Vermischtes

Bachelor-Studium für die DH

Im Oktober soll es losgehen. Dann startet in Köln der Bachelor-Studiengang „Dentalhygiene und Präventionsmanagement“. Der duale Studiengang der praxisHochschule für Gesundheit und Soziales ist ein Pilotprojekt, das durchaus kritisch gesehen wird.


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Die Akademisierung der Ausbildung zur Dentalhygienikerin (DH) erfolgt in Kooperation der praxisHochschule (ein Unternehmen der Klett Gruppe) mit der Careum Stiftung Zürich. Der Bachelor-Studiengang wird für ZFA mit Berufserfahrung berufsbegleitend für zwei Jahre und alternativ in 36 Monaten ausbildungsintegrierend für Auszubildende zur ZFA angeboten .

Aufgebaut ist der Studiengang nach dem Modulsystem. Einmal im Monat ist für eine Woche Präsenzunterricht. Ansonsten wird das Prinzip des problemorientierten Lernens verfolgt. Im Mittelpunkt stehen dabei praxisnahe Problemfälle und Cases, anhand deren die Studenten unter der Supervision von Wissenschaftlern und Praxisexperten Lernziele formulieren, diese eigenständig in Kleingruppen erarbeiten und abschließend zur Lernerfolgskontrolle wieder zusammenkommen. So wird der klassische Frontalunterricht reduziert und das eigenständige und eigenverantwortliche Lernen des Studenten gefördert.

Um an der praxisHochschule in Köln studieren zu können, ist das Abitur nicht zwingend notwendig. Auch beruflich Qualifizierte, bei denen Berufsausbildung, mindestens dreijährige Berufstätigkeit und angestrebter Studiengang einander fachlich entsprechen, werden zugelassen, ebenso wie alle anderen beruflich Qualifizierten mit mindestens zweijähriger Berufsausbildung und dreijähriger beruflicher Erfahrung, wenn sie das Eignungsfeststellungsverfahren der praxisHochschule bestanden haben.

Studienkosten werden von Praxispartnern übernommen

Das Studium kostet 600 Euro pro Monat. Im Rahmen des dualen Studiums wird dieser Betrag in der Regel von den Ausbildungseinrichtungen bzw. Praxispartnern übernommen. Im Falle des berufsbegleitenden Studiums können diese Kosten von den Arbeitgebern als Weiterbildungskosten getragen und steuerlich geltend gemacht werden.

Ziel des Studiengangs ist es, nicht nur manuell geschickte DHs auszubilden, die in ihrer Praxis im Bereich Prophylaxe arbeiten. „Wir wollen die Studentinnen dazu befähigen, eine eigene Prophylaxeabteilung in der Zahnarztpraxis zu führen und zu organisieren – auch kaufmännisch“, sagt Dr. Werner Birglechner, Geschäftsführender Gesellschafter der praxisHochschule. Deshalb werden in verschiedenen Modulen auch Kompetenzen in Mitarbeiterführung sowie Grundlagen der BWL vermittelt.

Eine Befürchtung entkräftet Birglechner direkt: „Wir halten uns an alle Delegationsbestimmungen des Zahnheilkundegesetzes und haben keine Intention, in diesem Bereich etwas aufzuweichen.“

BZÄK sieht Akademisierung kritisch

Trotzdem steht die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) der Akademisierung des Berufsbildes Dentalhygienikerin durch den Bachelor-Studiengang kritisch gegenüber. „Da die Fortbildungsinstitute der (Landes-)Zahnärztekammern seit Jahrzehnten hervorragende DH-Kurse auf der Basis einer soliden Grundausbildung in einem anerkannten Beruf anbieten, halte ich den Bachelor-Studiengang Dentalhygiene für überflüssig. Damit wird eine höhere Qualifikation suggeriert, in der Praxis wird aber das Gegenteil der Fall sein. Das Zahnheilkundegesetz lässt zudem keine anderen Tätigkeiten zu als bei der Kammer-DH, der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) wird beide auf der gleichen Stufe 6 verorten“, sagt Dr. Michael Sereny, Vorstandsreferent der BZÄK in den Ausschüssen Aus- und Fortbildung Zahnmedizinische Fachangestellte ZMV, ZMF, ZMP und DH.

