Ästhetisch-restaurative Zahnheilkunde: Direkt-indirekte Versorgung



Die Adhäsion von Restaurationen an der verbliebenen Zahnhartsubstanz leitete in der konservierenden Versorgung eine grundlegende Wende ein. Durch die neuen Materialien war es besser möglich, nicht nur die Ästhetik, sondern auch die Form, die Festigkeit und die Funktion von kariösen bzw. traumatisierten Zähnen wiederherzustellen. Und dies mit dem großen Vorteil, dass die Versorgung konservierend und minimalinvasiv erfolgt, ohne große Mengen an Zahnsubstanz abtragen zu müssen wie es früher bei Kavitätenpräparationen z. B. für Amalgamfüllungen zwingend war. Allgemein bekannt ist auch, dass die im Seitenzahnbereich häufig verwendeten Komposite einer Polymerisationsschrumpfung unterliegen, was bei falscher Anwendung oder Nichtbeachtung dieser allen Füllungskompositen gemeinsamen Eigenschaft zu inneren Spannungen führen kann. Wenn diese die Kraft des Haftverbunds übersteigen, können Randspalten oder gar Risse in der Zahnhartsubstanz und in der Restauration entstehen. Dies geschieht vornehmlich bei größeren Kavitäten, da eine größere Kompositmenge die Schrumpfungsspannung erhöht (Davidson & DeGee, 1984; Lambrechts et al., 1977; Dietschi & Spreafico, 1997). So kann es im Seitenzahnbereich vor allem bei größeren Kavitäten zu einer Beeinträchtigung des Restaurationsergebnisses kommen. Die Ursache hierfür ist der erschwerte Zugang, der zu Schwierigkeiten beim Präparieren der Kavitätenränder und Konturieren der Anatomie sowie beim Gestalten physiologischer Approximalkontakte führen kann (Imparato et al., 1999). Angesichts dieser allgemein anerkannten Faktoren entscheiden sich viele Zahnärzte für die Versorgung größerer Kavitäten für indirekte, im Labor hergestellte Restaurationen. Dies ermöglicht die Herstellung der Restauration fernab der intraoralen Erschwernisse und bietet so eine bessere Konturierung sowie eine leichtere Gestaltung korrekter Approximalkontakte bei optimalen physikalischen Eigenschaften des Restaurationsmaterials. Allerdings haben die indirekten Verfahren einige Nachteile, wie z. B. die Notwendigkeit einer größeren Anzahl von Sitzungen, die Herstellung von Provisorien sowie die höheren Kosten, die durch die Laborschritte entstehen (Bussadori et al., 1995).

Einfache Technik

Eine sehr gute Alternative für die oben genannten Fälle ist die vergleichsweise einfache Restaurationstechnik, mittels chairside erstellten Inlays die Vorteile der direkten Techniken mit denen der indirekten zu verbinden, womit eine Kostenreduk‧tion sowie ein niedriger Zeitaufwand einhergehen. Bei dem im Folgenden beschriebenen klinischen Fall zeigen wir Schritt für Schritt die Versorgung eines Seitenzahns unter Verwendung dieser Technik.

Der konkrete Fall

Die Patientin hatte eine insuffiziente, frakturierte Amalgamfüllung im Zahn 16 (Abb. 1). Sie berichtete über Beschwerden an diesem Zahn. Geplant war, die Amalgamfüllung durch ein chairside hergestelltes, indirektes Komposit-Inlay zu ersetzen, da es sich um eine große Restauration handelte. Für die Herstellung des Inlays wurde das GrandioSO Inlay System (VOCO) ausgewählt, das alle notwendigen und aufeinander abgestimmten Materialkomponenten enthält. Zuerst wurde die Amalgamfüllung entfernt und eine Basisschicht mit dem Glas‧ionomer-Komposit-Zement Ionoseal (VOCO) gelegt, um den Kavitätenboden glatt zu gestalten und eine angepasste Kavitätenform zu erzielen (Abb. 2). Die Kavität wurde mit speziellen Diamantbohrern so präpariert, dass keine unter sich gehenden Stellen verblieben. Anschließend wurden die Kavität und die Nachbarzähne mit Alginat (Hydrogum, Zhermack) abgeformt (Abb. 3). Nach dem Abbinden des Alginats wurde mithilfe eines speziellen A-Silikons (Modellsilikon, VOCO) ein Silikonmodell erstellt (Abb. 4 und 5).

Einbringen und Modellieren

Der nächste Schritt war das Einbringen und Modellieren des Nanohybridkomposits GrandioSO (VOCO, Abb. 6). Dabei wurde jede Schicht, einschließlich der Innenfläche, für 20 Sekunden lichtpolymerisiert. Für die Oberflächencharakterisierung der Fissuren wurden die Pigmente Ocker und Braun (Kolor+Plus, Kerr) verwendet.

