Zeitgewinn und mehr Komfort

CEREC bietet Software für kieferorthopädische Indikationen

Viele Jahre lang gingen wir davon aus, dass CEREC nur für Restaurationen geeignet ist. Doch das System wurde weiterentwickelt. Neben Anwendungen für die integrierte Implantologie bietet es jetzt auch eine Software für kieferorthopädische Indikationen. Auch wenn dieser Weg für Kieferorthopäden ungewöhnlich wirkt: Er funktioniert, bringt einen großen Zeitgewinn und bietet deutlich mehr Komfort für die Patienten.



Digital für kieferorthopädische Indikationen abzuformen und mit den daraus entstehenden digitalen Modellen zu arbeiten, ist noch nicht alltäglich. Ich habe für unser Fachzentrum für Kieferorthopädie, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Implantologie, das mein Mann, PD Dr. Dr. Lutz Ritter, und ich gemeinsam betreiben, die Weiterentwicklung der Kamera und die Neuentwicklung der Software als Erproberin begleitet. Es ging darum zu erforschen, wie die digitale Abformung mit den daraus entstehenden digitalen Modellen zur Erstellung von kieferorthopädischen Apparaturen, und hier insbesondere von Schienen, optimal genutzt werden kann.

Abformungen und physische Modelle sind ein wesentlicher Bestandteil der Kieferorthopädie. Daher waren wir sehr froh, dass intraorale Scans auch für uns möglich wurden. Der Einstieg war ungewohnt: Die ersten Scans mit der CEREC Omnicam (Sirona) zeigten, dass einfach ein wenig Übung dazugehört. Mir fehlten Erfahrungen – als Kieferorthopädin hatte mich bisher noch kein System zur digitalen Abformung überzeugt. Die CEREC-Kamera selbst liegt aber gut in meiner Hand, ist nicht zu schwer und wirklich einfach zu bedienen. Der kleine Kamerakopf ist für die Patienten angenehm und ermöglicht es, auch den Unterschnitt am zweiten Molaren gut zu erfassen.

Ich hatte bei den ersten Scans den Eindruck, dass die Kamera sensibel reagiert, etwa auf den Atem oder den Speichelfluss des Patienten, doch all diese anfänglichen Probleme wurden während der Erprobungsphase gelöst. Als großen Vorteil sehe ich den geführten Scanprozess. Er gibt große Sicherheit, denn eine Abweichung vom vorgegebenen Prozess ist im Grunde nicht möglich. Die Ergebnisse sind immer reproduzierbar, so dass sich auch meine Mitarbeiterinnen schneller den Scan zutrauen.

Nach dem Scan wird der Behandler durch die Software gefragt, was man damit machen möchte. Es bieten sich verschiedene Optionen an:

Wir können den Scan mit nur einem Klick an ein Labor verschicken. Dort wird ein physisches Modell (etwa mit einem 3D-Drucker) erstellt, an dem wir die kieferorthopädische Behandlung und Apparaturen ganz klassisch planen können. Das ist ein guter Einstieg in den digitalen Workflow, da sich außer der digitalen Abformung nur wenig im Prozess verändert.

Der Scan kann dafür genutzt werden, im Labor einen Tray für eine Bracketbehandlung erstellen zu lassen. Die Planung dafür können wir aber auch direkt in der Praxis machen. Wir nutzen hier mit der entsprechenden Software den digitalen Workflow, um die Brackets optimal zu positionieren. Auch dabei profitieren Behandler und Patient von der Zeitersparnis und der direkten Kommunikation mit dem Labor.

In der Aligner-Therapie haben wir dank des erzeugten digitalen Modells in der dazugehörigen Software die neue Op‧tion, das „Backward Planning“ direkt am eigenen Rechner zu nutzen. Der große Vorteil ist der schnelle Kommunikationsweg. Der angeforderte „Clincheck“ ist schneller verfügbar, da der Postversand der herkömmlichen Abformungen entfällt. Das heißt: Die Behandlungssimulation kann schneller mit dem Patienten besprochen werden.

