Restaurative Zahnheilkunde

Flow-Komposit: Weshalb die richtige Viskosität entscheidend ist

Das richtige Flow-Komposit erhöht die Patientenzufriedenheit und erleichtert den Praxisalltag. Schnell, präzise und minimalinvasiv lassen sich Zahnhalsläsionen, Kronenränder, approximale Kavitäten und feinste Fissuren versorgen. Doch mit der Druck- und Kantenstabilität hat es bislang gehapert. Mit der richtigen Viskosität ist das aber nun kein Thema mehr, wie Dr. Arne Kersting im Interview unterstreicht.


Überschussfreie Applikation von GrandioSO Light Flow mit der extrafeinen Kanüle an einem defekten Befestigungspunkt eines Retainerdrahts. © Kersting


Herr Dr. Kersting, Flow-Komposit wird seit mehr als 20 Jahren von unterschiedlichen Herstellern angeboten. Warum haben Sie sich für die Entwicklung eines neuen Flowables stark gemacht?

Kersting: Um bei unseren minimalinvasiven Füllungen eine ausreichende Druck- und Kantenstabilität zu erreichen. Ein Flow-Komposit hat im Vergleich zu herkömmlich verwendeten Hybridkompositen einen geringeren Füllstoffanteil und/oder einen erhöhten Zusatz an verdünnenden Matrixbestandteilen. Das Material ist fließfähiger und ermöglicht Restaurationen von kleinen, oft auch sehr schwer zugänglichen Kavitäten. Mit Zunahme der Fließfähigkeit sinkt in der Regel jedoch die mechanische Festigkeit. Entscheidend ist die richtige Viskosität, die VOCO nun bei der Entwicklung des Flow-Komposit GrandioSO Light Flow mehrfach akribisch getestet und angepasst hat. GrandioSO Light Flow enthält 76 Gewichtsprozent anorganische Füllstoffe und wird mit einem Dentin-SchmelzBond angewendet. Auch die Kanülengröße wurde angepasst. Neben der normalen Kanüle (Typ 44) gibt es eine extrafeine Kanüle (Typ 45), die ich fast ausschließlich nutze.

Welche Vorteile bietet das?

Kersting: Soll eine kleine approximale Kavität geschichtet werden, lässt sich mit handelsüblichen Kanülen kaum kontrollieren, ob das Material korrekt appliziert wurde. Es kam auch immer wieder zu unkontrolliertem Materialüberschuss beim Applizieren. Die extrafeine Kanüle von VOCO löst das Problem.


Warum gibt es nicht standardmäßig so schlanke Kanülen für Flow-Komposit?

Kersting: Wahrscheinlich ist die Entwicklung schwierig. Umso glücklicher bin ich, dass es nun ein Flow-Komposit gibt, das eine niedrige Viskosität aufweist, sich auch mit feinsten Kanülen für die erweiterte Fissurenversiegelung eignet und das in Zahnfarben erhältlich ist. Bei der Entwicklung standen Prof. Dr. Reinhard Maletz, Leiter der Entwicklung bei VOCO, und ich im ständigen Austausch, um die Praxistauglichkeit fortwährend überprüfen und optimieren zu können.

Was war die Herausforderung?

Kersting: Die große Herausforderung war, ein Flow-Komposit zu entwickeln, das eine niedrige Viskosität bei gleichzeitig hohem Füllstoffgehalt aufweist. Wir haben wie gesagt immer wieder mit den Viskositäten „gespielt“. Bei den ersten Proben war die Viskosität des Materials noch zu hoch, sodass schrittweise dünnflüssigere Varianten eingesetzt wurden, bis wir die richtige Viskosität bei gleichzeitig hervorragenden mechanischen Eigenschaften des Flow-Komposit erreicht hatten. Mit der extrafeinen Kanüle – sie ist dünner als eine PA-Sonde – lässt sich das Flow-Komposit präzise und zielgenau applizieren. Verwendet man die Standardkanülen, appliziert man zu viel und muss die Überschüsse entfernen.


Was sind die Light-Flow-Hauptindikationen in Ihrer Praxis?

Kersting: Das Füllen von kleinen Kavitäten, zum Beispiel die erweiterte Fissurenversieglung, Zahnhalsdefekte und kleine intraorale Reparaturen.

Bitte beschreiben Sie den Unterschied zur normalen Versiegelung.

Kersting: Ein herkömmlicher Versiegler ist in der Regel weiß eingefärbt und für Füllungen geringeren Umfangs und erweiterte Fissurenversiegelungen nicht indiziert. Muss man die Fissur aufziehen, nehmen wir jetzt immer GrandioSO Light Flow.

Ist es nicht verwunderlich, dass erst nach mehr als 20 Jahren ein druck- und kantenstabiles Flow-Komposit in der richtigen Viskosität auf den Markt kommt?

Kersting: Ich kann mit vorstellen, dass sich viele Kollegen schon lange so ein Flow-Komposit gewünscht haben. Aber das Warten hat sich gelohnt! Das Produkt überzeugt mit vielen positiven Eigenschaften und großem Nutzwert. Wir nutzen GrandioSO Light Flow derweil für zahlreiche Indikationsbereiche. Neben der erweiterten Fissurenversiegelung auch für kleinere Kavitäten und alle Zahnhalsfüllungen. Klasse-V-Kavitäten lassen sich mit dem Flow deutlich zielgenauer und schneller füllen als mit normalen Kompositen. Indiziert ist das Light Flow auch bei Ausbesserungen und kleineren intraoralen Reparaturen.


