Aligner-Therapie

Mit Alignern online Patienten gewinnen

Mit seiner Mehrheitsbeteiligung an DrSmile, einem führenden Anbieter für Clear Aligner Behandlungen in Deutschland, baut Straumann sein Aligner-Geschäft weiter aus. Denkbar sei es, die ausgeklügelte direkte Patientenakquise von DrSmile auch auf weitere Straumann-Sparten auszudehnen, sagt Andreas Utz, Straumann Geschäftsführer Deutschland. So wolle man Spezialisten, Zahnärzte und Labore dabei unterstützen, neue Behandlungsfelder in ihren Praxen zu etablieren.


Aligner Zahnschiene

Die DrSmile-Aligner-Schienen werden von Straumann gefertigt. © DrSmile


Welchen Einfluss haben Direktmarketing und Online-Dienstleister derzeit in der Dentalbranche?

Utz: Noch wenig, aber die Bedeutung wächst. Das zeigt der Erfolg des DrSmile-Konzepts für Aligner. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Verbrauchern die Vorteile von Alignern zu vermitteln und eine komplette Behandlungslösung anzubieten. Die zahnmedizinischen Aspekte werden dabei von selbstständigen und erfahrenen lokalen Partnerpraxen übernommen.

DrSmile liefert Zahnärzten quasi Patienten …

Utz: …und hilft damit, die Aligner-Therapie in der Praxis zu etablieren. Interessant dabei ist, dass sehr viele der Partnerpraxen ihren Patienten die Aligner-Therapie bereits im normalen Praxisbetrieb anbieten.

Zum Beispiel mit dem ClearCorrect-System, das ja zum Straumann-Portfolio zählt?

Utz: Am liebsten natürlich mit ClearCorrect. Aber das Modell DrSmile ist kompatibel mit vielen Aligner-Systemen. Mit unserer Mehrheitsbeteiligung profitieren wir von der Expertise von DrSmile, Patienten anzusprechen und zu mobilisieren. Wir sind zwar sehr erfahren im Bereich des Patientenmarketings, allerdings etablieren neue Anbieter dort gerade einen ganz neuen Standard. Diesen möchten wir nutzen, um einen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen.

Apropos Partnerpraxen: Noch beläuft sich das integrierte DrSmile-Zahnarztnetzwerk auf gerade einmal 50 Zahnärzte.

Utz: Es wird aber wachsen, da sind wir uns sicher. Denn die weltweite Nachfrage steigt stetig. In den letzen drei Jahren verzeichnete der globale Markt für Aligner ein Wachstum von 20 Prozent. Klar ist: Wir werden für ein „gesundes Wachstum“ sorgen! Potenzielle DrSmile-Partnerpraxen müssen alle notwendigen Voraussetzungen erfüllen, um diese hochwertige Behandlungen durchzuführen.

Dennoch sind viele Zahnärzte skeptisch. Sie fürchten, DrSmile-Zahnärzten fehle die kieferorthopädische Expertise. Wie reagieren Sie darauf?

Utz: Wir nehmen die Sorgen und Kritik sehr ernst und entwickeln das DrSmile-Modell stetig weiter. Es ist bereits heute hochgradig standardisiert und sicher. In allen wesentlichen Schritten ist ein approbierter Zahnmediziner involviert. Wir haben mit DrSmile zusätzlich vereinbart, dass wir das Modell einer strengen Selbstkontrolle unterziehen möchten.

Was soll dazu gehören?

Utz: In erster Linie die konsequente Weiterentwicklung und Stärkung der zahnärztlichen bzw. kieferorthopädischen Expertise. Der Straumann-Qualitätsanspruch gilt schließlich nun auch für DrSmile. Unsere Kunden können sich sicher sein, dass wir das sehr ernst nehmen. Derzeit etablieren wir einen unabhängigen klinischen Beirat aus Kieferorthopäden, der die Behandlungsqualität streng kontrolliert und stetig weiterentwickelt.

