Implantologie

Prothetische Konzepte sind entscheidend

Verschrauben statt Zementieren wird sich über kurz oder lang durchsetzen, selbst im Frontzahnbereich. Davon ist der Münchner Oralchirurg Dr. Claudio Cacaci überzeugt. Im Gespräch mit dem DENTAL MAGAZIN erläutert er diese These und skizziert die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Implantat-Abutment-Verbindungen sowie ihre Bedeutung für die Prothetik.



Herr Dr. Cacaci, konische Implantat-Abutment-Interfaces sollen in der Anwendung etwas anspruchsvoller sein als klassische Flach-zu-flach-Verbindungen. Muss man ein „Konus-Freak“ sein, um damit arbeiten zu können?

Cacaci: Nein. Das Handling ist nicht direkt vergleichbar. Beide Funktionsprinzipien haben ihre Vorzüge, aber auch Einschränkungen. Beispielsweise sitzt eine konische Implantat-Abutment-Verbindung in der Regel deutlich tiefer als eine Flachverbindung. Damit muss man umgehen können. Wer beide Verbindungstypen beherrscht, wird im klinischen Alltag auch mit beiden Methoden gute Ergebnisse erzielen können. Feine Unterschiede bestehen bei den prothetischen Konzepten.

Woran denken Sie dabei zuerst?

Cacaci: Ein Konus hat keinen definierten Anschlag. Die Übertragung vom Mund auf das Modell und vom Modell in den Mund kann bei Konussystemen durch vertikale Diskrepanzen Schwierigkeiten machen.

Was heißt das konkret?

Cacaci: Immer dort, wo der vertikale Höhenversatz technisch eine Rolle spielt, ist eine Flachverbindung wie die des CAMLOG Implantatsystems, die eine Diskrepanz von gerade einmal 4 µm aufweist, perfekt geeignet und auch einfacher zu handhaben. Dieser Wert kann von einer konischen Implantat-Abutment-Verbindung nicht erreicht werden. Beim CONELOG Implantatsystem kalkulieren wir mit 30 bis maximal 40 µm. Bei anderen konischen Systemen können es bis 100 µm sein. Solche Differenzen stellen große Schwierigkeiten dar und sind nur durch erhöhten Aufwand und mit viel prothetischem Know-how auszugleichen.

Sie nehmen an einer CONELOG Multicenter-Studie teil. Können Sie schon Zwischenergebnisse verraten?

Cacaci: Die ersten Patienten wurden vor 3,5 Jahren implantiert. Bei meinen Patienten kann ich feststellen, dass sich die CONELOG Implantat-Abutment-Verbindung aufgrund ihrer Präzision und Stabilität positiv auf das Knochenniveau an der Implantatschulter auswirkt. Nach fünf Jahren werden wir die entsprechenden Ergebnisse veröffentlichen.

Als problematisch bei selbsthemmenden konischen Verbindungen gilt auch das Entkoppeln der Abutments. Je steiler der Konuswinkel, desto höher die Abzugskraft.

Cacaci: Das ist bei klassischen Konussystemen ohne Indexierung eine echte Herausforderung. In der Vergangenheit haben wir entsprechende Spezialschlüssel aufwendig in Eigenregie dafür selbst konstruiert. Das CONELOG Implantatsystem verfügt nicht nur über ein einfach anwendbares Löseinstrument, sondern auch über eine Indexierung, die auch wirklich funktioniert. Dies erleichtert das Handling deutlich.

Noch einmal zurück zum Höhenversatz. Bei Flachverbindungen gibt es einen definierten vertikalen Anschlag. Bei konischen Verbindungen führen schon kleine Abweichungen des Konuswinkels zu vertikalen Diskrepanzen. Wie bekommen Sie das in den Griff?

Cacaci: Beim CONELOG Implantatsystem greift der Abform-pfosten im Gegensatz zu anderen konischen Systemen nicht im Konus, sondern liegt flach auf der Implantatschulter auf. Das ist ein wirkliches Key Feature dieses Systems. Bei der Abformung sind Höhenfehler somit ausgeschlossen.

Bitte konkretisieren Sie das.

Cacaci: Abformpfosten, die in den Konus greifen, fehlt ein exakt definierter Anschlag. Eine Abweichung des Konuswinkels von nur 0,5 Grad bei einem 12-Grad-Konus zieht schon einen Höhenversatz von mehr als 100 µm nach sich.

Kommen solche Übertragungsfehler häufig vor?

Cacaci: Bei Implantatsystemen, die dieses Feature nicht haben, schon.

Kommen wir zur Sofortimplantation. Welche Philosophie vertreten Sie diesbezüglich?

