Augmentationen vermeiden

Das können Tissue-Level-Implantate leisten

Tissue-Level-Implantate zeichnen sich durch ein optimales Weichgewebsmanagement und durch hohe klinische Langzeiterfolge aus. Wann sind sie indiziert, wann kontraindiziert? Und was bringt die neue Generation der Tissue-Level-Implantate? PD Dr. Dr. Eik Schiegnitz, Mainz, liefert Antworten.


Tissue Level

Abb. 2 Das TLX-Implantat © Schiegnitz


Implantate werden in zwei Gruppen unterteilt: Tissue-Level-Implantate und Bone-Level-Implantate. Wann empfehlen Sie welches Vorgehen?

Schiegnitz: Tissue-Level-Implantate zeichnen sich durch ein Hybriddesign aus, sie verfügen also über einen glatten, maschinierten Hals und einen rauen Gewindeteil. Bone-Level Implantate haben dagegen eine komplett raue Oberfläche. Wir sehen Tissue-Level-Implantate vor allem im Seitenzahnbereich und im zahnlosen Kiefer indiziert. Bone-Level-Implantate sind dagegen für uns vor allem im ästhetischen Bereich und im Zusammenhang mit komplexen Eingriffen Mittel der Wahl, in denen eine subgingivale Einheilung gewünscht wird.

Was sind die jeweiligen Vor- und Nachteile?

Schiegnitz: Tissue-Level-Implantate bringen durch ihr Hybriddesign den Implantat-Abutment-Übergang über den crestalen Knochen und zeichnen sich in der wissenschaftlichen Literatur mit einer geringen Periimplantitis-Rate aus. Zudem kann speziell mit dem TLX aufgrund des Tulpendesigns ein sehr funktionelles und ästhetisches Emergenzprofil erzielt werden. Sollte es dennoch zu einem Knochenrückgang kommen, besteht die Möglichkeit, dass der maschinierte Kragen in Erscheinung tritt, was zu einem ästhetischen Defizit führen könnte.

Wir empfehlen Tissue-Level-Implantate daher im nicht-ästhetischen Bereich. Bei Bone-Level-Implantaten ist die subgingivale Einheilung gut möglich, sodass wir Bone-Level-Implantate vor allem im ästhetischen Bereich und bei Augmentationen sehen.


Wann halten Sie die subgingivale Einheilung für erforderlich?

Schiegnitz: Die subgingivale Einheilung ist bei simultanen komplexen Augmentationen im ästhetischen Bereich zu empfehlen. Auch beim systemisch kompromittierten Patienten (z.B. schlecht eingestellter Patient mit Diabetes Mellitus) kann eine subgingivale Einheilung erwogen werden.

Was überwiegt: die Insertion ohne Freilegung oder die gedeckte Einheilung?

Schiegnitz: Das hängt vom Patienten-Kollektiv ab. Bei gesunden Patienten und bei „einfachen“ Fällen mit suffizienter weichgeweblicher und knöcherner Situation überwiegt die transgingivale Einheilung.

In 30% unserer rund 200 TLX-Fälle handelte es sich um anspruchsvolle Sofortversorgungs- und Avoid-Augmentation-
Konzepte. <span class="su-quote-cite">PD Dr. Dr. Eik Schiegnitz</span>

Ist eine Trendwende in Sicht mit Blick auf die neuen TLX-Implantate?

Schiegnitz: Die bisher verfügbaren TL-Implantate von Straumann (z.B. Straumann S/SP) zeigen eine mittlere Primärstabilität. Sofortimplantationen und Sofortversorgungen sind mit diesen Implantaten nur bedingt möglich. Die hohe Primärstabilität des TLX durch das konische Design und das aggressive Gewinde ermöglichen nun, diese Sofortkonzepte auch mit TL-Implantaten zu lösen. Zudem können wir mit dem 6 mm langen TLX auch moderne Avoid-Augmentation-Konzepte etablieren. Daher erweitert das TLX den klinischen Anwendungsbereich von TL-Implantaten erheblich.

Wo sehen Sie die Grenzen der Augmentationsvermeidung durch TLX-Implantate?

