Orientierungskriterien für die Therapieentscheidung

Verblockung: Nutzen und Risiken

Die Belastbarkeit des Lückengebisses lässt sich durch stabilisierende Maßnahmen erhöhen. Wann und in welchem Umfang Verblockungen indiziert sind, ist jedoch nicht unumstritten. Folgende Orientierungskriterien helfen beim Therapieentscheid.



Unter Verblockung versteht man die feste Verbindung einzelner Zähnen oder Zahngruppen durch Kronen, Brückenglieder oder Stege mit dem Ziel, die Belastung durch die Kaukraft auf verschiedene Zähne zu verteilen und dadurch für den einzelnen Zahn herabzusetzen. Die aus unterschiedlichen Richtungen auf den Zahn treffenden Kräfte werden auf die verblockten Zähne weitergeleitet und vermindern die Beanspruchung der einzelnen Parodontien. Von dieser Vorstellung geht die grundsätzliche Überlegung und Zielstellung aus. Die Verblockung findet hauptsächlich Anwendung in Verbindung mit der abnehmbaren gegossenen Teilprothese [1]. Dabei ist zwischen dem gesunden Zahn mit intaktem Parodontium und dem parodontal erkrankten Zahn mit reduziertem Parodontium zu unterscheiden.

Der gesunde Zahn soll durch die Verblockung, beispielsweise bei einer zirkulären Brücke, zusätzliche Kräfte, die auf den Bereich der ersetzten Zähne auftreffen, mit übernehmen und kompensieren [2]. Das ist das Gegenteil von dem, was Verblockung bewirken soll, nämlich eine Verminderung der Einzelzahnbeanspruchung.

Am parodontal erkrankten Zahn soll durch die Verblockung der weitere Abbau des Zahnhalteapparats gestoppt werden, weil besonders die schädigenden horizontalen Kräfte auf einen verstärkten Widerstandsblock treffen und sich dadurch weniger destruktiv bemerkbar machen [3].

Beide Hypothesen werden kontrovers diskutiert, aussagekräftige Studien stehen noch aus. Einerseits wird die Meinung vertreten, dass sich durch die Verblockung gelockerte Zähne wieder festigen können. Andererseits gibt es die Aussage, dass durch die Verblockung von Zähnen die physiologische Zahnbeweglichkeit in der Alveole verhindert wird. Dadurch sind die Gegebenheiten einer Inaktivitätsatrophie vorhanden, die zum verstärkten Abbau des Parodontiums führen.

Zahnbeweglichkeit

Der Zahnhalteapparat erlaubt eine geringe Eigenbeweglichkeit, die als Einsinktiefe messbar ist und mit 0,02 mm angegeben wird. Im Vergleich dazu beträgt die Einsinktiefe des Teguments mit 0,2 mm das Zehnfache. Der Zahn ist dadurch mit einem Schutzmechanismus ausgestattet, der eine Überlastung des parodontalen Gewebes verhindert [4]. Eine klinische Relevanz kann der physiologischen Beweglichkeit des Zahns nicht zugeordnet werden.

Anders stellt sich die Situation dann dar, wenn die pathologische Zahnbeweglichkeit beurteilt werden soll. Hierbei dienen als Maßstab die Lockerungsgrade. Man unterscheidet:

 Lockerungsgrad 1: fühlbare Beweglichkeit des Zahns, die durch Behandlung reversibel ist,

 Lockerungsgrad 2: sichtbare Beweglichkeit des Zahns in der Horizontalen. die nicht reversibel ist,

 Lockerungsgrad 3: Beweglichkeit des Zahns in horizontaler und axialer Richtung, die vom Patienten ausgelöst werden kann.

Die Einteilung, die von der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie herausgegeben wurde [5], erlaubt zwar nur eine orientierende Aussage, diese kann aber durch weitere klinische Befunde wie Taschentiefenmessung, PBI und PMA-Index sowie durch die Röntgenkontrolle bestätigt werden.

