Bewertungsportale, soziale Netzwerke und Co.

Das „MitMach-Internet“ und die Zahnmedizin

Der Internetauftritt einer Zahnarztpraxis wird immer wichtigerer Bestandteil im Orientierungsprozess eines Neupatienten, der sich für oder gegen eine Praxis entscheidet. Daher sollte großen Wert auf die Internetpräsenz in all ihren Facetten gelegt werden.



Das Internet ist aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. Kaum ein Produkt, das im Internet nicht recherchiert werden kann. Kaum ein Kauf, bei dem vorher nicht eine Bewertung im Internet berücksichtigt wurde. Mittlerweile ist selbst der Bezug von Möbeln oder Lebensmitteln über das Internet möglich. Und wahrscheinlich sind all diese Beispiele nur Vorläufer einer völlig veränderten digitalen Kommunikations- und Konsumgesellschaft.

Auch für Zahnarztpraxen hat sich in diesem Zusammenhang vieles verändert. Was jedoch geblieben ist: Die Empfehlungskommunikation steht im Rahmen einer Auswahlentscheidung für oder gegen eine Zahnarztpraxis an erster Stelle. Allerdings nehmen der Internetauftritt der Praxis wie auch die Bewertungen auf entsprechenden Portalen in diesem Empfehlungsprozess eine zunehmend wichtige Rolle ein. Wie sieht dieser jetzt konkret aus? Als erstes fragt ein potenzieller Neupatient meist seine besten Freunde, Bekannten oder Arbeitskollegen. Daraus resultieren zwei bis drei Empfehlungen verschiedener Praxen.

Aufgrund der hohen Zahnarztdichte in Deutschland ist es eher unwahrscheinlich, dass nur eine (!) Zahnarztpraxis genannt wird. Es bleibt die Frage, wie sich dieser potenzielle Neupatient nun zwischen den drei Empfehlungen entscheiden soll. Jede Empfehlung wird mit den Worten begleitet, dass es sich um die beste Zahnarztpraxis handelt. Schließlich ist der Empfehlende von der Qualität und Kompetenz seiner Praxis überzeugt, sonst wäre er nicht Patient dieser Praxis.

Der finale Entscheidungspunkt ist somit die Darstellung der Praxis im Internet (Praxishomepage, Bewertungsportale, ggf. soziale Medien). Auf der Grundlage der Kombination von Empfehlung und Onlinedarstellung und auf der Basis der eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen kann sich der potenzielle Neupatient eine Meinung bilden, um sich für eine der drei Praxen zu entscheiden. Dabei geht es ausschließlich um die Frage: Wie professionell, sympathisch, kompetent sowie authentisch wirkt die Praxis auf ihn?

Bewertungsportale

Die Abgabe von Bewertungen im Internet ist an sich nur eine andere bzw. neue Form des Empfehlungsmarketings. Sie dienen als Wegweiser durch den Praxisdschungel und bieten Patienten nützliche Informationen und Erfahrungen. So verschmelzen die persönliche Empfehlung von Freunden, die Praxishomepage und das Bewertungsportal zu einem Gesamteindruck bzw. einer Einschätzung der Praxis. Aktuelle Quellen für Bewertungen sind insbesondere Jameda mit rund fünf Millionen monatlichen Nutzern, Google-Bewertungen (Tendenz deutlich zunehmend) sowie Bewertungen bei Facebook (Tendenz ebenfalls steigend).

Positive Bewertungen

Ein aktuelles Beispiel für die Relevanz von Bewertungen lieferte die Suchmaschine Google im vergangenen Jahr. So werden seit einigen Monaten die Bewertungen von Drittportalen wie z. B. Jameda im jeweiligen Google-My-Business-Profil einer Praxis angezeigt.

Vorab: „Den (!) richtigen Weg“ gibt es nicht. Vielmehr sollte der Prozess für eine erfolgreiche Integration in den Praxisalltag im Team strukturiert und trainiert werden. Denken Sie nur an die Frage eines Hotelmitarbeiters beim Auschecken: „Waren Sie zufrieden mit uns? War alles in Ordnung?“. Dieser Prozess ist genauestens überlegt und organisiert. Für den Bereich des Gesundheitssektors ist es wichtig zu wissen, dass die meisten Bewertungen von Zahnarztpraxen positiv ausfallen.

