DG-PARO-Frühjahrstagung in Frankfurt

Schweizer Konzepte

Fast 450 Teilnehmer kamen zur diesjährigen DG-PARO-Frühjahrstagung nach Frankfurt. Im Fokus standen die Schweizer Parodontitiskonzepte der Hochschulstandorte Basel, Bern, Genf und Zürich. Die Schweizer Qualitätsleitlinien für Parodontologie genießen Vorbildcharakter.



Die Tagungspräsidenten, PD Dr. Moritz Kebschull und Dr. Stefanie Kretschmar, hatten für die Veranstaltung unter dem Motto „Perio – the swiss way“ Vertreter von vier Schweizer Standorten als Referenten eingeladen: Prof. Dr. Andrea Mombelli aus Genf, Prof. Dr. Dr. Anton Sculean aus Bern, Prof. Dr. Patrick Schmidlin aus Zürich sowie Prof. Dr. Clemens Walter aus Basel. Im Fokus stand sowohl die nichtchirurgische als auch die chirurgische PA-Therapie. Spätestens seit Einführung der Schweizer Qualitätsleitlinien für die Parodontologie blicken auch deutsche Kollegen immer häufiger in Richtung der Eidgenossen. „Wie wird man eigentlich A plus?“, fragte deshalb auch Kebschull in seiner Begrüßung. Den Weg dorthin zeigte Mombelli mit dem Protokoll der anti-infektiösen Behandlung der Parodontitis. Dieses Protokoll ist an allen vier Standorten – mit kleinen Abweichungen – ähnlich.

Plaque-Score

Los geht es mit der klinischen Diagnostik von Plaque-Score, Sondierungstiefe, BoP, Suppuration, Furkation und Vitalität („Unser wichtigstes Instrument ist die PA-Sonde“). Hinzu kommt die Bildgebung. Behandlungsziele seien: keine Taschentiefen größer als vier Millimeter, keine Blutung auf Sondierung sowie keine Suppuration. Durch Mundhygieneinstruktionen wird versucht, den Plaque-Score unter 20 Prozent zu halten.

Laut Mombelli folgt die wichtigste Phase: das subgingivale Debridement. „Das wird bei uns komplett delegiert.“ Dazu gehörten Scaling und Wurzelglättung sowie die chemische Plaquekontrolle. Optimalerweise finden beide Methoden innerhalb von zwei Tagen Anwendung. Optional ist die Gabe systemischer Antibiotika. Die Nachbetreuung im Recall schließt sich nach einem und drei Monaten an, die Reevaluation allerdings erst nach sechs Monaten. Mombelli: „Es braucht Zeit, bis die Gewebe optimal verheilt sind.“
Dieses Protokoll gestaltet sich in der Parodontologie der Standorte Basel, Bern und Zürich ähnlich. Unterschiede gibt es beim Einsatz systemischer Antibiotika, bakterieller und mikrobieller Tests sowie beim Einsatz von Antiseptika.

UPT mit Antiseptika

In Zürich setzt man bei der Unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) aufs Spülen mit Jodlösungen und Applizieren von Jodsalben, wie Schmidlin herausstellte. Zudem habe sich das Arbeiten mit Gummiligaturen bewährt. „Wir verwenden häufig Gummiligaturen, die im Rahmen der nichtchirurgischen Therapie eine Weichgewebsverdrängung während einer siebentägigen Einlage in der Furkation mit Grad III bewirken“, erläuterte er. Diese sogenannten Wedjets, bekannt aus der Kofferdamtechnik, ließen sich ganz einfach in die Furkation einlegen. In der chirurgischen Tunnelierung könnten sie adjuvant eingesetzt werden, um die Furkation während der postoperativen Heilungsphase offenzuhalten. „Das erleichtert den Parodontologen das Leben sehr und senkt zudem die Kosten.“ Die Lernkurve sei flach, in der nichtchirurgischen Phase legten in Zürich auch Dentalhygienikerinnen diese Tunnel.

Minimalinvasiver Weg

Muss es nach austherapierter Parodontitis doch ein Implantat sein, geht man an allen Schweizer Standorten so wenig invasiv wie möglich vor, selbst bei Knochenverlusten. So kommen in Zürich kurze Implantate zum Zuge, beim Sinus zum Beispiel, oder auch Miniimplantate, um Augmentationen zu vermeiden.

Die Periimplantitistherapie verlaufe nach einem ähnlichen Protokoll wie die Parodontitisbehandlung, sei aber nicht so validiert, sagte Schmidlin. Auch in der Periimplantitistherapie empfiehlt er Spülungen mit Jodlösungen. In der chirurgischen Phase setzt man auf die bewährten GBR-Methoden mit entsprechenden antiseptischen Begleittherapien.