Von der prognostischen Einstufung der Zahnlockerung wird in hohem Maße die prothetische Planung beeinflusst. Deshalb kann es zweckmäßig sein, besonders bei Lückengebiss-Situationen mit unterschiedlichen Lockerungsgraden und aufwendigen Therapieplanungen die Zahnbeweglichkeitsmessungen mit dem Periodontometer nach Mühlemann [6] vorzunehmen. Dadurch wird die Entscheidung über die Einbeziehung eines Zahns in die prothetische Konstruktion erleichtert. Generell ist diese Methode jedoch nicht anwendbar, da sie zu aufwendig und umständlich ist. Es wird aber eine Sicherheit in der Entscheidungsfindung erreicht.

Um die Belastungsfähigkeit eines teilbezahnten Gebisses im Rahmen der prothetischen Versorgung beurteilen zu können, muss die Wirkung der Kaukraft betrachtet werden. Es hat sich gezeigt, dass die Kaukraft keine einheitliche Größe ist, denn es besteht eine Abhängigkeit von der Lokalisation ihrer Entfaltung. Im Molarenbereich wird die Kraft im Mittelwert mit 200–360 N, an den Frontzähnen und Prämolaren im Mittelwert mit 190–290 N angegeben. Die Maximalwerte liegen posterior bei 530 N und anterior bei 440 N. Die große Streuungsbreite der Werte weist auf eine individuelle Komponente hin [7].

Natürlicher Zahnbestand entscheidend

Einen weiteren beeinflussenden Faktor stellt die Anzahl der natürlichen Zähne dar. Mit zunehmendem Zahnverlust verringert sich die ausgeübte Kaukraft. Eine Altersabhängigkeit ist aber nicht nachzuweisen. Es wurden in einer Studie [8] vier Bezahnungsgruppen untersucht:

  •  OK UK vollbezahnt,
  •  mindestens eine Brücke,
  •  mindestens eine Teilprothese,
  •  totale Prothese in einem Kiefer.

Bei allen Gruppen kann posterior eine größere Kraft als anterior erzeugt werden. Entscheidender ist aber die Aussage, dass sich die Kaukraft vom vollbezahnten Gebiss bis zur totalen Prothese halbiert.

Um die Erkenntnisse bei der prothetischen Planung auch berücksichtigen zu können, hat es sich bewährt, die Anzahl der Stützzonen [9] zu ermitteln. Das vollständige Gebiss verfügt über vier Stützzonen, auf jeder Kieferhälfte zwei im Eckzahn-Prämolaren- und im Molaren-Bereich. Eine Bewertung der Belastungsfähigkeit der Restzähne des Lückengebisses in Abhängigkeit von der Reduzierung der Stützzonen ist dadurch möglich, weil nur die in Kontakt stehenden Zähne unter Ausschluss der Frontzähne beurteilt werden.

Bei der Beurteilung muss auch die Wertigkeit der Pfeilerzähne für die Versorgung des Lückengebisses beachtet werden. Im Hinblick auf das Belastungsverhalten stellen die Eckzähne und die Molaren die hochwertigen Pfeiler, die Prämolaren die mittelwertigen und die Frontzähne die minderwertigen Pfeilerzähne dar [10].

Aus diesen, für die prothetische Planung wichtigen Parametern lässt sich jedoch noch kein Therapiekonzept ableiten, ohne dass die unterschiedlichen Formen dentaler Fehlbelastungen berücksichtigt sind.

Fehlbelastungen berücksichtigen

Okklusale Interferenzen treten bei vielen primären Zahnstellungsanomalien auf. Wenn in der Entwicklungsphase des Gebisses keine orthodontische Therapie erfolgt, wird die Störung in der weiteren Funktionsperiode nicht als hinderlich empfunden.

 Erst wenn mit zunehmendem Alter Zähne verloren gehen und die prothetische Versorgung des Lückengebisses vorgenommen werden soll, machen sich die Stellungsabweichungen der Zähne störend bemerkbar und erschweren die Therapieplanung. Das betrifft beispielsweise den Deckbiss, den Distalbiss, die Protrusion der OK-Front mit frotalem Engstand. In diesen Fällen ist eine auf den Einzelfall spezifisch ausgerichtete prothetische Planung erforderlich, die meist mit einer Bisshebung verbunden ist, um die artikuläre Zwangsführung zu beseitigen [11].

