Implantologie

Reduzierte Implantatzahl – wo stehen wir heute?

Mit nur vier bis sechs Implantaten pro Kiefer lassen sich umfangreiche augmentative Maßnahmen vermeiden. Neue Studien und die aktuelle Literatur zeigen identische Erfolgsraten im Vergleich zur konventionellen Versorgung.



Feste Dritte steigern die Lebensqualität zahnloser Patienten [1]. Im alltäglichen Leben leiden Totalprothesenträger an Geschmacksverlust, Druckstellen und einem im Unterkiefer unsicheren Halt der Prothese. Häufig sind Prothesenkleber die einzige Hilfe. Viele empfinden diese Situation als starke psychische Belastung. Sie suchen nach einer Alternative. Moderne implantatgetragene Versorgungsmethoden sind für unsere Patienten eine gute Alternative. Ein sicheres Auftreten in der Öffentlichkeit, volle Funktion und Ästhetik stellen das persönliche Wohlempfinden wieder her. Um Patienten, bei denen eine starke Atrophie der Maxilla und Mandibula besteht, behandeln zu können, mussten aufwendige augmentative präimplantologische Verfahren vorgenommen werden. Multiple Eingriffe und lange Behandlungszeiten mit zum Teil langen Perioden der Zahnlosigkeit waren nicht zu umgehen. Moderne Verfahren mit reduzierter Implantatzahl und zum Teil „schräger“ Implantationsrichtung entsprechend den anatomischen Gegebenheiten ermöglichen es, Patienten mit nur einem Eingriff zu versorgen. Der technische Fortschritt und neue wissenschaftliche Erkenntnisse begünstigen heute eine schnelle und sichere Behandlung auf einer reduzierten Anzahl von Implantaten.

Status quo

Wo stehen wir heute? Durch die Verbesserung der Implantatoberflächen und des Implantatdesigns lässt sich sicher eine hohe Primärstabilität erzielen. Dies ist eine grundlegende Voraussetzung für die Sofortversorgung und Sofortbelastung. Die Weiterentwicklung der Implantatabutments trägt dazu bei, dass wir Implantate „schräg“ setzen und diese auch prothetisch versorgen können. Unter optimaler Ausnutzung der knöchernen Situation ist es somit möglich, Patienten sicher und schnell mit festen Zähnen zu versorgen. Die Behandlungsdauer reduziert sich auf einen Eingriff, Komplikationen durch aufwendige augmentative Maßnahmen entfallen. Aktuelle Studien zeigen, dass die Anzahl der Implantate ebenfalls verringert werden kann. Heydecke et al. haben ein Review der aktuellen Literatur zum Thema der idealen Implantatanzahl durchgeführt. Die Überlebensraten des Zahnersatzes und der Implantate liegen nach fünf Jahren bei mehr als 95 Prozent. Vier bis sechs im Vergleich zu acht Implantaten im Oberkiefer für eine festsitzende Versorgung zeigen vergleichbare Erfolgsraten [2]. Langzeitstudien fehlen dazu zwar noch. Aber eine prospektiv klinische Studie der BolzWachtel DentalClinic in Zusammenarbeit mit der Charité zeigt für festsitzende Sofortversorgungen im Ober- und Unterkiefer auf vier bis sechs Implantaten vergleichbare Erfolgsraten über sieben Jahre wie konventionelle prothetische festsitzende Versorgungsmethoden auf sechs bis acht Implantaten.

Therapiekonzept und klinischer Fall

Ein 44-jähriger Patient kommt mit dem Wunsch, feste Zähne zu bekommen, in die Dental Clinic. Er ist mit insuffizientem herausnehmbarem Zahnersatz im Ober- und Unterkiefer versorgt (Abb. 3). Im Oberkiefer trägt der Patient eine Totalprothese (Abb. 2). Zwei nicht erhaltungswürdige Zähne im Unterkiefer geben der Unterkieferklammerprothese einen Halt. In einem Eingriff wurden diese Zähne entfernt und die Implantate inseriert. Durch die Vorbereitung des Zahnersatzes im Vorfeld konnten am Tag der Operation die Positionen der Implantate in den Zahnersatz eingearbeitet werden. Der Patient verlässt mit seinen neuen festen Zähnen die Praxis am selben Tag. Nach einer Woche wird er zur Nahtentfernung vorstellig. Der Wundverlauf im Ober- und Unterkiefer ist zeitgerecht (Abb. 4). Nach drei Monaten stellt sich der Patient zur Kontrolle und eventuellen Anpassung seines Zahnersatzes vor (Abb. 5). In dieser Sitzung wird mit dem Patienten das Reinigen des Zahnersatzes mit einem Floss trainiert. Zu den Mundhygieneinstruktionen zählt auch die Verwendung von Mundduschen und Zahnbürsten (Abb. 6). Der glückliche Patient erhält durch seine festen Zähne die verloren gegangene Lebensqualität wieder zurück. Im Zuge des Recalls kommt der Patient zwei bis drei Mal im Jahr zur Dentalhygiene.

Diskussion

Die Versorgung des zahnlosen Kiefers mit festsitzendem Zahnersatz ist heute eine sichere Behandlungsform. Der Patient kann mit vier bis sechs Implantaten pro Kiefer versorgt werden. Diese Behandlung kann aufgrund neuer Studien und des Fortschritts der Technik mit nur einem Eingriff erfolgen. Umfangreiche augmentative Maßnahmen können somit dem Patienten erspart werden. Die aktuelle Literatur zeigt identische Erfolgsraten im Vergleich zur konventionellen Versorgung.

Paul Leonhard Schuh
studierte Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Universität Witten/Herdecke und befindet sich zurzeit in der Weiterbildung zum Spezialisten für Parodontologie in der Bolz-Wachtel Dental Clinic in München.
Kontakt: p.schuh@bolz-wachtel.de