Füllungstherapie

Amalgamfüllung minimalinvasiv austauschen

Trotz ausgeprägter Kavitätenausbildung kann Komposit als Füllungsmaterial für den Austausch insuffizienter Amalgamfüllungen die Lösung sein. Worauf es ankommt, verdeutlicht das Fallbeispiel.


Amalgamfüllung austauschen

Klinische Ausgangssituation. Zahn 46 mit insuffizienter Amalgamfüllung okklusaldistal. Zahn 47 mit Verblendkeramikkrone und „Chipping“ der Verblendung mesial. | © Zorzin


Direkte Komposit-Versorgung oder indirekte Keramik-Restauration? Diese Frage stellt sich nicht selten, wenn man eine insuffiziente Amalgamfüllung austauschen möchte und diesen Austausch plant. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ein möglichst minimalinvasives Vorgehen und damit der maximale Erhalt gesunder Zahnhartsubstanz anzustreben ist, erscheint eine direkte dentinadhäsive Rekonstruktion mit Komposit empfehlenswert, sofern sie problemlos realisierbar ist. Dies ist grundsätzlich bei Versorgungen im interkoronalen Bereich der Fall und auch einzelne Höcker lassen sich heute mit Komposit erfolgreich ersetzen.

Grenzfälle

Einen Grenzfall stellen Zähne dar, bei denen nach der Amalgamentfernung Risse im Schmelz und Dentin zu beobachten sind. Doch auch hier lohnt es sich häufig, die betroffenen Höcker zunächst zu erhalten und eine minimalinvasive Technik zu wählen. In diesem Fall ist der Patient jedoch darüber aufzuklären, dass die Lebensdauer der Versorgung eingeschränkt sein könnte und diese gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt durch ein Onlay oder eine Teilkrone zu ersetzen ist. Dies entspricht dem Anspruch, die gesunde Zahnhartsubstanz so lange wie möglich zu erhalten. Ein Beispiel für eine substanzschonende Vorgehensweise wird anhand des folgenden Patientenfalls dargestellt.

Amalgamfüllung austauschen im konkreten Fall

Der Zahn 46 dieser 64-jährigen Patientin war mit einer Amalgamfüllung versorgt, deren Oberfläche aufgrund von Parafunktionen (Knirschen) sehr flach und stark poliert erschien. Am distobukkalen Höcker war bereits eine Reparatur mit Komposit-Füllungsmaterial erfolgt. Aufgrund einiger undichter Randbereiche sowie Sekundärkaries wurde die gesamte Restauration als erneuerungsbedürftig eingestuft. Zusätzlich war eine Abplatzung im mesialen Bereich der Versorgung an Zahn 47 aufgetreten, die repariert werden sollte. Im Sinne einer möglichst minimalinvasiven Vorgehensweise und da die Patientin eine wenig zeitintensive Behandlung wünschte, fiel die Wahl auf Komposit als direktes Restaurations- und Reparaturmaterial.

Einen Grenzfall stellen Zähne dar, bei denen nach der Amalgamentfernung Risse im Schmelz und Dentin zu beobachten sind. <span class="su-quote-cite">PD Dr. José Zorzin</span>

Nach dem Legen von Kofferdam und der Entfernung der Amalgamfüllung wurde die Karies vorsichtig exkaviert. Trotz eines Schmelzrisses zwischen dem mesiolingualen und dem distolingualen Höcker und eines bis in das Dentin reichenden Risses zwischen dem mesiolingualen und dem mesiobukkalen Höcker wurde entschieden, den Höcker zunächst zu erhalten und das Rissverhalten im Rahmen regelmäßiger Kontrolluntersuchungen zu beobachten.


Reparatur der Keramikkrone

Zunächst erfolgte die Reparatur der Versorgung an Zahn 47. Dafür wurde die bestehende Restauration durch Sandstrahlen angeraut und zur Maximierung der Haftkraft erst mit Silan (ESPE Sil, 3M) sowie anschließend mit einem Universal-Adhäsiv (3M Scotchbond Universal Adhäsiv) behandelt. Das Universal-Adhäsiv enthält bereits Silan. Die Haftfestigkeit lässt sich aber durch zusätzliche Silan-Applikation noch erhöhen1. Nach dem Einmassieren des Adhäsivs für 20 Sekunden, dem sanften Verblasen mit Luft bis zur vollständigen Evaporation des Lösungsmittels und der Lichthärtung wurde die Versorgung mit 3M Filtek Supreme XTE Universal Composite in der Farbe A3 repariert. Das Ergebnis der Maßnahme ist in Abbildung 5 dargestellt.