 Sekundäre Zahnstellungsänderungen treten dann auf, wenn die aufgelockerte Zahnreihe langfristig prothetisch unversorgt bleibt. Dann kippen Zähne in vorhandene Lücken, elongieren Zähne über die Kauebene hinaus bei fehlenden Antagonisten oder es bildet sich ein Diasthema bei Distalwanderung. Derartige Veränderungen sind in der Regel prothetisch nicht zu kompensieren und machen Extraktionen erforderlich. Hier ist eine konsequente und vorausschauende Entscheidung des Zahnarztes gefragt.

 Die Myoarthropathien sind ebenfalls hier einzuordnen. Das markante okklusale Symptom ist die Biss-Senkung mit Distalverschiebung des Unterkiefers. Bei verschiedenen Zwangsbiss-Konfigurationen sind auch Transversalverschiebungen möglich. Damit verbunden ist immer der Zustand der traumatischen Okklusion, die eine Vorbehandlung mittels Aufbiss-Schiene erforderlich macht. Geschieht das nicht, wird der Zustand prothetisch manifestiert und die Fehlbelastung bleibt bestehen. Eine Kompensation dieser Störung durch die Verblockung zu erreichen entspricht nicht dem Kausalitätsgrundsatz und die Restzahnstabilisierung ist möglicherweise auch überfordert.

Die unterschiedlichen diagnostischen Parameter müssen zusammengeführt werden, um zu einer prothetischen Therapieentscheidung zu gelangen, in deren Zusammenhang die Notwendigkeit der Verblockung von Zähnen geklärt wird.

Zirkuläre Verblockung

Zunächst ist ein Artikulationsausgleich herzustellen. Hierfür bietet sich die Einschleiftherapie an. Damit verbindet sich das Ziel, durch die fraktionierte Beseitigung von Frühkontakten das okklusale Trauma zu minimieren und eine gleichmäßige artikuläre Beanspruchung der Zähne zu erreichen. Zu diesem Zweck werden die in antagonistischem Kontakt stehenden Flächen verkleinert.

Es bleibt jedoch umstritten, ob durch diese Maßnahme eine Festigung der Zähne eintritt [12]. Man sollte eher davon ausgehen, dass sich der Zustand der Lockerung von Zähnen nicht ändert. In jedem Fall können ausgeprägte Gleithindernisse als Hinweis auf funktionelle Störungen erkannt und vor der prothetischen Sanierung bereits beseitigt werden.

Die vollständige Verblockung aller Restzähne eines Kiefers [13] ist an folgende Voraussetzungen gebunden:

 Es müssen mindestens vier hochwertige Pfeilerzähne vorhanden sein. Wenn beide Eckzähne und vier Molaren in die Verblockung einbezogen werden können, ist das günstiger, weil die starke distale Belastung kompensiert wird.

Die Einbeziehung mittelwertiger Pfeilerzähne ersetzt nicht das Fehlen hochwertiger Pfeiler.

Es ist zu fordern, dass mindestens drei Stützzonen vorhanden sind.

Im Gegenkiefer vorhandene Lücken sind gleichzeitig zu versorgen, um einen Artikulationsausgleich zu erreichen.

Biss-Anomalien, die mit einer artikulären Dysfunktion verbunden sind, stellen eine Kontraindikation dar.

Aufgrund dieser Forderungen ist die Indikation zur zirkulären Verblockung stark eingeschränkt. Eine Stabilisierung der Konstruktion durch Einbeziehung minderwertiger Pfeiler ist nicht zu erwarten. In jedem Fall ist zu prüfen, ob diese Zähne im Rahmen der zirkulären Verblockung erhaltungswürdig sind [14].

