Kofferdam bei der Füllungstherapie



Selbst bei der Wurzelkanalbehandlung legen nur weniger als 20 Prozent der Zahnärzte regelmäßig Kofferdam an. Warum ist Kofferdam nach wie vor so unbeliebt?

Katzschner: Die vermeintlich lange Behandlungszeit ist eine enorme Hürde. Doch Kofferdam lässt sich je nach Indikation auch innerhalb von 30 Sekunden legen. Isoliere ich beispielsweise nur einen einzelnen Zahn, geht das ruck, zuck.

Worauf kommt es an?

Katzschner: Dreh- und Angelpunkt ist die Strukturierung der Vorbereitung. Nur bei exakter Planung lässt sich Kofferdam sehr effizient legen. Dabei ist die Vorbereitung – Lochen, Klammerauswahl, Zange parat legen – vollständig delegierbar.

Das Legen des Kofferdams selbst aber nicht?

Katzschner: Doch, aber ich plädiere dafür, dass der Zahnarzt und die Helferin den Kofferdam gemeinsam legen. Das ist rückenschonender und reduziert die Applikationszeit in unserer Praxis auf eine Minute.

Patienten mögen Kofferdam ebenso wenig wie Zahnärzte, heißt es …

Katzschner: Das möchte ich bezweifeln. Wir legen bei fast allen Indikationen Kofferdam – PZR, Funktionsdiagnostik und Okklusionskontrolle selbstverständlich ausgenommen. Das erste Mal mag es ungewohnt sein, doch dann möchte niemand mehr darauf verzichten. Die Vorteile sind enorm: Ich nenne nur Schutz vor Aspiration oder Verschlucken von Fremdkörpern, die Möglichkeit der Mundatmung, selbst wenn mit Spraywasser gearbeitet wird, kein Würgereiz, kein Austrocknen der Mundhöhle und die Infektionsprophylaxe.

Was sind die Vorteile für den Zahnarzt, neben der Infektionsprophylaxe?

Katzschner: Das Arbeiten ist stressfreier, denn das Arbeitsfeld ist trocken, es sind keine Verunreinigungen des Behandlungsfelds durch Speichel und Bakterien zu befürchten. Weder Zunge, Wange noch Gingiva stören, Mundspülungen erübrigen sich, der Würgereiz ist gering.

In welchen Bereichen ist das Arbeiten mit Kofferdam wirklich verpflichtend und nicht nur gefordert?

Katzschner: Bei der Kariesinfiltrationstherapie, sie muss zwingend unter Kofferdam erfolgen. Denn für die Infiltration wird eine 15-prozentige konditionierende Salzsäure eingesetzt, um die Oberfläche des porösen Systems zu eröffnen. 15-prozentige Salzsäure hat eine ulzerierende Wirkung auf Zahnfleisch. Ohne Kofferdamschutz darf sie im Interdentalraum auf keinen Fall appliziert werden. Dazu kommt: Das freigelegte kariöse System gleicht einem Schwamm, der infolge Kapillarwirkung den Infiltranten quasi aufsaugt. Feuchtigkeit ist ein absolutes No-go, die ausreichende Trockenlegung in diesem Feld ein Muss.

Und das schreckt potenzielle „Infiltrationsfans“ ab?

Katzschner: Abschrecken vielleicht nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass es die Euphorie gebremst hat, die diese Therapiealternative eigentlich hätte auslösen müssen. Schließlich bietet Icon eine ganz neue Möglichkeit, beginnende Karies frühzeitig zu stoppen, ohne gesunde Zahnsubstanz unnötig zu opfern. In nur einer Sitzung, einfach, ohne Bohrer und Spritze, im Approximalbereich ebenso wie auf Glattflächen. Der Infiltrant, ein hochflüssiger Kunststoff, dringt in die Schmelzkaries ein und blockiert die Diffusionswege für kariogene Säuren.

Aber nun gibt es MiniDam, die Resonanz soll enorm sein?

Katzschner: Richtig, und ich hoffe, dass sich nun noch mehr Zahnärzte für die Kariesinfiltrationstherapie begeistern. Denn wer Kofferdam ablehnt, kann nun mit dieser einfachen Zweiraum-separierenden Silikonhülle arbeiten und erleben, wie einfach das geht. Vielleicht wird er dann irgendwann sogar einmal ein Kofferdam-Fan.