Füllungstherapie

Für die Versorgung der in orovestibuläre Richtung aufgezogenen Kavität der Klasse II an Zahn 46 wurde zunächst eine anatomisch geformte und bombierte Teilmatrize (Composi-Tight Matrizenband, Garrison Dental) eingesetzt und mit PTFE-Band (Cumdente) in Form gebracht. Abgedichtet und fixiert wurden Matrizenband und PTFE-Band mit dem Composi-Tight Original G-Ring desselben Systems. Zur Konditionierung wurde Phosphorsäure-Ätzgel (3M Scotchbond Universal Ätzgel) erst ausschließlich auf den Schmelz und dann für 15 Sekunden auch auf das Dentin appliziert sowie anschließend gründlich durch Spülen mit Wasser entfernt. Nach dem Trocknen mit Luft erfolgte die Applikation von Scotchbond Universal Adhäsiv gemäß der Herstellerangaben.

Die direkte adhäsive Restauration ermöglicht eine substanzschonende Versorgung auch bei ausgedehnten Kavitäten.<span class="su-quote-cite">PD Dr. José Zorzin</span>

Danach kam als Liner am approximalen Kasten ein fließfähiges Komposit (3M Filtek Supreme Flowable Fließfähiges Komposit) zum Einsatz. Um die Verfärbungen am Kavitätenboden abzudecken, die aufgrund der geringen Tiefe der Kavität die Farbwirkung der folgenden Komposit-Schichten negativ beeinflussen könnten, wurde eine Schicht 3M Filtek Universal Restorative Pink Opaquer appliziert. Das in Schichten von maximal 1 mm anwendbare Komposit mit rosa-opaker Färbung und besonders hoher Deckkraft wurde von approximal nach parapulpär angetragen. Die Konsistenz des Pink Opaquer (PO) ähnelt der klassischer Unterfüllungsmaterialien, sodass es sich sehr gut in die Kavität adaptieren lässt. Fertiggelegt wurde die Füllung mit Filtek Supreme XTE Füllungsmaterial. Auf die Ausarbeitung eines stark ausgeprägten okklusalen Reliefs wurde aufgrund der Parafunktionen der Patientin verzichtet. Weder medizinisch noch funktionell ergäbe sich durch die Einarbeitung von Fissuren ein Benefit. Die finale Versorgung ist analog zur Situation bei Behandlungsbeginn sehr flach. Die Farbe der Füllung erscheint homogen, ein Durchscheinen der Verfärbungen konnte erfolgreich verhindert werden.


Amalgamfüllung austauschen: das Fazit

Der vorliegende Fall ist ein Beispiel dafür, wie man minimalinvasiv eine Amalgamfüllung austauschen kann, wobei beim Austausch trotz Rissbildung Komposit-Füllungsmaterial verwendet wurde. Solange der Höcker stabil bleibt, ist von einer langen Lebensdauer der Versorgung auszugehen. Falls hingegen ein Höcker frakturiert, ist je nach Größe des Defekts zu entscheiden, ob eine Reparatur oder der Einsatz eines Onlays indiziert ist. Auch hierbei sollte der minimalinvasivste Ansatz gewählt werden, der zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führt.


Literatur
1. Maier E.; Belli, R.; Taschner, M.; Petschelt, A.; Lohbauer, U.; Zorzin, J. New approaches in bonding to glass-ceramic: Self-etch glass ceramic primer and universal adhesives. Journal of Adhesive Dentistry 2019;21:209–217.

Der Autor

Foto: Privat

PD Dr. José Zorzin
Zahnklinik 1– Zahnerhaltung und Parodontologie, Universitätsklinikum Erlangen Zahnerhaltung
zorzin@dent.uni-erlangen.de