Eine Besonderheit ergibt sich durch die elastische Verformung des Unterkiefers. Aus diesem Grund ist es ratsam, bei den Stützzonen im Molarengebiet jeweils zwei Zähne in die Konstruktion einzubeziehen, falls das möglich ist. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich nach kurzer Zeit die endständigen Pfeilerkronen lockern und der Patient das nicht bemerkt. Die kariöse Zerstörung des distalen Brückenpfeilers ist die Folge, die meist den Verlust des Zahns nach sich zieht. Die distalen Pfeiler sind zu verblocken, um der höheren Kaubelastung im Molarenbereich einen ausreichenden Widerstand entgegensetzen zu können.

Die Einbeziehung weiterer minder- oder mittelwertiger Pfeiler kann zwar erfolgen, bringt aber keine zusätzliche Stabilität für die zirkuläre Konstruktion. Auch ein Kronenblock im Frontzahnbereich ändert nicht die Kaubelastung und bewirkt keine größere Stabilisierung des Brückengerüsts. Diese Aussage mag zunächst Verwunderung auslösen, weil ein anerzogener Grundsatz darin besteht, die Anzahl der Pfeiler mit der Anzahl der Lücken in Relation zu setzen. Jedoch ist diese Hypothese nur eingeschränkt zutreffend, weil dabei die Wertigkeit der Zähne nicht berücksichtigt ist.

Allerdings ist darauf zu achten, dass das Gerüst verwindungsstabil gestaltet wird. Nur dann ist eine gleichmäßige Kraftverteilung zu erwarten. Man kann dieses Merkmal sehr einfach prüfen, indem man das Metallgerüst zwischen zwei Finger hält und Druck ausübt. Wenn keine elastische Deformierung möglich ist, kann von der Verwindungsstabilität ausgegangen werden. Eine derartige Prüfung sollte immer vorgenommen werden, weil die Tendenz besteht, das Brückengerüst so grazil wie möglich zu gestalten. Das ist prinzipiell auch wünschenswert, darf aber nicht zuungunsten der Stabilität erfolgen.

Verblockung bei kombiniertem Zahnersatz

Die einfachste Art der Verblockung ist die Verbindung von zwei benachbarten Zähnen [15]. Um die Wirksamkeit dieses Widerstandsblocks einschätzen zu können, müssen folgende Kriterien bewertet werden:

 Die Wertigkeit der verblockten Zähne: Wenn es sich bei einem der Zähne um einen hochwertigen Pfeiler handelt, wird der andere Zahn stabilisiert und damit seine Wertigkeit verbessert. Betrifft die Blockbildung zwei mittelwertige Pfeiler, also zwei Prämolaren, wird eine günstige axiale Kraftableitung erreicht, die Wertigkeit erhöht sich jedoch nicht. Allerdings ergeben sich konstruktive Vorteile für das Modellgussgerüst. Handelt es sich dagegen um die Verbindung minderwertiger Frontzähne, so hat das a priori keine Auswirkungen auf die Belastbarkeit der Gesamtkonstruktion. Wird der Frontzahn-Kronenblock jedoch mit den Eckzähnen verbunden, erhöht sich auch die Wertigkeit. Das Modellgussgerüst kann reduziert werden.

 Die Stellung des Kronenblocks zu den Restzähnen: Es ist die Topographie der Verblockung in Abhängigkeit von Anzahl und Lokalisation der hochwertigen Pfeiler zu bewerten. Wenn es konstruktiv sinnvoll ist, kann die Verblockung beim Vorhandensein von zwei oder drei hochwertigen Pfeilern angewendet werden.

 Der Kronenblock in Abhängigkeit von den Stützzonen: Mit Verminderung der Anzahl von Stützzonen reduziert sich auch die Kaubelastung. Es entstehen aber ausgedehnte Freiendlücken, deren Versorgung zu einer Kippbelastung der Pfeilerzähne führt. Das betrifft besonders den Zustand der Zahnlosigkeit einer Kieferhälfte [16].

