Zahnerhaltung

Glasfaserstifte: Versorgung wird beliebter

Lange umstritten, aber dank fortschrittlicher Glasfaserstifte nun immer beliebter: die Stiftversorgung stark zerstörter, endodontisch behandelter Zähne. Ausschlaggebend für die Langzeitprognose ist die Qualität von Stumpfaufbau und Glasfaserstiftbefestigung.



Schon 1995 belegte die Studie von Ray Trope die Relevanz einer guten postendodontischen Restauration für den erfolgreichen Erhalt wurzelkanalbehandelter Zähne [1]. Im heutigen Zeitalter adhäsiver Zahnerhaltung wird der Verhinderung eines „Leakage“ und damit der Gefahr einer Reinfektion des Kanalsystems erhebliche Bedeutung eingeräumt [2]. Der postendodontische, adhäsive Stumpfaufbau mit gleichzeitiger Glasfaserstiftbefestigung erfüllt beide unabdingbaren Voraussetzungen für eine sichere Langzeitprognose stark zerstörter Zähne.

Stiftversorgung up to date

Nach heutiger Auffassung dient ein Wurzelstift der Verankerung des koronalen Aufbaus und damit zur Herstellung einer ausreichenden Retention. Der Grad an Verlust koronaler Zahnhartsubstanz und die zu erwartende Belastung des Zahns bestimmen im Einzelfall die Art der postendodontischen Therapie. Bei geringem und mittlerem Destruktionsgrad ist zumeist eine Versorgung mit plastisch verarbeitetem Komposit unter Verzicht auf einen stiftverankerten Aufbau indiziert. Zeigt die klinische Krone einen starken Substanzverlust, sollte zur sicheren Retention ein Stiftaufbau zum Einsatz kommen [3].

Ein mindestens 2 mm breiter Dentinsaum apikal des Aufbaus wird später im sogenannten „Ferrule-Design“ präpariert, um den Frakturwiderstand zu erhöhen [4, 5]. Adhäsiv befestigte Wurzelkanalstifte ermöglichen ein konsequent minimal-invasives Erhalten intakter Zahnhartsubstanz, wobei unter sich gehende Areale im Bereich des Aufbaus als zusätzliche retentive Flächen genutzt werden können [3].

Glasfaserverstärkte Komposit-Wurzelstifte besitzen im Gegensatz zu Metall-, Zirkon- und Karbon-Stiften ein dentinähnliches biomechanisches Verhalten [3]. Durch die dentin-adäquate Elastizität verteilen sich auftretende Kräfte besser auf die umgebende Zahnsubstanz, ohne dass es zu punktuellen Kraftspitzen in der Zahnwurzel kommt wie bei den zuvor genannten Alternativen. Die physiologische Kraftverteilung des adhäsiven Gesamtverbunds aus Glasfaser, Aufbaukomposit und erhaltener Zahnsubstanz apikal und koronal vermindert das Frakturrisiko.

Klinischer Fall

Bei einem 75-jährigen Patienten wurde der Teleskopzahn 44 (Abb. 1) extrahiert und als Interimslösung eine gebogene Klammer an den Zahn 43 gelegt (Abb. 2). Nach entsprechender Wundheilung soll der endständige Zahn 43 mit einer Teleskopkrone versorgt und der vorhandene Zahnersatz adäquat rechtsseitig wiederhergestellt werden. Der Zahn 43 ist allseitig großflächig gefüllt und die Belastung als Endpfeilerzahn ist nicht unerheblich. Daher wird er zur Fixierung des adhäsiven Aufbaus mit einem Glasfaserstift versorgt. Nach Anlegen von Kofferdam, Entfernung der Füllungen und Kontrolle mit Caries Marker (VOCO) zeigt die gesunde Restsubstanz die Notwendigkeit einer adhäsiven, präprothetischen Versorgung an (Abb. 3).

Zahn 43 hatte 2001 eine Wurzelfüllung erhalten, wurde regelmäßig röntgenologisch kontrolliert und war über den gesamten Zeitraum absolut beschwerdefrei. Nach Entfernung der Wurzelfüllung mit einem Gates-Glidden-Bohrer bis auf die geplante Tiefe erfolgt die Präzisionsbohrung mit dem zum System gehörenden Bohrer passend zur entsprechenden Stiftgröße (Abb. 4). Die Röntgen-Messaufnahme erfolgt mit dem Rebilda Post-Drill mit dem Durchmesser 2 mm (Abb. 5). Die Aufnahme zeigt die korrekte Passung unter Belassen der Wurzelfüllung apikal von ca. 5 mm. Eine optimale Bohrleistung wird durch zwischenzeitliches Reinigen des Kanals und der Bohrer durch Spülen von Dentinrückständen erreicht.