Haben Sie ein Beispiel für intrarorale Reparaturen?

Kersting: Zeigt etwa eine ältere Kunststofffüllung im sichtbaren Bereich nicht polierbare Verfärbungen oder Defekte, nehme ich sie nicht gleich heraus, sondern präpariere einen minimalen Spalt, der sich mit GrandioSO Light Flow aus der extrafeinen Kanüle ganz einfach auffüllen lässt. Natürlich ist das korrekte Konditionieren (Microblaster, Ätzen, Bonden) weiterhin unerlässlich. Der Vorteil: Es wird deutlich weniger Zahnhartsubstanz entfernt. Man muss nicht so weit eröffnen, der dünnfließende Kunststoff zieht sich regelrecht in den Spalt hinein. Zudem lässt sich das GrandioSO Light Flow-Komposit mit der neuen extrafeinen Kanüle direkt verteilen.

Sprich, die Assistenz muss keine Sonde mehr anreichen?

Kersting: Genau, dieser Schritt entfällt und alles geht viel schneller.

Wie ist das Handling – braucht es Übung beim Umgang mit Flow-Komposit?

Kersting: Nein, gar nicht. Sicherlich möchte sich der eine oder andere Kollege gar nicht umstellen und bei seinem ganz normalen Komposit bleiben, was ganz typisch für unseren Berufsstand, der Neuerungen scheut, ist. Vor 20 Jahren hielten viele Zahnärzte Flowables per se für überflüssig.


Gibt es noch weitere Indikationen, quasi Nebenindikationen?

Kersting: Ja, GrandioSO Light Flow hat sich als echte Hilfe in unserem Praxisalltag etabliert. Wir bessern beispielsweise Provisorien mit Light Flow aus, vor allem im ästhetischen Bereich. Auch Risse oder Unterschüsse, die man beim Entfernen des Matrizenbandes nach der Füllungslegung entdeckt, lassen sich im Handumdrehen mit dem Light Flow auffüllen. Das gilt auch bei Blasen, die beim Polieren freigelegt werden. Ein kleines Highlight in unserer Praxis ist inzwischen das intraorale GrandioSO-Light-Flow-Mock-up: Damit demonstrieren wir Patienten, denen im sichtbaren Bereich, etwa am Zahn 11 oder 21, eine kleine Ecke fehlt, wie eine ästhetische Füllung ihr Lächeln verändern kann. Beim intraoralen Mockup verzichtet man natürlich auf das Ätzen und Bonden. Wir trocknen lediglich den Zahn, tragen etwas GrandioSO Light Flow auf und machen ggf. ein Foto mit dem Smartphone. Alles ganz unkompliziert, einfach und schnell. Viele Patienten entscheiden sich anschließend für die ästhetische Korrektur. Auch bei Reparaturen im Zusammenhang mit kieferorthopädischen Behandlungen setzen wir GrandioSO Light Flow ein, etwa um Hohlräume unter Brackets schnell aufzufüllen und Retainerdrähte überschussfrei kleben zu können, zum Beispiel digital hergestellte wie Memotain.

Zurück zur Kanten- und Druckstabilität: Gerade die geringere Festigkeit von Flowables wird ja häufig von Zahnärzten kritisiert. Was garantiert, dass das GrandioSO Light Flow stabil genug ist?

Kersting: Die Kritik mag auf viele Flowables zutreffen. Es ist aber auch genau der Grund, warum ich die Flowables der mir schon langvertrauten GrandioSO- Produktfamilie verwende. Durch die Nano-Hybrid-Technologie haben diese Flow-Komposite einen sehr hohen Füllstoffgehalt, der sogar vielen stopfbaren Füllungskompositen überlegen ist. So hat GrandioSO Light Flow trotz der ausgezeichneten Fließfähigkeit (niedrigviskos) einen Füllstoffgehalt von sagenhaften 76 Gew.-%.

<strong>Eigenschaften auf einen Blick</strong>
  • Niedrigviskos, perfektes Anfließverhalten, optimal für schwer zugängliche Bereiche und kleine Kavitäten geeignet
  • Extrafeine Kanüle, dünner als die PA-Sonden, für präzise und punktgenaue Applikation, überschussfreie Dosierung und Materialersparnis
  • Füllstoffgehalt von 76 Gew.-%
  • Acht Farben für individuelle Anwendungen
  • Einfaches Handling, kein Nachlaufen, kompatibel mit allen lichthärtenden Bondingmaterialien

Hauptindikationen:

  • Füllung/Charakterisierung von kleinen Kavitäten
  • Füllung/Charakterisierung von Kavitäten der Klassen III, IV und V
  • Erweiterte Fissurenversiegelung
  • Unterfüllung bzw. Lining von Kavitäten
  • Füllungsreparaturen, Reparatur von Verblendungen und temporären Restaurationen

Der Experte

Dr. Arne Kersting
ist seit 2002 niedergelassen in einer spezialisierten Gemeinschaftspraxis in Cuxhaven. Schwerpunkte: Ästhetische Zahnmedizin und kieferorthopädische Behandlungen.
info@zahnmedizin-kuw.de