Brücke und Kronen-Steg-Verblockung

Die Situation stellt sich anders dar, wenn es sich um eine Verblockung durch Lücken getrennter Zähne handelt. Konstruktiv kommen zwei Möglichkeiten infrage: die kleine Brücke und die Kronen-Steg-Verbindung. Häufig ist in einem Kiefer eine Restgebiss-Konfiguration vorhanden, bei der kleine Zwischenlücken mit Freiendlücken kombiniert sind. Dadurch muss das abnehmbare Modellgussgerüst sehr ausgedehnt und entsprechend den Merkmalen der subtotalen Prothesen im Ober- und Unterkiefer extendiert werden. Dabei werden die Parodontien und im Oberkiefer der Gaumen bedeckt und es resultieren Konstruktionsformen, die den Anforderungen an die Prävention nicht gerecht werden. Deshalb ist es erforderlich, kleine Zwischenlücken im Frontzahn- und Prämolarenbereich durch Brücken zu schließen. In der Regel kommen dreigliedrige Brücken zur Anwendung. Eine umfangreiche Verblockung ist nicht erforderlich, weil eine ausreichende Abstützung vorhanden ist. Die gegossene Teilprothese versorgt ausschließlich die Freiendlücken und ist entsprechend reduziert zu gestalten. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt und stellt eine Alternative zu der alle Restzähne umfassenden Verblockung bei der kombinierten Versorgung dar [17].

Die Kronen-Steg-Verblockung kommt immer dann zur Anwendung, wenn es sich um ein reduziertes Restgebiss handelt und die Zähne durch große Zwischenlücken getrennt sind. Dabei ist der Hebelarm verkürzt, so dass eine weitgehend axiale Belastung erfolgt. Man unterscheidet zwei Arten von Stegen:

 Barrensteg: Das rechteckige Profil liegt linear der Schleimhaut auf. Der Steg ermöglicht eine parodontale Abstützung, wird in Kombination mit Retentionselementen bei der parodontal-gingivalen Lagerung der Prothese eingesetzt. Die Anwendung ist sinnvoll, wenn mindestens noch eine Stützzone vorhanden ist. Es können auch mehrere Stege über einen Pfeilerzahn miteinander verbunden werden.

 Steg mit ovalem Profil: Der Querschnitt des Profils ist tropfenförmig und der Schleimhaut aufliegend. Die Verblockung kann nur geradlinig angewendet werden. Das darauf abgestimmte Retentionsteil wird über einen Platzhalter angebracht und bewirkt keine Abstützung, so dass die Prothese rein gingival gelagert ist. Diese Stegform wird benutzt, wenn keine Stützzone besteht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Rundsteg nicht mehr verwendet werden sollte. Der Abstand zwischen Steg und Schleimhaut hat häufig zu einer chronisch-entzündlichen Gewebeproliferation mit nachfolgendem Verlust der Stegkonstruktion geführt.

 Die Verblockung einer Zahngruppe ist nur dann erforderlich, wenn die andere Kieferhälfte zahnlos ist. In diesem Fall treten bei natürlicher Gegenbezahnung starke Kippmomente auf, die der einzelne Zahn nicht tolerieren kann. Die Anwendung der Verblockung bezieht sich im Wesentlichen auf den Seitenzahnbereich mit der hohen Kaukraftentfaltung. Wenn die Eckzähne als hochwertige Pfeiler noch vorhanden sind, ist eine Blockbildung der intakten Frontzähne aus funktionellen Gründen ohnehin überflüssig.

 Die Verblockung bei extrakoronalem Geschiebe stellt einen weiteres Merkmal dar. Bei Freiendlücken unterschiedlicher Ausdehnung ist die Beanspruchung des geschiebetragenden Zahns auf Kippung besonders bei der kurzen Freiendlücke sehr ausgeprägt. In diesem Fall sollte man sich zur Blockbildung mit dem Nachbarzahn entschließen. Bei der Entscheidung ist die Wertigkeit des verblockten Zahns von untergeordneter Bedeutung. Wenn jedoch eine genügende Anzahl von Stützzonen vorhanden ist, kann auf die Verblockung verzichtet werden [18].

