Prothetik

Elastischer als Glaskeramik

Die hohe Festigkeit erinnert an Glaskeramik, die leichte Verarbeitbarkeit an Komposit: Ein neues Restaurationsmaterial verspricht gute Fräsqualität, präzise Passung und perfekte Ästhetik. Der Autor nahm den Werkstoff für Einzelzahnversorgungen unter die Lupe.



Neugierig auf die Innovation, beschloss ich, Lava Ultimate und dessen Praxistauglichkeit selbst persönlich genauer unter die Lupe zu nehmen. Insbesondere die im Vergleich zu Keramik geringere Sprödigkeit hatte mein Interesse geweckt, denn diese Eigenschaft bietet gleich mehrere Vorteile: Erstens ist eine sehr gute Fräsqualität, vor allem hinsichtlich der Randbereiche der Versorgung, zu erwarten. Dies führt zu einer präzisen Passung und einem exakten Randschluss, der maßgeblich die Langzeitstabilität der Restaurationen beeinflusst. Zweitens sorgt ein dentinähnlicher Elastizitätsmodul dafür, dass im Vergleich zu Glaskeramik weniger mechanische Spannung auf den Zahn und den Knochen übertragen wird und somit ein natürliches Kaugefühl entsteht. Randausbrüche und Abplatzungen bzw. die Bildung von Rissen im Material sind weniger wahrscheinlich als bei spröden keramischen Materialien. Im Praxistest sollten die Faktoren, die gleich zu Beginn beurteilt werden können – Fräsqualität und Kaugefühl –, analysiert werden.

Der konkrete Fall

Die 20-jährige Patientin war vor circa fünf Jahren an Zahn 46 mit einem Keramikinlay versorgt worden (Abb. 1). Nun hatte sich sowohl am Zahnhals als auch in den Approximalräumen Karies gebildet, die entfernt werden musste. Gemeinsam mit der Patientin wurde beschlossen, eine Krone aus dem neuen Restaurationsmaterial Lava Ultimate zu fertigen und einzugliedern.

Präparation: Nach der Bestimmung der Zahnfarbe zur Wahl des passenden Materials, das in vier Varianten mit hoher (HT) und in acht mit niedriger (LT) Transluzenz erhältlich ist, wurde das Inlay entfernt und der Zahn präpariert (Abb. 2). Bei einer Kronenpräparation für eine Restauration aus Lava Ultimate sind die Richtlinien für vollkeramische Versorgungen zu befolgen: Für eine optimale Passung der gefertigten Versorgung ist es wichtig, dass Unterschnitte vermieden und innere Ecken und Kanten stets abgerundet werden. Bei einer Krone aus Lava Ultimate im Seitenzahnbereich sollte die Wandstärke mindestens 1,5 mm bzw. im Randbereich mindestens 1 mm betragen. Zudem wird eine Hohlkehl- oder Stufenpräparation mit einem vertikalen Präparationswinkel von 5 bis 6° empfohlen. Durch diese Art der Präparation werden gleichzeitig beste Voraussetzungen für die exakte intraorale Erfassung des Stumpfes mit einem Intraoralscanner geschaffen.

Abformung: Um die optimale Erfassbarkeit des Präparationsrandes für den Scanner sicherzustellen und die aufgetretenen leichten Blutungen zu stillen, wurde 3M™ ESPE™ Adstringierende Retraktionspaste direkt tief in den Sulkus appliziert (Abb. 3). Dies ist dank der ergonomischen Form der zierlichen Kapselspitze leicht möglich. Nach circa vier Minuten Einwirkzeit wurde die Paste mit einem Luft-Wasser-Gemisch vorsichtig entfernt und nach Trockenlegung Scanspray aufgetragen (Abb. 4). Es folgten die digitale Abformung des präparierten Zahns (Abb. 5), der Nachbarzähne und der Antagonisten sowie die digitale Bissregistrierung mit der CEREC® Bluecam (Sirona Dental Systems).

Kronendesign: Das automatisch auf der Grundlage der Abformdaten generierte virtuelle Modell wurde nach Eingabe des gewählten Materials (Lava Ultimate) in der CAD-Software des CEREC-Systems (Sirona) geöffnet. An diesem wurden Sägeschnitte für die Modellherstellung gesetzt, am Stumpf die Präparationsgrenze eingezeichnet (Abb. 6) und die Einschubrichtung gewählt. Der von der Software generierte vollanatomische Konstruktionsvorschlag mit biogenerischer Kauflächengestaltung konnte dank Berücksichtigung der Restaurationsparameter und des Antagonisten nach Kontrolle der Kontaktpunkte (Abb. 7 und 8) ohne umfangreiche Modifikationen übernommen werden. Abbildung 9 zeigt die geplante Krone im Rohling, ihre Position kann bei Bedarf verändert werden.