Schiegnitz: Für das 6 mm lange TLX- Implantat ist eine vertikale Restkieferkammhöhe von mindestens 7–8 mm notwendig. Defekte mit weniger Restkieferkammhöhe benötigen eine vertikale Augmentation oder eine Versorgung mit konventioneller Prothetik.


Wie viele Fälle haben Sie bislang mit TLX-Implantaten durchgeführt, wie viele generell mit Tissue-Level-Implantaten?

Schiegnitz: Aktuell überblicken wir ca. 200 TLX-Fälle, hiervon ca. 30% in anspruchsvolle Indikation wie bei Sofortkonzepten oder Avoid-Augmentation-Konzepte.

Sind Tissue-Level-Implantate einsteigergerecht? Was sind die größten Hürden? Was kann schiefgehen?

Schiegnitz: Generell sind Tissue-Level- Implantate absolut einsteigergerecht. Zu den bisher verfügbaren Tissue-Level- Implantaten gibt es hervorragende Langzeitdaten in epidemiologischen Studien, also nicht nur aus hochspezialisierten Zentren. Vor Erstanwendung des neuen TLX empfehlen wir dringend den Besuch einer spezifischen Fortbildungsveranstaltung mit Hands-On. Durch das aggressive Gewinde und die sehr hohe Primärstabilität unterscheidet sich das TLX in seinem klinischen Handling grundlegend von den bisher verfügbaren Tissue-Level-Implantaten. Hier ist z.B. noch eine deutliche Achsänderung beim Eindrehen des Implantats möglich. Dies sollte bei der Anwendung dringend berücksichtigt werden.

Eignet sie sich beispielsweise auch für Sofortversorgungen? Wenn ja, was hat sich verbessert?

Schiegnitz: Das TLX ist prädestiniert für Sofortkonzepte, sowohl für Sofortimplantation als auch Sofortversorgungen. Bei der Sofortimplantation wird die Primärstabilität des Implantats vor allem im apikalen Bereich erzielt. Aufgrund des aggressiven Gewindes ist auch bei reiner apikaler Verankerung eine suffiziente Primärstabilität möglich. Bei der Sofortversorgung sollte eine Primärstabilität > 35 N/cm vorliegen. Dies ist bei richtiger Anwendung des TLX in der Regel möglich. Daher ist auch eine Sofortimplantation mit Sofortversorgung mit dem TLX ein anwendbares Therapiekonzept.

Ihr Fazit?

Schiegnitz: Insgesamt erweitert das TLX die bereits auf dem Markt befindlichen konischen Bone-Level-Implantate um ein Tissue-Level-Implantat. Dies ist eine sehr spannende Entwicklung, da für Tissue-Level-Implantate ausgezeichnete Langzeit-Daten in Bezug auf Implantatüberleben und Periimplantitis-Inzidenzen vorliegen. Daher ist das TLX eine sehr vielversprechende Therapieoption für Sofortkonzepte und Avoid-Augmentation-Konzepte im Seitenzahnbereich und beim zahnlosen Kiefer.

<strong>Tissue-Level-Implantat für Sofortversorgung</strong>
  • Das neue TLX-Implantat ist eine Kombination aus dem bewährten klassischen Straumann Tissue-Level-Implantat und dem konischen BLX-Bone-Level-Implantat mit aggressivem Gewinde, was explizit für die Sofortimplantation entwickelt wurde.
  • Die bisher verfügbaren TL-Implantate von Straumann (z.B. Straumann S/SP) zeigen eine mittlere Primärstabilität und eignen sich nur bedingt für dieSofortimplantationen und Sofortversorgungen.
  • Das TLX erweitetert den klinischen Anwendungsbereich von TL-Implantaten erheblich. Die hohe Primärstabilität des TLX durch das konische Design und das aggressive Gewinde ermöglichen nun, diese Sofortkonzepte auch mit TL-Implantaten zu lö Augmentationen lassen sich somit vermeiden.
  • Das TLX Implantat ist seit September 2021 erhältlich.

Der Experte

PD Dr. Dr. Eik Schiegnitz
Sektionsleitung Implantologie und Augmentationschirurgie an der Klinik für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsklinik Mainz.
eik.schiegnitz@unimedizin-mainz.de