sich, wie Patienten und Praxen zukünftig davon profitieren können.

Der konkrete Fall

Der 38-jährige Patient stellte sich mit multiplen kariösen Läsionen sowie durch thermische und osmotische Reize bedingte akute Schmerzen an Zahn 35 in der Praxis vor. Bei genauer Untersuchung zeigte sich eine offene kariöse Läsion mit Dentinexposition bei gleichzeitiger endodontischer Beschwerdefreiheit (ViPr. +, Perk. -, Palp. -). Der letzte Zahnarztbesuch des Patienten lag unbestimmte Zeit zurück.

Im Rahmen der Aufklärung erfolgte anschließend die gemeinsame Festlegung der weiteren Vorgehensweise via partizipativer Entscheidungsfindung (PEF). Dabei erwies sich die zuzahlungsfreie Versorgung des Zahns 35 als oberste Priorität, weshalb der Patient Outcome-orientiert über die drei Versorgungsoptionen GIZ, Amalgam und selbstadhäsives Komposithybrid informiert wurde. Auf dieser Grundlage fiel schließlich die Entscheidung zugunsten einer Versorgung mit selbstadhäsivem Komposithybrid (Surefil one, Dentsply Sirona).


Nach einer Zahnsteinentfernung in der betreffenden Region folgten zunächst die Defektdarstellung, die mechanische und chemische Exkavation sowie die Präparation. Für eine anatomisch korrekte Gestaltung der Approximalkontakte kam ein Vollmatrizensystem (Palodent 360, Dentsply Sirona) zum Einsatz, welches sich binnen einer Minute platzieren ließ.

Das Komposithybrid wurde nun in Form der erhältlichen Kapseln eingesetzt. Zunächst wurde eine davon aktiviert und für zehn Sekunden in einem Kapselmischer gemischt. An der tiefsten Stelle der Kavität beginnend, wurde das selbstadhäsive Komposithybrid dann mit der Kanülenspitze aktiv appliziert, wobei die Verarbeitungszeit von 90 Sekunden zu beachten war. Im Gegensatz zu den anderen genannten Materialien ist dabei ein leichtes Überfüllen der Kavität sinnvoll, um nach der Ausarbeitung eine homogene Oberfläche zu erhalten.

Nach Ausbringen und vorsichtigem Abstreichen der Masse am Kavitätenrand wurde das Material mit einer Polymerisationslampe (SmartLite Pro, Dentsply Sirona) für 20 Sekunden lichtgehärtet. Der Werkstoff in den tieferliegenden Bereichen der Füllung (mehr als 4 Millimeter) härtete in der Abbindezeit von sechs Minuten chemisch aus. Abschließend wurden die Entfernung von Überschüssen mit einer diamantierten Knospe feiner Körnung im Schnellläufer und die Politur mithilfe von Finier- und Poliersystemen (Enhance Finishing System & Enhance PoGo, beide Dentsply Sirona) unter geringer Wasserzufuhr vorgenommen.

Diskussion

Die patientenzentrierte Form der Aufklärung und die damit verbundene Einbeziehung des Patienten in den Entscheidungsprozess zählt heute in jedem Fall zum Standard einer modernen Behandlung. Schließlich sollte diese Form der Mitbestimmung nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch schlicht aufgrund der Vorgaben durch das Patientenrechtegesetz inzwischen obligat sein. Hinzu kommt, dass es sich im gezeigten Fall mit einer Seitenzahnkaries um die häufigste Diagnose im Praxisalltag handelt. Gerade hier ist es besonders wichtig, Patienten auf Basis eines vollständigen Angebots an adäquaten Versorgungsmöglichkeiten eine fundierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen.

Im vorliegenden Fall konnte der Patient wunschgemäß mit einer zuzahlungsfreien Füllung versorgt werden. Das Resultat übertrifft in puncto Qualität zudem die beiden anderen zuzahlungsfreien Alternativen GIZ und Amalgam – und das bei einem absolut wirtschaftlichen Zeitaufwand: Für die gesamte Behandlung wurden insgesamt nur zehn Minuten benötigt. Mehr als die Hälfte der Zeit entfällt dabei auf die Arbeitsschritte bis einschließlich der Präparation. Vom Legen der Matrize bis zur fertigen Restauration dauerte es dann nur noch vier Minuten, von denen zwei für die Ausarbeitung genutzt wurden.