Fertigung und Finish: Die Krone wurde mit der Schleifeinheit CEREC MC XL (Sirona) gefertigt (Abb. 10), nach Abschluss des Vorgangs aus dieser entnommen und vom Rest des Rohlings getrennt (Abb. 11). Es zeigte sich direkt, dass die Restauration im Randbereich keinerlei Unregelmäßigkeiten aufwies. Auch leichte Anpassungen nach der Einprobe im Patientenmund waren problemlos ohne die Gefahr eines Ausbrechens der Ränder möglich. Anschließend erfolgte die Politur mit Sof-Lex™ Ausarbeitungs- und Polierscheiben (3M ESPE), Brownie- und Greenie-Polierern (SHOFU Dental) und Ziegenhaarbürstchen mit Polierpaste. Mit einem Schwabbel wurde anschließend nachpoliert. Abbildung 12 zeigt das Ergebnis. Auf eine Charakterisierung wurde aufgrund der Position der Krone im hinteren Seitenzahnbereich verzichtet.

Eingliederung: Um einen dauerhaft starken Verbund zwischen Krone und Zahn zu gewährleisten, wurde die Innenseite der Restauration – wie vom Hersteller empfohlen – zunächst mit Aluminiumoxidpulver (Korngröße unter 50 µm) sandgestrahlt (Abb. 13), mit Alkohol gereinigt und mit Luft getrocknet. Die Befestigung erfolgte mit zwei ebenfalls innovativen Materialien von 3M ESPE: Scotchbond™ Universal Adhäsiv und RelyX™ Ultimate Adhäsives Befestigungscomposite. Hierzu wurde das Adhäsiv auf den Zahnstumpf (Abb. 14) und die Innenfläche der Krone aufgetragen, das Befestigungskomposit in die Krone appliziert und diese eingesetzt (Abb. 15). Der Hersteller empfiehlt, Materialüberschüsse direkt mit einem Schaumstoffpellet zu entfernen und für eine Optimierung der Randqualität die freiliegenden Ränder nachfolgend mit Glyzeringel abzudecken. Dieses sorgt für eine optimale Polymerisation des Befestigungsmaterials, da es eine Inhibition von Sauerstoff vor der vollständigen Aushärtung verhindert. Aufgrund der starken Haftung von RelyX Ultimate ist eine Entfernung von Überschüssen nach dem Anhärten nicht empfehlenswert. Alternativ kann auch ein selbstadhäsiver Befestigungszement für die Eingliederung von Restaurationen aus Lava Ultimate verwendet werden. Abbildungen 16 und 17 zeigen die Restauration in situ. Ein harmonischer Randschluss konnte erzielt werden.

Fazit

Die Patientin war mit der neuen Versorgung äußerst zufrieden. Sie freute sich über ein natürliches Kaugefühl und war von der kurzen Behandlungsdauer sowie der Fertigung der Versorgung direkt in der Praxis positiv überrascht.

Insgesamt konnte Lava Ultimate Restaurationsmaterial im Praxistest überzeugen. Tatsächlich verfügt es über eine Kombination von positiven Eigenschaften, die teils für Glaskeramik und teils für Komposite typisch sind. Die hohe Festigkeit erinnert an Glaskeramik, die leichte Verarbeitbarkeit an Komposite. Die bisher überprüfbaren Eigenschaften, die aus der höheren Elastizität des Materials resultieren, haben sich bestätigt. In weiteren Fällen konnten selbst in sehr dünn ausgefrästen, fragilen Bereichen hervorragende Ergebnisse erzielt werden. Weder bei der Bearbeitung mit der Schleifmaschine noch bei der Ausarbeitung mit Handinstrumenten kam es zu Ausbrüchen bzw. Unregelmäßigkeiten am Rand der Versorgung.

Aufgrund dieser Vorteile wird das Material auch in Zukunft für Einzelzahnrestaurationen im Seitenzahnbereich regelmäßig in meiner Praxis zum Einsatz kommen.[]

 Dr. Jürgen Tobias studierte Zahnheilkunde in Berlin und ist seit 1998 in Schwäbisch Gmünd in eigener Praxis niedergelassen. Seit 1995 ist er CEREC-, seit 2008 Lava C.O.S.-Anwender. Weiterbildung in den Bereichen Parodontologie, Funktionsdiagnostik, Implantologie und Lasertherapie, Komposit- und Keramiktechnik.

Kontakt: praxis@zahnarzt-tobias.de