Zahnerhaltung

Ein System für Revision und Aufbereitung

Neue Feilensysteme lassen sich aufgrund des besonderen Designs nicht nur für die Wurzelkanalaufbereitung, sondern auch für Revisionen einsetzen. Trotz erheblicher Beanspruchung kommt es nicht zu Deformationen der Instrumente.



Innerhalb der letzten fast zwei Jahrzehnte brachte der Markt zahlreiche verschiedene Nickel-Titan-Systeme hervor. Die ersten Vertreter des neuen Instrumententyps (z. B. ProFile, Dentsply Maillefer) besaßen zur optimalen Führung des Instruments im Wurzelkanal noch eine kufenartige Gestaltung der Schneiden (sog. „Radial Lands“) und sollten so eine optimale Zentrierung des Instruments im Wurzelkanal ermöglichen. Bedingt durch die relativ große Kontaktfläche dieser Instrumente zur Wurzelkanaloberfläche erforderten derartige Instrumente den Einsatz mit der sogenannten „Crown-down-Technik“. Hierbei wird der Wurzelkanal mit schrittweise kleineren und in der Konizität der Feilensequenz variierenden Instrumenten sukzessive bis zur Arbeitslänge instrumentiert. Auch nachfolgende Systeme ohne Radial Lands nutzten diese Aufbereitungstechnik, etwa FlexMaster (VDW), ProTaper (Dentsply Maillefer), AlphaKite (Komet) oder RaCe (FKG). Aktuelle maschinelle Nickel-Titan-Systeme wie Mtwo (VDW), BioRaCe (FKG), Hyflex CM (Coltène Endo) oder EasyShape (Komet) werden in der so genannten Single-Length-Technik eingesetzt, wobei jedes Instrument mit Ausnahme von speziellen koronalen Erweiterungsinstrumenten auf Arbeitslänge in den Wurzelkanal eingebracht wird. Gemeinsam ist diesen Systemen jedoch, dass der Instrumentensatz eine gewisse Anzahl an Feilen erfordert, um den Wurzelkanal von der initialen Instrumentierung bis zur abschließenden Größe sicher und effektiv aufzubereiten. Dies bedeutet neben einer längeren Aufbereitungsdauer auch erhebliche Kosten. Der Instrumentenhersteller Komet nahm sich dieser Thematik an und entwickelte mit verschiedenen Zahnärzten und Spezialisten ein maschinelles Wurzelkanalinstrumentensystem, das die Vorteile der vollrotierenden Aufbereitung mit gleichzeitiger Reduktion der Instrumentenzahl bieten sollte. Das Ergebnis ist das vollrotierende Nickel-Titan-Feilensystem F360, das in folgenden Größen und Längen geliefert wird: alle vier Instrumentengrößen (#25, #35, #45 und #55) sind jeweils in allen drei Längen (21 mm, 25 mm und 31 mm) verfügbar. 

Apikale Parodontitis

Der Zahn 14 zeigte eine insuffiziente Wurzelkanalfüllung, die sowohl in Länge als auch in Homogenität nicht den Richtlinien entsprach. Zudem zeigt das Röntgenbild eine Parodontitis apicalis und der 47-jährige Patient gab an, dass er seit Wochen unter persistenten Beschwerden leide, die mit intermittierend auftretenden spontanen Schmerzen einhergingen. Nach der Schaffung der Zugangskavität erfolgte die Revision der Wurzelkanalfüllung in beiden Kanälen mit dem F360-Instrument der Größe 35. Nach Katheterisierung der Wurzelkanäle erfolgte die elektrische Längenbestimmung mit dem EndoPilot (Hersteller: Schlumbohm, Vertrieb: Komet). Nach der Röntgenmessaufnahme mit eingebrachten Silberstiften erfolgten die Instrumentierung mit F360 bis #35 taper .04 auf Arbeitslänge sowie eine nachfolgende medikamentöse Einlage mit einer 1:1-Mischung aus Calcicur (Voco) und Chlorhexidindiglukonat-Lösung 2 % für vier Wochen. Beim darauffolgenden Termin wurde die medikamentöse Einlage nach schallaktivierter Spülung mit NaOCl wiederholt. Nach weiteren vier Wochen erfolgten die abschließende Aufbereitung auf die Zielgröße von #45 taper .04 sowie eine Spülung mit NaOCl (2,6 %) sowie EDTA (15 %), wobei beide Spülflüssigkeiten mit einer entsprechenden Spitze (SF65, Komet) schallaktiviert wurden. Nach Trocknung der Wurzelkanäle mittels Papierspitzen und FineAir (KaVo) wurden die beiden Wurzelkanäle mittels AH Plus (Dentsply DeTrey) und modifizierter lateraler Kompaktion obturiert. Nach der Röntgenkontrollaufnahme, die eine in Länge und Homogenität adäquate Wurzelkanalfüllung zeigte, wurden die Kanaleingänge mittels Total-Etch-Technik und Syntac classic (IvoclarVivadent mit einem Flowable-Komposit (SDR, Dentsply DeTrey) abgedeckt und die Zugangskavität mit einem Condensable-Komposit (Venus Diamond, Heraeus) verschlossen.