Darüber hinaus ist der beste Schutz vor einzelnen negativen Bewertungen eine große Zahl positiver Bewertungen. Dies hat zur Folge, dass negative Kommentare zum einen nicht so stark ins Gewicht fallen und zum anderen die Gesamtbewertung in sich wesentlich authentischer wirkt. Dazu gehört auch, den Eingang negativer Bewertungen frühzeitig zu bemerken und die richtigen Schlüsse zu ziehen: Wurden die Punkte von den (meist ja grundsätzlich zufriedenen) Patienten zu Recht bemängelt; was kann zur Verbesserung unternommen werden (Qualitätsmanagement)? Wurde ggf. zu Unrecht negativ bewertet und wenn ja, welche Maßnahmen können in diesem Fall ergriffen werden (Meldung beim Portal, Kommentar, juristische Schritte …)? Die Basis bildet jedoch immer die zahnmedizinische Leistungs- und Ergebnisqualität, die in Kombination mit der Servicequalität der Praxis das Gesamtbild ergibt.

Fazit: Egal, wie die eigene Einstellung zum Thema Bewertungsportale ausfällt, sie sind längst fester Bestandteil des Alltags im Internet geworden. Macht es daher nicht durchaus Sinn, diese aktiv für sich zu nutzen?

Soziale Netzwerke

In den vergangenen Jahren haben die sozialen Medien (der Einfachheit halber soll hier als Beispiel und Synonym Facebook herangezogen werden) die klassische Art der Kommunikation stark verändert. Sie ermöglichen den Nutzern, eigene Inhalte zu produzieren, sich auszutauschen, Fans verschiedener Unternehmen – in diesem Fall Zahnarztpraxen – zu werden sowie Bewertungen, Rezensionen und Kommentare abzugeben.

27 Millionen – schaut man sich diese Zahl der aktiven Facebook-Nutzer in Deutschland (Stand: Januar 2016) und damit den Marktführer der sozialen Medien an, wird deutlich, dass die allgemeine Relevanz und Akzeptanz sozialer Medien nicht mehr diskutiert werden muss.

Die Herausforderung in sozialen Medien: Eine Information oder sogar eine Geschichte über mehrere Posts muss für die jeweilige Zielgruppe sowohl relevant als auch interessant sein, damit sie gelikt bzw. geteilt wird. Gleichzeitig unterscheiden sich zudem die Art und Weise sowie die Intensität der Kommunikation stark von der Kommunikation einer Praxishomepage. Statt von Fachthemen und der Tonalität („Sie“) leben soziale Medien von einer eher lockeren („Du“) und tendenziell humorvollen „Human-Interest“-Kommunikation. Darüber hinaus reicht die für eine Praxishomepage zu empfehlende monatliche Pflege mit Neuigkeiten etc. bei Facebook nicht aus. Hier sollte besser mehrmals die Woche gepostet und wenn erforderlich zeitnah geantwortet werden.

Emotionale Relevanz

Für das zahnärztliche Marketing stellt sich diesbezüglich noch eine weitere zentrale Frage, die darüber entscheiden kann, ob bzw. wie z. B. eine Praxisfanpage bei Facebook ein geeigneter Kanal für die eigene strategische Praxismarkenkommunikation sein könnte: Wie relevant ist Facebook für den Dialog zwischen Praxis und Patient? Also „Wie emotional wichtig ist der eigene Post im Vergleich zu allen anderen, die jede Woche in den Timelines der Nutzer auftauchen?“ und vor allem: „Wie viel Aufwand wird in die Erstellung eines Posts investiert und welcher Nutzen ergibt sich für die Praxis daraus?“

Unterteilt man die Kontakte eines Facebook-Nutzers beispielhaft in vier Kategorien (Freunde und selbst als Follower): I. Freunde, II. Bekannte, III. internationale (starke) Marken (z. B. der Fußballverein, Modemarken, Automarken etc.) und IV. lokale Marken (die Zahnarztpraxis, der Bäcker, der Friseur etc.), weisen alle vier, unterschiedliche emotionale Bindungsqualitäten auf. Das bedeutet: Posts von engen Freunden werden in vielen Fällen als wesentlich relevanter eingestuft als Posts von entfernten Bekannten und Unternehmen der Kategorien III & IV. Abb. 2 soll verdeutlichen, in welchem Relevanzverhältnis die Zahnarztpraxis zu den anderen Kontakten steht.