Wie unterscheiden sich die Produkte ClearCorrect und DrSmile letztlich?

Utz: DrSmile ist via seiner selbständigen Partnerpraxen der Behandlungsanbieter und hat dafür ein ganz spezifisches Modell aufgebaut, bei dem der Patient eine Gesamtversorgung zu definierten Preispunkten einkaufen kann. Sie fokussieren dabei auf leichte Fälle. Die Schienen, die DrSmile künftig verwenden wird, sind ClearCorrect-Schienen, die in Deutschland produziert werden. Auch unsere Software- und Planungsexpertise wird im Hintergrund eingesetzt, ergänzt durch Expertise von DrSmile und dessen Partnerpraxen. ClearCorrect ist das Aligner-System aus dem Hause Straumann, das wir Kieferorthopäden und Zahnärzten anbieten. Dieses entwickeln wir stetig weiter.

Empfehlen Sie Ihren ClearCorrect- Kunden die DrSmile-Plattform?

Utz: Das überlassen wir unseren Kunden, den Kieferorthopäden und Zahnärzten. Schließlich gibt es ja auch viele Praxen, die einen wirklich guten Job in puncto Praxismarketing machen …

Kompatibel: DrSmile und ClearCorrect
DrSmile ist in Verbindung mit seinen Partnerpraxen ein Anbieter von Alignertherapien. Der finale Preis der Behandlung hängt am Ende von der Komplexität des entsprechenden Falles ab. Dabei nutzt DrSmile künftig die Aligner aus dem Hause Straumann, die seit Sommer 2020 in Markkleeberg in Deutschland produziert werden.
ClearCorrect hingegen ist das Alignersystem aus dem Hause Straumann für alle Kieferorthopäden und Zahnärzte. Nach Bereitstellung der entsprechenden Daten und Informationen erhalten die Behandler einen Planungsvorschlag, den sie modifizeren und freigeben können. Die Schienen werden dann anschließend von Straumann produziert und der Praxis übersendet. Das System wird stetig weiterentwickelt und verfeinert.
Straumann wird dieses Jahr noch ein neues, proprietäres Alignermaterial einführen. Darüber hinaus kooperiert das Unternehemn mit Universitäten, um das System mit Studien zu untermauern.

… und die DrSmile-Plattform gar nicht brauchen?

Utz: Genau, da heißt es für uns, partnerschaftlich zu arbeiten und auf den Wunsch des Kunden einzugehen. Für wen die Patientenakquise über DrSmile spannend ist, der wird sich dafür entscheiden. Perspektivisch können wir uns diesen Service auch in der Implantologie und für die Labore vorstellen.

Sprich, Sie lernen quasi von DrSmile für alle Straumann-Sparten?

Utz: So könnte man es formulieren. Wir haben erkannt, dass DrSmile sich eine interessante Expertise aufgebaut hat, die von einer herkömmlichen Social Media-Agentur gar nicht leistbar ist. Die Plattform ist deutlich ausgeklügelter.

Straumann möchte von DrSmiles Expertise im Direct-to-consumer (DTC)-Marketing profitieren. Wie passt das zum Straumann-Image?

Utz: DrSmile ist ein führender Anbieter für Aligner-Therapie in Europa, mit einem breiten Netzwerk an selbstständigen Partnerpraxen. Es ergänzt Straumanns existentes Aligner-Geschäft und die klinische Expertise der Partnerpraxen mit hoher Expertise im Bereich des Direct-To-Consumer Marketings und digitaler Prozesse. Es handelt sich dabei um eine kooperative Zusammenarbeit mit freien Behandlern. Mit deren Anspruch hinsichtlich eines zahnmedizinischen Standards gibt es eine klare Distanzierung zu “Do-it-yourself”-Ansätzen anderer Anbieter, die zum Beispiel mit Abdrucksets direkt mit dem Patienten arbeiten, ohne Einbezug eines Behandlers. Das Modell ist daher streng genommen kein „Direct-to-Consumer“- Modell.