Kooperation Invisalign

Für den letztgenannten Punkt steht die Koopera‧tion von Sirona mit Invisalign. Sie bringt uns Omnicam-Nutzern einen einfachen Prozess und vor allem Zeitersparnis: Nach dem Scan wird ein digitales Modell erstellt. Dann setze ich in der Software als Behandler ein Ziel und übermittle beide Datensätze über einen direkten Link an das Kundenportal von Align Technology. Schnell erhalte ich eine erste Simulation, die sich bei Bedarf modifizieren lässt. Mir ist wichtig, als Behandler die Kontrolle darüber zu behalten, wie schnell welche Zwischenziele in der Schienentherapie erreicht werden sollen: Jeder Patient ist anders, und wir gestalten die Behandlung für jeden angenehm. Der gesamte Prozess läuft also digital ab und verkürzt den Behandlungsbeginn: Länger als vier Wochen (inklusive Bearbeitung der ClinChecks) sollte kein Patient auf seine ersten Schienen warten.

Digitaler Workflow

Mir kommt bei diesem Schritt in die digitale Welt sicherlich zugute, dass ich in einer Praxis arbeite, in der sehr viel digitale Technologie bereits vorhanden ist, etwa digitale bildgebende Systeme oder die Praxismanagementsoftware. Für mich war CEREC, das ich zur Erprobung in meine Praxis integrierte, daher ein logischer Schritt: Ich sehe mich in unserem Fachzentrum als Kieferorthopädin mit modernem Behandlungskonzept. Digitale Scans gehören deshalb für mich fest dazu.

Die digitale Abformung bedeutet in der Kieferorthopädie in erster Linie eine Verbesserung des Arbeitsablaufs und der Planbarkeit der Ergebnisse. Ich persönlich brauche dafür auch kein physisches Modell, das wir aus forensischen Gründen nach wie vor anfertigen lassen und archivieren müssen. Es ist vielleicht auch eine Typfrage: Ich habe bereits im Studium und in der Fachzahnarztausbildung mit der digitalen Technik gearbeitet und während meiner Tätigkeit in der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universität zu Köln verschiedene Schienentherapiesysteme kennengelernt. Viele Dinge habe ich mich dann einfach getraut – die Umsetzung dessen, was wir während des Studiums und der Fachzahnarztausbildung erlernen, ist genauso gut am Computer möglich. Und mir macht das einfach unglaublich viel Spaß. Da das System erst seit Kurzem in komplettem Umfang verfügbar ist, liegen allerdings noch keine abgeschlossenen Patientenfälle vor.

Patientenkomfort

Die unangenehmen, langwierigen Silikon-Korrekturabformungen mögen viele Patienten überhaupt nicht, sie profitieren sehr vom digitalen Prozedere. Unzureichend gescannte Bereiche lassen sich unkompliziert nachscannen. Mehrfach klassisch abzuformen, das ist für alle Beteiligten unangenehm. Ein erneuter Scan wird jedoch in keiner Weise als belastend empfunden. Der Patient merkt, dass alles schnell und leicht von der Hand geht, und fühlt sich in in die Behandlung einbezogen: Sie können auf dem Tablet die Simulationen als Video sehen und ihre Fragen stellen. Hier ist dann auch Gelegenheit, den Verlauf der Therapie zu besprechen und gegebenenfalls anzupassen. Der intraorale Scanner gibt mir zusätzlich die Möglichkeit, einen Kontrollscan zu machen, um den Therapieverlauf zu kontrollieren. Optimal wäre es an dieser Stelle für mich, wenn ich diesen Scan in der Software direkt auf die Simulation legen könnte – das wird aber ganz sicher die Zukunft sein.

Hanna Ritter

ist Fachzahnärztin für Kieferorthopädie und gründete gemeinsam mit ihrem Mann ein Fachzentrum für Kieferorthopädie und MKG-Chirurgie in Hennef.

info@fachzentrumritter.de