Für die BZÄK zeichnet sich eine gute DH nicht nur durch theoretische, sondern vor allem auch praktische, kommunikative und soziale Kompetenzen aus. Da helfe ihr eine verschulte/theoretische/universitätslastige Ausbildung überhaupt nicht. „Die Entwicklung hin zu einem rein universitären Bachelor Dentalhygiene ist ein Rückschritt – sowohl bezogen auf das didaktische Konzept als auch auf die Qualität der Patientenversorgung“, glaubt Sereny.

Die BZÄK sieht das Problem, dass es für Absolventen des Studiengangs unklar sei, welche Berufschancen sie am Ende ihrer Ausbildung haben. „Da keinerlei Erfahrungen über die Praxisfähigkeit vorliegen, erwarte ich bei den Praxen eher Zurückhaltung und Skepsis. Ob sich dann die hohen Kosten für das Studium refinanzieren lassen, ist ebenfalls unklar, der Schritt zu einem Zahnmedizinstudium an einer Privatuniversität ist dann gar nicht mehr so weit“, sagt Sereny.

Irene Thiesen, Diplom-Dentalhygienikerin und Präsidentin des Berufsverbandes Deutscher Dentalhygienikerinnen (BDDH), findet die Akademisierung der arztbegleitenden Berufe prinzipiell gut. „Um dem wachsenden Bedarf an Gesundheitsleistungen auch in Zukunft gerecht zu werden, benötigen wir gut ausgebildete Mitarbeiterinnen, die den Zahnärzten verantwortlich und kompetent Teile ihrer Arbeit abnehmen können.“ Lieber wäre ihr aber ein klar definiertes Berufsbild der DH, um daraus eine akademische Ausbildung abzuleiten.

System der Aufstiegsfortbildung zur Dentalhygienikerin

Was die Befähigung der Bachelor-DH betrifft, eine Prophylaxeabteilung zu führen, sagt Thiesen: „Sicher ist die DH befähigt und in der Lage, eine Prophylaxeabteilung in der Praxis organisatorisch und inhaltlich gut zu führen – mit oder ohne Bachelor-Abschluss.“

Bei der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe ist man grundsätzlich von dem System der Aufstiegsfortbildung, also dem Weg von der Ausbildung zur ZFA über Fortbildungsstufen mit Praxiserfahrung bis hin zur Dentalhygienikerin, überzeugt. „Über diesen Weg erlangen unsere Mitarbeiterinnen diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten, die in den Praxen für die Patientenbehandlung notwendig sind“, sagt Dr. Klaus Bartling, Präsident der Zahnärztekammer (ZÄK) Westfalen-Lippe.

Gleichzeitig sieht die ZÄK, dass man jungen Menschen mit Bildungspotenzial Anreize geben müsse, auf kürzeren Wegen einen qualifizierten Abschluss zu erlangen. Man wolle dieses Fachkräftepotenzial nicht missachten. „Wir Zahnärzte stehen bei der Gewinnung von Fachkräften, die wir dringend brauchen, im Wettbewerb mit der Industrie, dem Handel, Dienstleistern und auch mit anderen Gesundheitsberufen.“ Der Bedarf an hochqualifiziertem Personal zur Erbringung der delegierbaren Handlungsschritte ist abzusehen. Deshalb habe die Kammerversammlung in Westfalen-Lippe im Mai dieses Jahres die ausbildungsbegleitende oder weiterbildende akademische Ausbildung zur „Bachelor-DH“ befürwortet, sofern die Rahmenbedingungen für eine qualifizierte Ausbildung stimmen.

Bachelor Dentalhygienikerin

„Dies ist nicht ganz einfach. Sich allein auf die wissenschaftliche Vermittlung von Lehrstoff zu berufen, wäre zu kurz gedacht. Für die ,Bachelor-DH‘ braucht man eine geeignete Infrastruktur, die nachhaltig praxisrelevantes und professionelles Niveau vermittelt. Die Ausbildung in der Praxis, zusammen mit geeigneten Zahnärzten, ist sehr wichtig“, betont Hans-Joachim Beier, Vorstandsreferent Zahnarzt der ZÄK Westfalen-Lippe.

Die Ausbildung der ersten Gruppe von 24 Studentinnen zum Bachelor-DH soll im Oktober starten. Abhängig ist das von der noch nicht erteilten staatlichen Anerkennung für die private Hochschule durch das Bildungsministerium und das Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen. Für den Fall der Verzögerung hat die praxisHochschule in Köln allerdings bereits Übergangslösungen erarbeitet.

Mehr Infos zu dem DH-Studiengang gibt es online oder unter der Hotline 0800 723871.

www.praxishochschule.de