„DrSmile versteht es sehr gut, unterschiedliche Zielgruppen von Endverbrauchern mit passenden Inhalten zu erreichen.“

Grundsätzlich kann man erkennen, dass immer mehr Menschen den Wunsch nach schönen, geraden Zähnen realisieren möchten. Das Team von DrSmile hat im DTC-Marketing eine sehr hohe Expertise. DrSmile versteht es sehr gut, unterschiedliche Zielgruppen von Endverbrauchern mit passenden Inhalten vornehmlich über digitale Kommunikationskanäle zu erreichen. Durch die breit angelegte zielgerichtete Kommunikation wird viel für die allgemeine Bekanntheit der Aligner-Therapie getan – hier sehen wir sehr viel Potenzial für weiteres Wachstum in den kommenden Jahren bei einer noch breiter angelegten, zielgerichteten Kundenansprache.

Wie genau ist der Zahnarzt eingebunden? Macht er den Scan? Checkt er den Scan? Er übernimmt die Behandlungsplanung?

Utz: Der Intraoral-Scan wird, wie in den meisten Praxisbetrieben, meist von geschulten Zahnarzthelfern/innen übernommen. Der Zahnarzt prüft dann den Scan und verfolgt dabei eine standardisierte Anamnese und medizinische Aufklärung des Patienten, die im Bedarfsfall auch durch Röntgenaufnahmen unterstützt wird. Nach der Eignungsprüfung für die Aligner-Therapie ist der Zahnarzt verantwortlich für die Behandlungsplanung und steht im ständigen Austausch mit dem Planungsteam.

Nach welchen Kriterien sollen sich Zahnärzte künftig für welches System entscheiden? Kann er zum Beispiel auch mit DrSmile alleine ein zweites Standbein aufbauen?

Utz: Die Kernfrage für potenzielle Partnerpraxen ist, ob sie sich Unterstützung in der Patientenakquise wünschen und natürlich, ob Kapazitäten für die entsprechenden Patienten in der Praxis vorhanden sind. Mehr als 50 Partnerpraxen arbeiten bereits in unterschiedlichen Kooperationsmodellen mit DrSmile. Wie gesagt, viele dieser Zahnärzte arbeiten auch parallel mit anderen Aligner-Systemen.

Wie viele Zahnarztbesuche sind bei DrSmile vorgeschrieben?

Utz: Nach der Erstanamnese vor Ort wird eine umfängliche Therapie-Aufklärung und klinische Eignungsfeststellung durch den Zahnarzt vor Ort und entsprechend versiertes zahnmedizinisches Personal in der Praxis sichergestellt. Der Behandlungsfortschritt wird dann wöchentlich von den Patienten mit Fotos und medizinisch-anamnestischen Fragebögen über eine Monitoring-App dokumentiert. Im monatlichen Turnus ist dieser Kontrolltermin umfangreicher. Hierbei ist nicht zwangsläufig immer ein Besuch vor Ort in der Zahnarztpraxis notwendig. Das erfahrene Ärzteteam wertet die Daten zunächst digital aus und gibt direktes Feedback. Bei Auffälligkeiten oder unzulänglicher Bewertungsgrundlage wird der/die Patient/in gebeten, zeitnah einen vor-Ort Termin in der Praxis wahrzunehmen.

Wird Straumann Studien über den langfristigen Behandlungserfolg ins Auge fassen?

Utz: Ja, ein Programm für klinische Studien im Bereich der Kieferorthopädie ist in Vorbereitung. Wir sind dabei, Studien zu ClearCorrect in verschiedenen Einrichtungen weltweit durchzuführen. Dabei geht es auch darum, neue Materialien und Features zu testen, bevor wir sie final im Markt einführen.


Der Interviewpartner

Andreas Utz Straumann

© Privat

Andreas Utz, Geschäftsführer Straumann Deutschland