Trotz dieses geringen Zeitaufwands erhielt der Patient durch den Einsatz von selbstadhäsivem Komposithybrid eine funktionell vollwertige Füllung mit Approximalkontakt, die alle Anforderungen an eine definitive Restauration erfüllt. Im Gegensatz zu Amalgam kann auf dem Weg zu diesem Ergebnis minimalinvasiv gearbeitet werden, und lästige Quecksilberdiskussionen entfallen ebenfalls. Darüber hinaus weisen klinische Daten eine Belastbarkeit nach, die mit der von konventionellen, gebondeten Kompositen vergleichbar ist. Aus diesem Grund ist der Werkstoff mit Blick auf seine Langlebigkeit auch GIZ überlegen.

Gleichzeitig gilt es zu beachten, dass diese Vorteile gegenüber den genannten Optionen auch mit einem bislang ungewohnten Handling einhergehen. Die Verarbeitung ist keineswegs schwieriger; vor dem Einsatz am Patienten ein bis zwei Übungs-Füllungen anzufertigen ist jedoch empfehlenswert. Insbesondere geht es in diesem Kontext um das aktive Einbringen in die Kavität und das Streichen des Materials (im Gegensatz zum Stopfen) und die kurze Verarbeitungszeit von 90 Sekunden ab Kapselaktivierung. Letztere kann sich temperaturbedingt weiter verkürzen, so dass sich eine Aufbewahrung des Komposithybrids im Kühlschrank empfehlen kann.

Neben dem hier dargestellten Anwendungsgebiet der zuzahlungsfreien Seitenzahnfüllung (selbst inklusive tragendem Höcker) eignet sich das selbstadhäsive Komposithybrid auch für die Kinderzahnheilkunde und die Alterszahnmedizin – besonders aufgrund der kurzen Behandlungszeit.

Selbstadhäsives Komposithybrid: Fazit für die Praxis

Mit der neuen Werkstoffklasse des selbstadhäsiven Komposithybrids steht der zahnärztlichen Praxis eine Option zur Verfügung, mit der sich einfach, schnell und vorhersagbar funktionell gute und langlebige Füllungen legen lassen. Dank seiner klinisch relevanten Vorzüge komplettiert sie in der Praxis der Autorin nicht nur das Klasse-II-Portfolio, sondern ersetzt vollständig die zuzahlungsfreien Alternativen Amalgam und GIZ. Als Therapieoption für eine der häufigsten Indikationen ist das Füllungsmaterial somit schon jetzt fest in das Behandlungs- und Praxiskonzept integriert.

 

<strong>Partizipative Entscheidungsfindung</strong>

Sowohl aus moralischer Sicht als auch mit Blick auf die Änderung des Patientenrechtegesetz von 2013 erscheint die partizipative Entscheidungsfindung (englisch: Shared Decision Making) als zeitgemäßer Bestandteil der modernen Zahnheilkunde. Dieser evidenzbasierte und praxistaugliche Kommunikationsansatz kann dazu beitragen, Erwartungshaltungen zu verdeutlichen, Missverständnisse zu vermeiden und für alle Beteiligten zufriedenstellende Ergebnisse zu erreichen. Als Expertin und Referentin rund um das Thema patientenzentrierte Gesprächsführung hilft Dr. Jana Huttenlau Zahnarztpraxen dabei, Aufklärungsgespräche und deren Dokumentation zu optimieren und die partizipative Entscheidungsfindung erfolgreich und standardisiert im Praxisalltag zu implementieren.


Die Expertin

Foto: Dentsply Sirona

Dr. Jana Huttenlau
Selbstständige Beraterin und Referentin für patientenzentrierte Zahnmedizin. Praktizierende Zahnärztin.