Von den angenommen 440 Posts pro Woche stammt ein Post von einer Zahnarztpraxis. In Bezug auf die Aufmerksamkeit konkurriert die Praxis also gegen 439. Daher die Frage: Wie (emotional) wichtig ist dieser Post im Verhältnis zu allen anderen Posts?

Abschließend lässt sich festhalten: Die Entscheidung für oder gegen die Nutzung sozialer Medien sollte auf der Grundlage folgender Fragestellung getroffen werden: „Was ist das Ziel meiner Kommunikationsaktivität?“ Geht es primär darum, potenzielle Neupatienten mithilfe von Fachinformationen zu gewinnen, ist Facebook wahrscheinlich nicht der richtige Kanal im Sinne der Effizienz, also des Verhältnisses von Arbeitsaufwand zu Nutzen in Form von mehr gewonnenen Patienten.

Schon der Name „Social Media“ macht deutlich: Hier geht es einzig und allein um den sozialen Aspekt. Sachinformationen, die auf der Praxishomepage veröffentlicht werden und der Patientenaufklärung dienen, sind hier weniger gefragt. Steht jedoch z. B. ein Aspekt wie „Mitarbeitergewinnung“ im Fokus, kann die Einbindung sozialer Netzwerke unterstützend eingesetzt werden. Hier existieren unterschiedlichste Möglichkeiten: vom Post eines Stellenangebots auf der eigenen Facebook-Seite oder zielgruppenbezogen in geschlossenen Benutzergruppen bis zu stark visuellen Posts, die die eigene Zahnarztpraxis und deren Mitarbeiter für die betreffende Zielgruppe darstellen.

Die sozialen Medien, allen voran Facebook, halten eine ganze Bandbreite neuer Möglichkeiten und Herausforderungen bereit. Jede Zahnarztpraxis muss individuell entscheiden und prüfen, ob die Einbindung dieser Kommunikationskanäle vor dem Hintergrund der eigenen Ressourcen und Zielgruppen sinnvoll und umsetzbar ist.

Push und Pull

Der wesentliche Unterschied einer Internet- wie auch Bewertungsportalseite zu einer Facebookseite besteht darin: Internet- und Bewertungsportalseiten basieren auf einer sogenannten Pull-Kommunikation.
Jeder Click auf der Homepage ist Information bzw. Kontakt auf Verlangen und wird aktiv durch den User gesteuert. Facebook-Seiten hingegen funktionieren über die sog. Push-Kommunikation. Das bedeutet: Als Follower einer Seite bekomme ich diese Informationen automatisch in meiner Timeline angezeigt. Und zwar so lange, bis ich diesen Kontakt als User aufgrund mangelnden Interesses lösche. Damit das nicht passiert, benötigt eine Zahnarztpraxis kontinuierlich neue Inhalte, die aus Usersicht dauerhaft interessant sind. Wiederholungen von Themen werden immer uninteressanter, da der Patient ja immer derselbe bleibt.
Letztlich ist für die Nutzenfrage von Social Media wichtig, wie sich die Praxis online positionieren möchte und welcher Kanal im Verhältnis zum zeitlichen wie finanziellen Aufwand den größten Nutzen liefert. Professionalität sowie Authentizität sollten die entscheidende Rolle bei der Kommunikation spielen.

Dr. Bernd Hartmann
Dipl.-Kaufmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Praxismarketingagentur ieQ-health GmbH & Co. KG in  Münster
Bernd.Hartmann@ieQ-health.de