Revisionsbehandlung

Auch bei diesem Behandlungsfall handelt es sich um eine Revisionsbehandlung. Der Zahn 46 wurde vor einem Jahr alio loco wurzelkanalbehandelt. Nach anfänglicher Beschwerdefreiheit verspürte der 27-jährige Patient zunehmende, intermittierende leichte Beschwerden. Die diagnostische Röntgenaufnahme zeigte eine in Länge und Homogenität nicht adäquate Wurzelkanalfüllung der beiden mesialen Wurzelkanäle sowie einen Hohlraum im Bereich der Pulpakammer mit nicht korrekt abgeschmolzener Guttapercha jedoch suffizientem koronalem Verschluss, der keinen Hinweis auf eine koronale Undichtigkeit als Ursache der Beschwerden gab (Abb. 4). Die Entfernung der Wurzelkanalfüllungen in allen vier Wurzelkanälen erfolgte mit F360-Instrumenten der Größe 35 taper .04 unter Einsatz von Eukalyptusöl. Die Katheterisierung der Wurzelkanäle bis zur Arbeitslänge erfolgte mit C-Feilen (VDW) der Größen #06 bis #10. Nach elektrischer Längenbestimmung mit dem EndoPilot sowie der Röntgenmessaufnahme (Abb. 5) erfolgten die maschinelle Aufbereitung bis Größe 35 taper .04 mit F360 und eine nachfolgende medikamentöse Einlage mit Calcicur für drei Wochen. In der nächsten Behandlungssitzung fand die maschinelle Aufbereitung mit F360 bis zur Größe 45 taper .04 in den beiden mesialen Wurzelkanälen sowie bis zur Größe 55 taper .04 in den beiden distalen Kanälen statt. Da der Patient noch nicht völlig beschwerdefrei war und die beiden mesialen Wurzelkanäle nicht adäquat zu trocknen waren, erfolgte eine erneute medikamentöse Einlage mit Calcicur. Nach zwei Wochen stellte sich der Patient erneut vor und war nun völlig beschwerdefrei. Nach Entfernung der medikamentösen Einlage sowie schallaktivierter Spülung mittels NaOCl und EDTA erfolgte die Trocknung der Wurzelkanäle. Die Obturation wurde mittels Guttapercha und modifizierter lateraler Kompaktion durchgeführt. Die Röntgenkontrollaufnahme zeigt eine adäquate Wurzelkanalfüllung (Abb. 6). Abschließend wurde die Kavität mittels Total-Etch-Technik und Dentinbonding (Syntac classic) adhäsiv vorbehandelt. Nach Applikation von SDR im Bereich der Kanaleingänge erfolgte der Verschluss der Zugangskavität mittels Venus Diamond.

Fazit

Das neue Feilensystem F360 zeichnet sich durch die Kombination einiger besonderer Eigenschaften aus. Bedingt durch den Doppel-S-Querschnitt verfügen die Instrumente über sehr gute Schneideigenschaften. Ferner hat das Doppel-S-Design Vorteile hinsichtlich des Abtransports sowohl von Debris als auch von Wurzelkanalfüllmaterial. Die Abstufung der Instrumentengrößen in Zehner-Schritten ist aufgrund der sehr guten Schneidleistung ohne Probleme möglich und erlaubt eine vorsichtige und schonende Aufbereitung des Wurzelkanals, so dass der Behandler nicht das Gefühl hat, hier möglicherweise Instrumentengrößen zu überspringen. Die vier verfügbaren Instrumentengrößen sind für die meisten Behandlungsfälle ausreichend, lediglich für sehr großvolumige Wurzelkanäle müssten gegebenenfalls zusätzlich Handinstrumente zum Einsatz kommen. Aufgrund der guten Schneidleistung kann daher nach initialer Katheterisierung mit einem Handinstrument die maschinelle Aufbereitung mit zwei Feilen erfolgen, wodurch die effektive Instrumentierungsdauer sowie die für die Kanalinstrumentierung erforderliche Feilenzahl deutlich reduziert werden. Zudem besteht die Möglichkeit der zirkulären Bearbeitung von stärker konischen Kanälen, wonach die Obturation mit geeigneten Techniken erfolgen kann. Im Rahmen der beiden hier vorgestellten Behandlungsfälle wurde F360 nicht nur für die Wurzelkanalaufbereitung, sondern auch für die vorherige Revision eingesetzt. Auch wenn F360 vom Hersteller nicht primär für die endodontische Revision vorgesehen wurde, eignen sich die Instrumente auch hierfür. Durch die als archimedische Schraube arbeitende F360 lässt sich die Guttapercha optimal aus den Wurzelkanälen heraus nach koronal befördern. Dabei vermittelten alle eingesetzten Instrumentengrößen sowohl bei der Revision als auch bei der weiteren Aufbereitung stets ein hohes Maß an Sicherheit. Deformationen der Instrumente waren trotz der nicht unerheblichen Beanspruchung gerade im Rahmen der Revision nicht zu beobachten. Revision und weitere Aufbereitung waren rasch durchführbar.[]

Autor:
Dr. Matthias J. Roggendor ist Geschäftsführender Oberarzt der Abteilung für Zahnerhaltungskunde, Medizinisches Zentrum für ZMK, Philipps-Universität Marburg und Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählt vor allem die Endodontologie.

matthias.roggendorf@staff.uni-marburg.de