Zahnlose Kiefer sicher und schnell versorgen


Situation Brücke unbearbeitet (© Gollner)

Situation Brücke unbearbeitet (© Gollner)


Was sind die Herausforderungen bei der Versorgung zahnloser Kiefer mit „festen Dritten“?
Gollner: Die dreidimensionale Positionierung und die richtige Anordnung der Implantate sowie des Zahnersatzes. Es ist wichtig, eine prächirurgische prothetische An- und Sprechprobe (Set-up) durchzuführen, um die Implantatpositionen und -achsen korrekt nach der späteren Prothetik zu bestimmen und auszurichten.

Feste Dritte sofort versus konventionell – welches Vorgehen favorisieren Sie?
Gollner: Wir setzen auf das konventionelle Protokoll, ob mit dem iSy-Implantatsystem, CAMLOG oder CONELOG.

Ist das für den Patienten nicht deutlich teurer?
Gollner: Ich denke, unter dem Strich kosten beide Varianten ungefähr das Gleiche.

Aber nur mit iSy-Konzept, sehe ich das richtig?
Gollner: Auch mit CAMLOG- oder CONELOG-Implantaten. Denn allein das individuell vom Zahntechniker oder von DEDICAM gefräste Provisorium für die fest verschraubte Sofortversorgung kann finanziell aufwendig werden. Dazu kommt noch die längere Planungszeit am Computer, im Labor und im Fräszentrum. Der implantatchirurgische Eingriff mit anschließender Sofortbelastung und Einbau eines direkt verschraubten Provisoriums birgt zudem Risiken und kostet Zeit bei Behandler und Zahntechniker.

Inwiefern?
Gollner: Selbst wenn das Provisorium basal sehr gut konfiguriert, poliert und auch perfekt verschraubt wird, kann es in den ersten Wochen nach der OP Entzündungen provozieren. Denn zwischen Provisorium und Wunde bleiben häufig Speisereste hängen, die schwierig zu entfernen sind. Die Interimsversorung vor der iSy-Brücke lässt sich dagegen einfach zur Reinigung herausnehmen.

Aber man hat natürlich keine „festen Dritten sofort“ …
Gollner: … das kann die iSy-Brücke in der Tat nicht sofort leisten.


Kritisiert wird an den All-on-four-Konstruktionen, dass der Knochen egalisiert wird, um zu einem ästhetischen Ergebnis zu gelangen. Betroffen sind insbesondere Patienten mit einer hohen Lachlinie. Gilt das auch für das konventionelle Protokoll?
Gollner: Das hat nichts mit den unterschiedlichen Protokollen zu tun. Der Übergang zwischen Restauration und dem Abutment darf nicht sichtbar sein, egal bei welchem Protokoll. Entweder werden die Implantate deshalb tiefer gesetzt oder der Knochen wird abgetragen. Unproblematischer ist das im Unterkiefer, die Lippe und die Lippenbänder verdecken viel. Wir implantieren – wann immer das geht – erst in der 3er-, 4er-, 5er-Position, nicht direkt in der Front.

Wie lange muss der Patient nach der konventionellen Versorgung das Provisorium tragen?
Gollner: Bei Interimsversorgungen bis zur Osseointegration und der sich anschließenden prothetischen Phase (etwa drei bis vier Monate). Werden die inserierten und freigelegten Implantate mit einem Langzeitprovisorium versorgt, bleibt dieses bis zur Adaptation sechs bis acht Monate in situ. Bis der All-on-four-Patient sein verschraubtes Provisorium richtig adaptiert hat, vergehen auch fünf bis sechs Monate. Die Dauer des Provisoriumtragens unterscheidet sich also nicht wesentlich.

Kommen wir zu Ihrem iSy-Fallbeispiel, bitte beschreiben Sie den Fall genauer.
Gollner: Eine 67 Jahre alte Patientin stellte sich mit dem Wunsch einer Oberkiefersanierung in unserer Praxis vor. Ihre Restzähne waren aufgrund von Parodontitis und funktioneller Überlastung nicht mehr erhaltungswürdig. Wir ließen sie bis kurz vor der definitiven Versorgung als strategische Pfeilerzähne für die Interimsprothese in situ.

Haben Sie die gesamte Prothetik über DEDICAM bezogen?
Gollner: Nein, aber das ist möglich. ZTM Stefan Picha hat die prothetische Versorgung übernommen.

Welche Versorgungsvariante wählen Sie bei älteren Patienten und Risikopatienten?
Gollner: Definitiv die konventionelle Versorgung, vor allem wegen der möglichen Belastung (Dauer der Eingriffe) und der besseren Hygienemöglichkeiten. Sollte der Patient nicht in der Lage sein, mit Interdentalbürstchen zu reinigen, wählen wir im Alter auch die herausnehmbare Variante. Gerne verblocken wir die Implantate primär, d. h. dann eine Stegversorgung. Ein regelmäßiger Implantatrecall ist aber Pflicht bei allen unseren Implantatpatienten.

 

Der Experte:

Dr. Martin Gollner ist seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis in Bayreuth, 2014 gründete er das DentalZentrum Bayreuth. Schwerpunkte: Implantologie, Oralchirurgie, Ästhetische Zahnmedizin, Parodontologie, Endodontie.
Kontakt: gollner@dentalzentrum-bayreuth.de