Der SiroWorld-Kongress in Orlando

SiroWorld-Kongress: Die Zukunft ist mehr als CEREC

Drei Tage lang machte Dentsply Sirona Orlando zum Mittelpunkt der digitalen Zahnheilkunde. Knapp 5000 Teilnehmer des SiroWorld-Kongresses erlebten eine bewährte Mischung aus Fachvorträgen, klinischen Schulungsprogrammen und hochkarätiger Unterhaltung.



Tag zwei des SiroWorld-Kongresses in Orlando war ein guter Tag für Jan Siefert, Vice President Instruments bei Dentsply Sirona: Er händigte das erste Neuprodukt des gemeinsamen Unternehmens für den US-Markt den 25 Außendienstmitarbeitern aus: Winkelstücke und Turbinen „made in Bensheim“.

Winkelstücke und Turbinen „made in Bensheim“

„Das Produkt wird in Bensheim produziert, und wir haben es in kürzester Zeit optisch und haptisch angepasst für den Markt in Midwest“, erklärte Siefert nicht ganz ohne Stolz in Orlando. Wirklich gut sei das Geschäft mit Instrumenten in der Vergangenheit in den USA nicht gelaufen – ausgenommen seien die Laser-Geräte, die dort einen guten Marktanteil hätten. Siefert: „Die Instrumente haben bisher hier im US-Markt nur eine marginale Rolle gespielt.“ Das soll sich nun ändern. Die Midwest Sales Force, in anderen Produktbereichen zu Marktanteilen von rund 25 Prozent in der Lage, hat sich genau diese Marge auch für den Instrumentensektor, der bislang ein bis zwei Prozent Marktanteil hatte, vorgenommen. Und der Außendienst „scharrt mit den Hufen“, wie Siefert sichtbar stolz betonte. Da passe es ganz gut, dass noch aus der Veranstaltung mit dem Außendienst heraus ein Mitarbeiter zehn Instrumentenpakete der Winkelstücke und Turbinen mit den Markennamen Midwest Stylus Plus und Midwest E Plus verkauft habe – initiiert durch eine SMS an einen Kunden.

Und damit ist der Instrumentenmarkt für Dentsply Sirona durchaus ein Wachstumsmarkt, der durch den Zusammenschluss der Unternehmen besser angegangen werden kann. Immerhin, meint Siefert, gehörten die USA zu den Märkten, in denen die Angebotsklassen „Premium“ und „Comfort“ bevorzugt würden. Ansonsten produziert Dentsply Sirona noch für die Bereiche „Economy“ und „Basic“.

3D-basierte Fallanalyse und Behandlungsplanung

Mit einer tatsächlichen Neuentwicklung überraschte Dentsply Sirona in Orlando dann doch noch. Und für Dentsply Sirona ist es der neue, große Trend in der Endodontie: die 3D-basierte Fallanalyse und Behandlungsplanung. Geeignet, so betonte Jörg Haist, Leiter des Produktmanagementbereichs Bildgebende Verfahren bei Dentsply Sirona, sei die brandneue Software vor allem für komplexe Fälle. Haist: „Das können Molaren mit ihrer unvorhersehbaren Anatomie, Knochenverlustsituationen, Paroschäden, vertikale Wurzeldefekte in nicht restaurierten Zähnen, periapikale Läsionen, Luxationen oder Fehlplatzierungen von Zähnen sein.“ Bisher seien intraorale Bilder und 2D-Informationen als Entscheidungshilfen vorhanden gewesen, „doch die können erheblich fehlleiten“, weiß Haist.

Alles sichtbar mit 3D

Jetzt, mithilfe der 3D-Analyse, werde nahezu alles sichtbar. Haist: „Komplexe Situationen erfordern eben eine optimale Visualisierung.“ Allzu oft finde man den Kanal nicht, die Überraschung komme dann nach dem Öffnen. Die Entscheidung darüber, wie behandelt wird, werde nun vorverlegt: „Man sieht früher, wenn es sich um einen hoffnungslosen Fall handelt und man eben besser nicht mehr öffnet.“

Allerdings räumte Haist ein, dass es immer noch einen Prozentsatz an Unklarheiten oder Überraschungen geben könne: „Der aber wird durch diese Software erheblich reduziert.“ So werde etwa das Risiko, einen Kanal zu „vergessen“ oder zu „übersehen“, erheblich reduziert.

Der Prozessablauf sieht vor, dass in der in 3D erstellten Aufnahme, die „kleinste Strukturen sichtbar macht“, der zu behandelnde Zahn isoliert wird. Das verschaffe im ersten Schritt Klarheit über die vorliegende Kanalsituation. Die 3D-Anatomie zeige zudem, wie man am besten den Fall angeht. Dabei ergeben sich drei Schlüsselbotschaften: eine verbesserte, vorhersagbare Behandlungsqualität, man wisse durch die CBCT-Daten, was einen erwarte, und die Behandlungsplanung werde erleichtert und abgesichert. Die Klarheit über den Kavitätenzugang ermögliche zudem ein stark dentinerhaltendes Vorgehen. Mithilfe einer „IntraRoot-Kamera“ werde dann ermittelt, wie lang die Feile sein muss und welchen Weg sie gehen soll.