Verblockung bei parodontaler Schädigung

Wenn ein parodontal geschädigter Zahn in die Verblockung integriert wird, besteht die Auffassung, dass der Zahn von dem nicht geschädigten Nachbarzahn profitiert und dadurch funktionsstabil wird. Diese Vorstellung ist jedoch nicht zutreffend. Es tritt vielmehr das Gegenteil ein: Die Verblockung ist so stabil wie ihr schwächster Partner. Besonders nachteilig wirkt es sich aus, wenn der Unterschied bezüglich der Lockerung zwischen dem gesunden und dem geschädigten Zahn sehr groß ist [19].

Daraus leitet sich die erste Prämisse ab: In festsitzende Verblockungen mittels Kronen-Brücken-Stegen sollten nur parodontal geschädigte Zähne, die den ersten Lockerungsgrad aufweisen, einbezogen werden.

Im parodontal geschädigten Restgebiss ist es prognostisch wichtig, ein funktionelles Gleichgewicht zwischen Ober- und Unterkiefer herzustellen. Dabei ist die Wertigkeit und Verteilung der Stützpfeiler zu beurteilen und zu prüfen, ob die funktionelle Wertigkeit beider Kiefer annähernd gleich ist. Wenn das nicht der Fall ist, gibt es die Möglichkeit, den schwächeren Kiefer zu stärken. Das kann unter anderem durch Verblockungen erfolgen. Ist die Parodontalschädigung aber so ausgeprägt, dass ein derartiges Vorgehen nicht indiziert ist, muss man notwendigerweise im Gegenkiefer minderwertige Zähne entfernen, um einen Belastungsausgleich herzustellen. Nur so ist es möglich, die Risikofaktoren parodontal geschädigter Zähne im Rahmen einer umfassenden prothetischen Versorgung zu minimieren. Für den Patienten ergibt sich ein erhöhter Beratungsbedarf, um diesen Zusammenhang zu verstehen. Der Zahnarzt muss wissen, dass jeder Kompromiss bei der prothetischen Planung die Prognose der Versorgung nachhaltig verschlechtert [20].

Daraus leitet sich die zweite Prämisse ab: Bei der prothetischen Versorgung des parodontal geschädigten Gebisses ist der Funktionsausgleich von Oberkiefer und Unterkiefer bezüglich einer funktionsstabilen Belastung wichtiges prognostisches Kriterium. Die Verblockung parodontal geschädigter Zähne kann nur erfolgreich sein, wenn die Parodontalbehandlung, die Individualprophylaxe und die Compliance des Patienten in den Behandlungsablauf und die Nachsorge integriert werden [21]. Wenn diese Merkmale nicht gewährleistet werden können, sollte man bei der prothetischen Versorgung auf die Verblockung von Restzähnen verzichten. Die Oralhygiene spielt besonders bei der Verblockung von Zähnen eine dominierende Rolle, weil der Interdentalraum verschlossen und damit der Reinigung per se nicht zugänglich ist. Entsprechende Hilfsmittel sind erforderlich. Daraus leitet sich die dritte Prämisse ab: Die Verblockung des Restgebisses im Rahmen einer prothetischen Wiederherstellung ist nur bei optimaler Oralhygiene und effizienter Mitarbeit des Patienten geeignet, die oralen Strukturen langfristig zu erhalten.

Konstruktive Empfehlungen

Anhand konstruktiver Vorschläge zur prothetischen Versorgung des Lückengebisses wird aufgezeigt, wann auf eine Verblockung von Restzähnen verzichtet werden kann. Dabei kann es Begründungen geben, die es rechtfertigen, von diesem Schema abzuweichen. Es soll jedoch vermittelt werden, dass die grundlegenden Prinzipien der Gestaltung eingehalten werden müssen. Diese Forderung ist besonders wichtig, weil sich die daraus resultierenden Fehler meist erst nach einer mehrjährigen Funktionsperiode bemerkbar machen.

Um das Merkmal des Stützzonenkontakts in die Überlegungen einzubeziehen, wurde die Lückengebiss-Konfiguration für einen Patienten am Oberkiefer- und Unterkiefermodell dargestellt. Dazu sind die Modelle in eine okklusale Beziehung zu bringen.