Parodontitis rückläufig

Die aktuellen epidemiologischen Daten aus Deutschland (DMS V) zeigen, dass PA-Erkrankungen sowohl bei Jüngeren als auch bei Senioren deutlich zurückgegangen sind. Ob sich damit auch der Behandlungsbedarf verändere, lasse sich derzeit noch nicht abschätzen, erklärte Walter. Wahrscheinlich werde das Alter als Risikofaktor für Parodontitis den Behandlungsbedarf auf gleichem Niveau wie bisher halten, vermutet er angesichts des demografischen Wandels.

Bei der Behandlung älterer Patienten sei eine korrekte Anamnese das A und O, vor allem wegen der Zunahme der Risikofaktoren wie Diabetes und der Medikamenteneinnahme (Bisphosphonate und Antikoagulanzien). Mögliche Risiken müssten abgefragt und akribisch dokumentiert werden.
Die DVT-Diagnostik hält man in Basel nur in speziellen klinischen Situationen für indiziert. Bei der generellen Diagnostik und für die Entscheidungsfindung könne und dürfe sie nur eine Ergänzung sein, findet Walter. Zunächst gelte es, die klinische Diagnostik maximal auszunutzen und konventionelle Röntgenbilder zurate zu ziehen. Nur wenn dies nicht zielführend sei, dürfe man abwägen, ob man den Patienten einer erhöhten Strahlenexposition aussetzen solle.

PDT und Laser

Sculean demonstrierte, dass in Bern auch die adjuvanten Therapien wie photodynamische Therapie (PDT) oder der Einsatz von Laser an Bedeutung gewinnen. Besonders bei Periimplantitisfällen konnte er mit der PDT und einer Kürettage des umliegenden Weichgewebes (Wiederholung nach einer und zwei Wochen) Erfolge erzielen, wie er anhand unterschiedlicher Fälle darlegte. Zumindest ein Drittel der Patienten zeigte solche Verbesserungen, dass sich eine chirurgische Therapie erübrigte. Generell seien die PDT, der Einsatz des Pulverstrahlgeräts und des Lasers Optionen für Patienten im Recall, bei denen die Taschentiefe kleiner fünf Millimeter sei.

Auch die regenerative Chirurgie, die plastisch-ästhetische PA-Chirurgie sowie der Furkationsbefall standen im Fokus der Frühjahrstagung. Mit dem „lateral bewegten doppelten Tunnel“ stellte Sculean eine Technik vor, um tiefe Rezessionen im Unterkiefer vorhersagbar zu decken. Sie umfasst eine Präparation von Mukoperiostlappen und anschließend eine Spaltung des Lappens, so dass die Wundränder über die Zahnoberfläche gezogen werden können. Man kombiniere das Lappendesign selbstverständlich mit einem Bindegewebstransplantat, so Sculean. Die Methode ist nicht nur etwas für PA-Spezialisten. Nach „etwas Übung“ lasse sie sich ganz einfach in jeder allgemeinzahnmedizinischen Praxis durchführen. Seine Weiterbildungsassistenten arbeiteten inzwischen alle mit dem lateral bewegten doppelten Tunnel.

DG-PARO-Jahrestagung

Der niedergelassene Praktiker wird auch im Fokus der DG-PARO-Jahrestagung stehen, die vom 21. bis 23. September 2017 in Dresden stattfindet. „Parodontologie im zahnärztlichen Behandlungskonzept“ lautet das Motto. Dahinter steckt die Idee, Parodontitis nicht nur unter Parodontologen zu diskutieren, sondern unter den Aspekten des Praxisalltags. Die Systematik des Behandlungsablaufs soll darauf zugeschnitten darstellt werden. Ganz bewusst sprechen die Tagungspräsidenten Prof. Dr. Dr. h.c. Holger Jentsch, Leipzig, und Prof. Dr. Thomas Hoffmann, Dresden, praktizierende Kolleginnen und Kollegen „als die tragenden Säulen unserer Fachgesellschaft“ an.

Traditionell sorgen wissenschaftliche Hauptvorträge, Symposien, Kurzvorträge und Workshops für eine möglichst große Bandbreite und einen Blick über den parodontalen Tellerrand. Dies vor allem unter dem Aspekt, dass parodontale Erkrankungen systemische Erkrankungen sind, „ein Mosaikstein in einem multifaktoriell beeinflussten Entzündungsgeschehen des Organismus“, so die Tagungspräsidenten. Somit sind im September in Dresden sowohl Spezialisten als auch allgemein praktizierende Zahnärzte angesprochen. Aber nicht nur Zahnmediziner kommen zu Wort. Es wird den traditionellen Teamtag geben. Neu im Programm ist ein Masterforum für die Zahnärzte, die sich auf dem Gebiet der Parodontologie über das DG-Paro-Master-Programm spezialisiert haben.