Ausarbeitung

Für die Ausarbeitung und Politur kamen nacheinander der diamantdurchsetzte Silikonpolierer Dimanto (VOCO, Abb. 9), ein Ziegenhaarbürstchen, die Paste Opal (Renfert) und ein Wollrädchen zum Einsatz. Nach absoluter Trockenlegung des Arbeitsfelds folgten die Arbeitschritte für die adhäsive Befestigung der Restauration. Zunächst wurde die präparierte Kavität mit einer Robson-Minibürste und einer Bimssteinpaste auf Wasserbasis gereinigt. Der Zahn wurde anschließend gründlich mit Wasser abgespült und die Kavität sanft mit Luft getrocknet.

Das selbstkonditionierende Adhäsiv Futurabond DC (VOCO) wurde in nicht zu dünner Schicht innerhalb der Kavität aufgetragen und für 20 Sekunden einmassiert (Abb. 8). Um das Verdunsten des Lösungsmittels zu beschleunigen, wurde das Adhäsiv leicht verblasen. Dann erfolgte eine Lichtpolymerisation für mindestens 10 Sekunden. Der dualhärtende Komposit-Zement Bifix QM (VOCO) wurde direkt auf die Kavitätenflächen aufgetragen (Abb. 10), das Inlay vorsichtig eingesetzt und unter Druck in Position gehalten (Abb. 11); die Zementüberschüsse wurden mit Pinsel und Zahnseide entfernt. Anschließend wurde ein wasserlösliches durchsichtiges Gel auf die Ränder aufgetragen und jede Zahnfläche mit Licht polymerisiert.

Nach Ablauf der Frist für die chemische Härtung von Bifix QM wurde der Kofferdam entfernt und es erfolgte das Einschleifen der Okklusion sowie die Endpolitur der Restaura‧tionsränder mittels Dimanto (VOCO), Bürstchen und Filzpolierern. Das fertige Inlay zeigt eine optimale Ästhetik sowie eine Form, die eine ideale Funktion gewährleistet (Abb. 12).

Diskussion

Die Kompositmaterialien, die auf dem Dentalmarkt zu finden sind, eignen sich aufgrund ihrer ästhetischen, adhäsiven und mechanischen Eigenschaften sowie ihrer einfachen Handhabung hervorragend zur Durchführung restaurativer Maßnahmen. Seit Buonocore 1955 die Schmelzätztechnik entwickelt und Bowen 1963 das Komposit auf der Basis von BisGMA (Bisphenol-A-Glycidylmethacrylat) eingeführt hat, erfahren die Komposite eine fortlaufende Entwicklung nicht nur ihrer mechanischen Eigenschaften, sondern auch ihrer ästhetischen Qualitäten, weshalb sie zunehmend als Füllungsmaterial indiziert sind.

Die direkten und indirekten oder direkt-indirekten Füllungstechniken mit Komposit haben ihre Indikationen sowie Vor- und Nachteile, wie aus den unzähligen Forschungsarbeiten in der zahnmedizinischen Fachliteratur zu ersehen ist. Allerdings erzielt nach Porter (1990) die direkt-indirekte Technik eine hohe Beständigkeit des Randschlusses sowie eine hohe Belastbarkeit der Füllung und erleichtert zudem die Herstellung der Kontaktpunkte und die richtige Farbgebung, was eine bessere Ästhetik zur Folge hat.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt bezieht sich auf die Kontraktionskräfte, die durch die Polymerisation zu großer Inkremente von Komposit entstehen und deren Haftung am Zahn beeinträchtigen können. Verschiedene Autoren halten dies für einen wichtigen Faktor bei der Auswahl der Restaurationstechnik und geben zu bedenken, dass bei der Versorgung großer Defekte die direkt-indirekte Technik eine größere Kontrolle über die Polymerisationsschrumpfung des Komposits erlaubt, was so zu einer Minimierung einiger Probleme führe, die nach dem Legen einer Füllung beobachtet werden, wie z. B. Hypersensibilität, Schmerz und Kaubeschwerden (Davidson & DeGee, 1984; Lambrechts et al., 1977; Dietschi & Spreafico, 1997).

Chaim & Baratieri (1998) beschrieben, dass die semidirekte Restaurationstechnik die Vorteile der indirekten Technik aufweist und gleichzeitig erlaubt, die Arbeit in ein und derselben Sitzung abzuschließen. Die adhäsive Technik ermöglicht zudem den Erhalt einer bedeutsamen Menge gesunder Zahnhartsubstanz, was wahrscheinlich die Notwendigkeit komplexerer, ausgedehnterer und teurerer Versorgungen hinauszögert (Chaim & Baratieri, 1998), Dietschi & Spreafico, 1997).

 Dr. Sanzio Marques
praktiziert als Zahnarzt mit den Schwerpunkten Konservierende Zahnheilkunde und Prothetik in Belo Horizonte, Brasilien. Er doziert außerdem an der Bundesuniversität Minas Gerais sowie an der Universität São Paulo, ist Autor verschiedener Fachbücher und Kursleiter an mehreren Fachinstituten.
Kontakt: www.sorrisobelo.com.br

 Dr. Márcia Marcondes Guimarães
ist Zahnärztin an der Zahnmedizinischen Fakultät der Universität von São Paulo und Fachärztin für Implantologie, Parodontologie und Prothetik.