Abbildungen 1 bis 7 zeigen an sieben Modellbeispielen – jeweils am Ober- und Unterkiefer desselben Patienten dargestellt – die Notwendigkeit bzw. die Vermeidung der Verblockung von Zähnen im Lückengebiss auf. Als Entscheidungskriterien dienten die Anzahl der Stützzonen, die Wertigkeit der Pfeilerzähne und die Belastbarkeit der einzelnen Kieferbereiche. Die Art der Ankopplung der Teilprothese an das Restgebiss war von untergeordneter Bedeutung, so dass zwischen Gussklammerverankerung, Geschiebekopplung und Teleskopierung individuell entschieden werden kann.

Fazit und Diskussion

Es hat sich gezeigt, dass die Entscheidung über die Anwendung der Verblockung als konstruktives Detail bei der prothetischen Rekonstruktion des Restgebisses von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren bestimmt wird. Deshalb ist eine generelle prognostische Aussage nicht möglich. Aber es lassen sich die verschiedenen Formen der Verblockung den charakteristischen Lückengebiss-Konfigurationen zuordnen, um dann eine Bewertung der Prognose von Verblockungen vorzunehmen [22].

Die zirkuläre Verblockung stellt die optimale Versorgungsform dar. Ihre langjährige Bewährung ist unbestritten und muss nicht weiter erläutert werden.

Die Verblockung der beiden endständigen Zähne ist bei kurzer Freiendlücke sinnvoll in Kombination mit einem extrakoronalen Geschiebe. Bei einer langen Freiendlücke ist die Anwendung der Verblockung abhängig von der Abstützung auf der Gegenseite. Fehlt die Abstützung, muss verblockt werden. Diese Form der Verblockung ist bei verschiedenen Lückengebiss-Konfigurationen möglich und sollte befundabhängig konsequent angewendet werden und als bewährtes Konstruktionsprinzip gelten. Die Verblockung als Brücke bei kleinen Zwischenlücken ist Teil einer kombinierten Versorgung, bei der durch die Teilprothese nur die Freiendlücken versorgt werden, so dass eine parodontal präventive Gestaltung mit guter Prognose erfolgen kann. Die damit verbundenen konstruktiven Varianten kommen bisher nur unzureichend zur Anwendung. Es besteht eine langfristige Bewährung dieser Konstruktionsform, zumal die kombinierte Versorgung den sich ändernden Funktionsbedingungen angepasst werden kann.

Die verschiedenen Formen der Stegverblockungen sind dem stark reduzierten Restgebiss vorbehalten. Bei indikationsgerechter Anwendung ist eine langjährige Funktionsdauer zu erwarten. Die Wirkungsunterschiede von Barrensteg und Steg mit ovalem Profil müssen konsequent beachtet werden. Der unterschiedliche konstruktive Einsatz der Verblockung ist immer in Relation zur Wertigkeit der Restzähne und zur Anzahl der Stützzonen zu setzen. Je mehr hochwertige Stützzähne vorhanden sind, umso günstiger ist die Prognose der prothetischen Rekonstruktion zu beurteilen. Die Abhängigkeit vom parodontalen Befund ist in die Überlegungen einzubeziehen. Parodontal geschädigte Zähne sollten nur mit Einschränkungen in die Verblockung integriert werden, denn es besteht die Gefahr, dass die gesamte prothetische Versorgung dadurch frühzeitig verloren geht. Die Entscheidung hierüber sollte ohne Kompromisse getroffen werden.[]

Autoren:
Dr. Schecker studierte Zahnheilkunde in Plovdiv (Bulgarien) und ist seit 1991 niedergelassenen in eigener Praxis in Bremen, Dr. Dirk Brose studierte Zahnmedizin an der Humboldt-Universität Berlin, 1990 Niederlassung als Zahnarzt in Bremen in eigener Praxis, seit 2008 freier Gutachter für den MDK Niedersachsen und Bremen.