Der Rebilda Post wird vor der Einprobe mit Alkohol gereinigt. Bei der Positionskontrolle im Mund füllt der Wurzelstift den Kanal exakt aus, ohne zu verkeilen (Abb. 6). Der Stift wird extraoral mit einem Feindiamanten auf die erforderliche Länge gekürzt (nicht mit einer Zange oder Schere aufgrund des Delaminationsrisikos). Der Glasfaserstift wird erneut mit Alkohol gereinigt, getrocknet und mit dem im System enthaltenen Ceramic Bond für 60 Sekunden silanisiert, danach wiederum mit ölfreier Luft getrocknet. Vor der adhäsiven Befestigung wird der Wurzelkanal mit Wasser gespült sowie mit Papierspitzen getrocknet.

Futurabond DC wird durch Drücken der SingleDose auf einen markierten Punkt aktiviert und durch Durchstoßen der Folie und Kreisbewegungen mit dem Single Tim gemischt. Das Self-Etch-Bond wird mit dem feinen Endo Tim in den Kanal (Abb. 7) und mit dem Single Tim auf die restliche Zahnoberfläche für 20 Sekunden einmassiert, das Lösungsmittel wird für 5 Sekunden mit ölfreier Luft verblasen, Flüssigkeitsüberschüsse im Kanal werden mit Papierspitzen entfernt. Es entsteht eine glänzende Bondingschicht, die nicht lichtgehärtet wird.

Rebilda DC wird unter Verwendung des dünnen, biegsamen Applikationsaufsatzes der QuickMix-Spritze direkt in den Wurzelkanal eingebracht (Abb. 8), apikal beginnend, wobei die Kanülenspitze während der Applikation im Befestigungskomposit eingetaucht bleibt. Der Rebilda Post wird in einer Drehbewegung unter Erzielung von Komposit-Überschüssen eingesetzt (Abb. 9). Zur Fixierung des Stifts wird für 40 Sekunden lichtgehärtet und weitere Rebilda-Schichten werden appliziert. Der Stumpfaufbau kann pro Schicht mit weiteren 40 Sekunden polymerisiert werden, die chemische Aushärtung beträgt 5 Minuten.

Rebilda DC lässt sich aufgrund seiner Konsistenz gut applizieren, VOCO bietet zusätzlich Formhilfen zur Aufbaugestaltung an, die individuell für die Zahnform mit einer Schere zugeschnitten werden können. Die Bearbeitung des Aufbaus ist durch die dentinähnliche Härte von Rebilda DC einfach. Die Abbildung 10 zeigt den präparierten Zahn; die Präparation ist auf den Ferrule-Effekt ausgelegt, um den Pfeilerzahn und die spätere Restauration zu stabilisieren. In der Röntgenkontrollaufnahme überzeugt die hohe Röntgenopazität von Rebilda Post und es zeigt sich, dass Stift und Aufbaukomposit einen homogenen, adhäsiven Aufbaublock bilden (Abb. 11). Die Funktionalität der um das Teleskop 43 erweiterten und unterfütterten Teleskop-Arbeit und der gewohnte Tragekomfort für den Patienten sind wiederhergestellt (Abb. 12 und 13).

Fazit

Moderne Komposite und Adhäsiv-Systeme sind in der postendodontischen Therapie tief zerstörter Zähne von entscheidender Bedeutung für den langfristigen Zahnerhalt. Rebilda Post System von VOCO stellt ein durchdachtes, aufeinander abgestimmtes und vollständiges Komplettset dar, dessen Materialien die hohen Anforderungen für einen stressfreien koronalen Aufbau mit Wurzelstift in jeder Hinsicht erfüllen.