Das Erlernen der Software dauert nach Aussage von Haist 30 Minuten. Und es brauche nur zwölf Minuten, um einen solchen komplexen Endo-Fall – etwa im Bereich der oberen Molaren – vorzubereiten. „Das erleichtert also dem Endodontologen nicht nur die Arbeit, sie wird auch verkürzt“, resümierte Haist.

Für die computergestützte Fallanalyse werden die enormen Datenmengen auf das Wesentliche reduziert. Man kann bei der Planung Screenshots machen und messen. Identifiziert werden können sowohl die palatinale wie die distobukkale und die mesiobukkale Kanalanatomie.

Ausgerichtet auf alle Dentsply-Feilen

Theoretisch brauche es für die Anwendung der Software nicht unbedingt die neueste Generation der 3D-Geräte. Technisch sei das auch mit älteren Modellen möglich. Zu empfehlen seien eben Low-Dose-Maschinen „wie unser Orthophos SL 3D-Gerät“. Haist: „Und hier hilft ein hoch auflösendes Gerät sicher besser.“ Die Software sei ausgerichtet auf alle Dentsply-Feilen. Andere Systeme seien nicht verwendbar.
Zwei Jahre lang haben 15 Ingenieure an der Entwicklung dieser Software gearbeitet. „Und es waren viele Zahnärzte beteiligt“, wie Stefan Hehn, Vizepräsident für den Bereich der Bildgebenden Verfahren bei Sirona Dentsply, unterstreicht. Das Produkt sei also – wie alle Produkte des Hauses – „customer-driven“. Und man sieht bei Dentsply Sirona ein enormes Entwicklungspotenzial: „Wenn man bedenkt, wie CEREC angefangen hat und wo es heute steht, kann man einige Fantasie auch für das 3D-Endo-System entwickeln“, fügt Hehn an. Die Software, die im November in Deutschland ihren Marktstart feiert, sei ein „breites Fundament“, auf dem sich gut weiterentwickeln lasse.

Die 3D-Endo-Software sei auch ein Beispiel für die Sinnhaftigkeit des Firmenzusammengehens. Hehn: „Die Zusammenarbeit daran hat zwischen Dentsply und Sirona bereits zwei Jahre vor dem Merger begonnen.“

Zur IDS „low-hanging fruits“

Dass Dentsply Sirona – ausgenommen die neue 3D-Endo-Software – noch zur IDS 2017 mit neuen gemeinsamen Produkten aufwarten kann, ist äußerst unwahrscheinlich. Man sei gerade bei Tag 170 des Zusammenschlusses und könne naturgemäß noch keine gemeinsamen Produktneuheiten präsentieren. Allerdings sei nicht ausgeschlossen, so Siefert, dass man „low-hanging fruits“ mitnehme – wie im Fall der Winkelstücke und Turbinen.

Dr. Matthias Kühner, Vice President Global Sales für den Bereich Implantate, kündigte als ein von den Kunden stark gewünschtes Neuprodukt schon jetzt eine Lösung für Implantate und CEREC an. „Für den Aufbau ist TiBase notwendig. CEREC TiBase werden wir wohl zur IDS für die Ankylos-Implantate fertig haben und vorstellen.“

Neuigkeiten zur IDS

Gerade die Zusammenführung der Bereiche Röntgen, Implantate und CAD/CAM seien spannende Produktfelder der Zukunft. Kühner: „Wir wollen die Implantate komplett in den digitalen Workflow integrieren.“ Das betreffe auch die prothetischen Verbindungselemente, die weiterentwickelt würden. „Das wird allerdings noch einige Zeit benötigen“, warnte Kühner vor zu großen Erwartungen in kurzer Zeit.

Das Beispiel der Konferenz in Orlando zeige, wohin die dentale Reise gehen werde, denn die Zukunft sei mehr als CEREC: „Der digitale Workflow und die ,Single-Visit Dentistry‘ sind auch bei uns die Hauptthemen der nächsten Jahre.“

Selbstverständlich ist der Merger auch in Orlando das alles bestimmende Thema. Zum Auftakt des Meetings gratulierte Dr. Michael DiTolla, Moderator des Kongresses und Dentsply-Sirona-Director of Clinical Affairs, dem Dentsply-Sirona-CEO Jeffrey T. Slovin: „Kompliment: Er hat sich eine Braut geangelt, die 22 Jahre jünger ist und doppelt so viel Geld hat wie er selbst.“ DiTolla spielte dabei auf die beiden Gründungsjahre – 1877 Sirona, 1899 Dentsply – sowie auf die Umsatzzahlen – 1,2 zu 2,7 Mrd. US-Dollar – an. 

Zeit der Veränderungen

Slovin nannte die Gegenwart „eine Zeit der Veränderungen“ und kündigte an, dass die Zukunft kaum ruhiger werde. Den Merger mit Dentsply nannte er „kein Ding der Wall Street, sondern eines für die Zahnärzte“: „Wir sind eine dentale Lösungsfirma. Unser Ziel ist, die Zahnärzte als dentale Profis zu stärken – im Sinne der Patienten.“ Slovin dankte den Gästen für ihre Treue zu Dentsply Sirona: „All das, was wir mit Dentsply Sirona erreicht haben, haben wir Ihnen zu verdanken. Sie haben einen harten Job. Ich weiß das. Wir möchten gemeinsam mit Ihnen die Zahnmedizin verändern.“