Eignet sich MiniDam nur für die Kariesinfiltration oder sind weitere Indikationen vorstellbar?

Katzschner: Für die Kariesinfiltration, die zwingend an die Anwendung von Kofferdam gebunden ist, wurde MiniDam entwickelt – und das ist aus meiner Sicht zunächst einmal die Haupt‧indikation. Auch Kofferdam-Verweigerer können nun aktiv verhindern, dass aus beginnender Karies eine Kavität wird.

Wie schnell lässt sich MiniDam applizieren?

Katzschner: Selbst Unerfahrene brauchen dafür deutlich weniger Zeit als für einen Kofferdam.

Und Sie?

Katzschner: Knapp eine Minute, das hängt aber auch von der Indikation ab, ein Weisheitszahn ist schwieriger trockenzulegen als ein 7er, 5er oder 6er

Ich hätte gedacht, das geht noch schneller …

Katzschner: Nun, der Versierte kann MiniDam in bestimmten Fällen auch in wenigen Sekunden anwenden. Schließlich braucht man kein Equipment mehr, keine Klammern, keine Benetzungen mit Gleitmitteln, der Speichel reicht aus. MiniDam wird einfach nur in den Zahnzwischenraum gebracht, das war es. In manchen Fällen nehme ich Zahnseide zu Hilfe.

Und das lässt sich im Gegensatz zu Kofferdam ohne drohende Rückenprobleme allein bewerkstelligen?

Katzschner: Selbstverständlich. Wem Kofferdam zu mühselig ist, sollte MiniDam testen.

Funktioniert MiniDam auch im Frontzahnbereich?

Katzschner: Ja, für ein Zahnpaar, zum Beispiel bei der Füllungstherapie. Bei einer Kariesinfiltration mehrerer Frontzahnflächen, bei der Behandlung eines „weißen Flecks“ müssen dann entweder mehrere MiniDam-Gummis überlappend gelegt oder sukzessive nur zwei Zähne nacheinander behandelt werden.

Gibt es noch weitere Indikationen? Wo würden Sie denn außerhalb der Kariesinfiltration diese kleine Kofferdamvariante einsetzen?

Katzschner: MiniDam hat nur eine Separierung für einen Interdentalraum. Er legt also suffizient nur einen Interdentalraum frei und trocken. Das bedeutet, der Defekt müsste auf diesen Interdentalraum begrenzt sein. Bei zweiflächigen Kunststofffüllungen und Inlays könnte ich mir MiniDam statt Kofferdam vorstellen. Also bei kleinen Füllungen, okklusal und approximal. Eine rein approximale Füllung ist nicht möglich, da ja immer ein okklusaler Zugang geschaffen werden muss. Daher wurde für solche Fälle die Kariesinfiltration erfunden.

Bei welchen weiteren Indikationen reicht die relative Trockenlegung allein durch Absaugkanüle, Speichelsauger, Watterollen oder Luftstrahl definitiv nicht aus?

Katzschner: Das Legen von Kofferdam ist letztlich nur die höchste Form der Trockenlegung. Es gibt Indikationen, die durchaus den Verzicht von Kofferdam erlauben. Im Frontzahnbereich lässt sich die relative Trockenlegung zum Beispiel gut realisieren. Im molaren und distalen Bereich wird es natürlich schwieriger.

Das heißt, Kofferdam ist außerhalb der Kariesinfiltration kein Muss, selbst in der Endodontie nicht?

Katzschner: Korrekt, aber ich persönlich bin ein Kofferdam-Fan. Und auch in der Endodontie steigt die Akzeptanz kontinuierlich. Das Gros der Wurzelkanalbehandlungen läuft unter absoluter Trockenlegung. In der Füllungstherapie halte ich die Akzeptanz allerdings nach wie vor für gering.

ZA Jens-C. Katzschner

ist seit 1992 niedergelassen in eigener

Praxis für minimalinvasive Zahnheilkunde

in Hamburg und Mitbegründer von

zahnarzt-ergonomie-forum.de.

katzschner@zahnarzt-ergonomie-forum.de