Cacaci: Wenn alle Voraussetzungen gegeben sind, sprich vorrangig Entzündungsfreiheit, intakter Knochen, muss im Frontzahnbereich sofort implantiert werden, um die Strukturen zu erhalten. Ich rate dringend davon ab, in solchen Fällen zu extrahieren und abzuwarten. Steht dann nach drei Monaten die Implanta‧tion an, fehlen die bukkale Lamelle, 30 Prozent der Kieferkammbreite und das Weichgewebe. In der ästhetischen Zone muss die Therapie vor der Zahnextraktion feststehen. Entweder ich augmentiere direkt nach der Zahnextraktion oder ich implantiere. Warten auf bessere Zeiten ist definitiv nicht der richtige Weg.

In Ihren Vorträgen verweisen Sie in diesem Zusammenhang eindringlich auf den Klopftest.

Cacaci: Sobald eine Klopfempfindlichkeit vorliegt, geht man von einer Osteomyelitis, also einer Knochenentzündung im Zahnfach, aus. Würde nach der Extraktion direkt implantiert, wäre der Misserfolg vorprogrammiert. Es ist einfach ein definitives Ausschlusskriterium für eine Sofortimplantation, eine fehlende bukkale Lamelle dagegen heute nicht mehr.

Raten Sie im Seitenzahnbereich von Sofortimplantationen ab?

Cacaci: Ja, im Seitenzahnbereich versuchen wir nach wie vor die Implantate möglichst zentral in die Lücken zu setzen. Dies setzt voraus, dass man abwartet, bis die Alveole verheilt ist.

Während Sie bis vor Kurzem ein Befürworter des Zementierens waren, favorisieren Sie inzwischen verschraubte Restaurationen. Was hat sich geändert?

Cacaci: Als wir mit der Implantatprothetik begonnen haben, fehlte uns schlichtweg die richtige Hardware. Wir verwendeten damals Schlitzschrauben, die nur unzureichend drehmomentstabil waren. Deshalb sind wir damals schnell zum Zementieren übergegangen. Heute haben wir die entsprechende Hardware. Wo immer es möglich ist, versuchen wir also, eine Zementierung und die damit verbundenen Schwierigkeiten zu umgehen.

Der Schraubenkanal ist aber unschön.

Cacaci: Nein, nicht mehr. Wir verjüngen die Schraubenzu‧gangsöffnungen so weit wie möglich. Zudem arbeiten wir heute mit hochfesten Keramiken und fertigen die Restaurationen aus einem Guss. Das ist sowohl für den Zahnarzt als auch für den Patienten äußerst komfortabel und langfristig stabil. Wir fertigen diese verschraubten Kronen seit über vier Jahren und haben damit ausnahmslos sehr gute Erfahrungen gemacht.

Verschrauben Sie auch im Frontzahnbereich?

Cacaci: Da machen wir keinen Unterschied. Wenn immer möglich, setzen wir die Implantate so, dass wir verschrauben können. Das heißt, der Schraubenkanal muss palatinal austreten. Meiner Ansicht nach wird sich das durchsetzen.

Welche Rolle spielen individuelle Abutments in diesem Zusammenhang?

Cacaci: Das ist ein echter Fortschritt. Wir steuern das Weichgewebe heute, wir verdrängen es nicht mehr. Individuelle Abutments sind heute eigentlich in 90 Prozent aller Fälle indiziert.

Werden sie denn auch verwendet?

Cacaci: Nein, die meisten Patienten in Deutschland erhalten konfektionierte Standardabutments, die durch Beschleifen individualisiert werden. Es findet jedoch zurzeit ein Umdenken statt. Einige Firmen, darunter auch CAMLOG mit DEDICAM, bieten mittlerweile individuelle Abutments ab Werk an. Dies ist ein weiterer Fortschritt, den wir in unserer Praxis aufgreifen.

 Dr. Claudio Cacaci
studierte Zahnmedizin in München, war von 1997 bis 2009 niedergelassen in einer Gemeinschaftspraxis mit Dr. Jan Haitó in München. 2009 gründete er gemeinsam mit Dr. Peter Randelzhofer das Implantat Competence Centrum in München. Seit 2004 zählt er zum Vorstand der DGI Bayern.
Kontakt: service@icc-m.de

Studie

Der Münchner Oralchirurg Dr. Claudio Cacaci ist an einer multizentrischen Studie mit CONELOG Implantaten beteiligt und hat mit den ersten 3-Jahres-Nachkontrollen begonnen. Bei der CAMLOG Veranstaltung „Implantologie – Emotionen und Partnerschaft“, die vor einigen Monaten in Wiesbaden stattgefunden hat, zeigte er interessanteste Fallbeispiele aus seiner Praxis. Im Gespräch mit dem DENTAL MAGAZIN vor Ort skizziert er seine Erfahrungen mit unterschiedlichen Implantat-Abutment-Verbindungen, seine Vorliebe für verschraubte Implantatprothetik und die Grenzen der Sofortimplantation.