Rebilda Post System

Das Rebilda Post System passt als kompletter Schubladeneinsatz in dentale Behandlungsschränke und umfasst alle notwendigen Komponenten für einen stabilen koronalen Aufbau mit und ohne Wurzelstift in maximal fünf Schritten: das dualhärtende Rebilda DC als Befestigungs- und Aufbaukomposit, Futurabond DC als dualhärtendes Self-Etch-Bond, die glasfaserverstärkten Komposit-Wurzelstifte Rebilda Post mit den exakt abgestimmten Pilot- und Wurzelkanalbohrern sowie Ceramic Bond, ein Haftsilan, das die Verbindung von Rebilda DC zu Rebilda Post erhöht. Die bereits vorhandenen Stiftgrößen mit den Durchmessern 1,2 mm, 1,5 mm und 2,0 mm wurden von VOCO um die neue Stiftgröße 1,0 mm ergänzt. Somit steht ein Sortiment zur Verfügung, das allen anatomischen Wurzelkanalgrößen sicher und substanzschonend gerecht wird.

Dr. Ludwig Hermeler studierte Zahnmedizin in Münster und ist seit 1991 in eigener Praxis in Rheine niedergelassen. Er ist als Autor und Referent national und international aktiv, Publikationen im Bereich ästhetische Zahnheilkunde, Bleaching, Implantologie und Endodontie. Er ist Mitglied der DGOI und des ICOI.Kontakt: zahnarzt.dr.hermeler@telemed.de


Glasfaserstifte postendo

Das DENTAL MAGAZIN sprach mit Prof. Dr. Andreas Braun, Marburg, über den postendodontischen Aufbau stark zerstörter Zähne.

Wann sind Glasfaserstifte angebracht?

Die Indikation für die Verwendung von Glasfaser-Wurzelstiften ist bei ausgedehnten koronalen Substanzdefekten und Verlust ausreichenden Halts der klinischen Krone, vor allem vor Restauration mit einer laborgefertigten Restauration zu sehen. Dabei sollte der zu behandelnde Zahn bei vollständiger Wurzelkanalfüllung klinisch beschwerdefrei sein und röntgenologisch keine Anzeichen einer Entzündung umliegender Strukturen zeigen.

Worauf muss der Zahnarzt besonders achten?

Voraussetzung für die adhäsive Befestigung des Stifts ist eine ausreichende Trockenlegung. Somit ist bei starken Hartsubstanzverlusten bis unter die Gingiva oder gar bis zum Niveau des Knochens eine entsprechende Vorbehandlung, z. B. Gingivektomie oder chirurgische Kronenverlängerung, notwendig.

Welche Stiftversorgung hat sich besonders bewährt?

Heutzutage finden sich verschiedene Arten der Stiftversorgung in der zahnärztlichen Anwendung. Dazu gehören sowohl konfektionierte als auch individuell gefertigte Stiftsysteme. Den neuesten Erkenntnissen zufolge werden der Zahnhartsubstanz hinsichtlich des Elastizitätsverhaltens ähnliche Materialien befürwortet, zu denen faserverstärkte Komposit-Stiftsysteme gehören. Somit ist augenblicklich eine Abkehr von starren Materialien zu erkennen, obwohl solche Stiftsysteme durchaus auch heute noch in der Praxis verwendet werden.

Sollte die Behandlung von einem Experten durchgeführt werden oder kann das jeder Zahnarzt?

Die Behandlung kann von jedem Zahnarzt durchgeführt werden, der mit den Behandlungsabläufen vertraut ist und diese entsprechend den Herstellerangaben umsetzen kann.

Welche möglichen Risiken birgt der Einsatz eines Wurzelstifts – was kann falsch laufen?

Bei unsachgemäßer Handhabung des Systems und ungünstigen anatomischen Gegebenheiten, z. B. stark gekrümmtem Wurzelkanalverlauf, besteht das Risiko, den Zahn bei der Präparation zu perforieren. Ferner kann durch eine unzureichende adhäsive Befestigung des Stifts im Wurzelkanalsystem eine ungenügende Stabilisierung der Restzahnhartsubstanz eintreten, was die Prognose hinsichtlich Kurz- und Langzeiterfolg der restaurativen Therapie beeinträchtigt.

Kann ein stiftverstärkter Zahn auch als Brückenpfeiler dienen?

Es ist durchaus möglich, einen stiftversorgten Zahn als Brückenpfeiler zu verwenden. Eine Limitation ist, wie bei der Planung jeder Brückenversorgung, in der Ausdehnung der Gesamtrestauration (z. B. Länge des Brückenzwischenglieds) zu sehen.

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