Mitarbeiterführung

Mitarbeiter richtig führen und fördern

Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital – der Chef profitiert aber nur dann von den Qualitäten seiner Angestellten, wenn er sie richtig einsetzt und fördert. Mit einigen einfachen Maßnahmen kann der Zahnarzt das gesamte Potenzial seines Teams abrufen.


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Eigentlich könnte alles so schön sein: Die Praxis ist technisch auf dem neuesten Stand, die Arbeit macht Spaß und und das Wartezimmer ist gut gefüllt. Wenn da nicht die kleinen Irritationen in den täglichen Abläufen wären, die einen perfekten Arbeitstag mit dem berühmten Wermutstropfen vermiesen. Zum Beispiel die flapsige Bemerkung einer Mitarbeiterin am Empfang gegenüber einer Patientin, die fehlenden Informationen zur Zahnfarbe einer Restauration für das Labor oder der verzweifelte Blick der Assistenz am Stuhl, die unter Stress zum wiederholten Male sichtbar nervös agiert. In einer Zahnarztpraxis fallen eine Vielzahl an Aufgaben und Pflichten an und nicht jeder kann alles können. Und auch wenn man eigentlich von seinen Mitarbeitern und deren Kompetenzen überzeugt ist, gibt es doch immer noch Verbesserungspotenzial. Der Zahnarzt sollte stets erwägen, ob der eine oder andere im Team vielleicht einfach nicht mit dem für sie oder ihn optimalen Aufgabengebiet betraut ist. Wer seine Mitarbeiter ihren Neigungen gemäß einsetzt, fördert den eigenen Praxiserfolg und hilft damit auch sich selbst.

Stärken stärken und Schwächen schwächen

Aus einem Maultier wird niemals ein Rennpferd – das gilt übrigens auch umgekehrt und ist keinesfalls abwertend gemeint. Beide haben ihre Stärken. Aber ein Vollblüter würde als Lasttier ebenso versagen wie sein robuster Verwandter auf der Rennbahn. Das lässt sich auf die Zahnarztpraxis übertragen. Eine belastbare, aber eher introvertierte Kraft, die sich schwertut mit Smalltalk und dem Umgang mit Menschen, ist vermutlich am Empfang nicht optimal eingesetzt. Das Gleiche gilt für die kommunikationsstarke ZFA, die nie ein Gesicht oder einen Namen vergisst, bei den Patienten überaus beliebt ist, der aber der Schweiß ausbricht, wenn bei einer Wurzelkanalbehandlung etwas Unvorhergesehenes geschieht oder zwei Schmerzpatienten in den Plan integriert werden müssen. Dem Praxischef sollte es nicht unangenehm sein, diese Dinge anzusprechen – die Skepsis darüber, ob Veränderungen die Situation verbessern, ist meist unbegründet. Aus Beratersicht ist es ohne Zweifel empfehlenswert, aktiv zu werden. Das eigene Praxisteam ist möglicherweise offener für einen „Aufgabentausch“, als man vermuten würden.

Die Mitarbeiter ihren Neigungen gemäß einzusetzen ist ein guter Anfang, aber kein Selbstläufer für einen reibungslosen Ablauf. Vielmehr muss der Chef in der Folge dafür sorgen, dass diese Maßnahme von den Mitarbeitern auch richtig verstanden wird und die gewünschten Impulse auslöst. Der denkbar ungünstigste Fall träte ein, wenn die Angestellten die Veränderung dahin gehend interpretieren, dass sie sich nun weniger anstrengen müssen, weil ihr neues Aufgabengebiet ihren persönlichen Fähigkeiten und Vorlieben eher entspricht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Mitglieder eines Teams ihren Stärken gemäß einzusetzen muss immer ein Ansporn zu noch besseren Leistungen sein. Das muss der Praxischef deutlich kommunizieren – denn optimal ist es, Stärken zu stärken und Schwächen zu optimieren.

Jeder Mensch hat für bestimmte Themen ein stärker ausgeprägtes Interesse und verspürt deshalb auch einen „natürlichen Antrieb“, diese zu vertiefen. In der Hirnforschung ist dieser Effekt bekannt. Das Gehirn stellt sich auf unterschwellig vorhandene Bedürfnisse ein. Das Ergebnis: eine Neigung, die die Grundvoraussetzungen dazu schafft, dass dem Begünstigten bestimmte Dinge leichter fallen als andere. Ob die potenziell möglichen Erfolge dann auch wirklich eintreten, ist eine Sache der inneren Einstellung.

„Solche Dinge habe ich mir noch nie merken können. Ich bin eher der praktisch veranlagte Typ.“ Aussagen dieser Art werden oft als Totschlagargument angeführt, um bestimmte Aufgaben nicht übernehmen zu müssen. Fakt ist jedoch: Es mag zutreffen, dass jeder Mensch über unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeiten verfügt – aber in jedem Beruf gibt es auch Notwendigkeiten, die mithilfe von etwas Disziplin beachtet werden können und müssen. Wer dies nicht von seinen Angestellten einfordert, gerät schnell in ernsthafte Schwierigkeiten. Hier seien als Beispiele die zahlreichen Vorschriften zu Hygiene und Dokumentation genannt. Die hiermit verbundenen Pflichten müssen zuverlässig erfüllt werden. Kann sich der Praxischef nicht darauf verlassen, dass seine Mitarbeiter die ihnen zufallende Verantwortung ernst nehmen, wird der Praxis unter Umständen ein spürbarer wirtschaftlicher Verlust entstehen – vom Imageschaden ganz zu schweigen. Deshalb ist es extrem wichtig, dass jeder Mitarbeiter willens ist, sich auch den Aufgaben mit Sorgfalt zu widmen, die ihm nicht so leicht von der Hand gehen. Die Bereitschaft, durch Engagement und Hartnäckigkeit die eigene Leistung zu steigern, setzt ein sogenanntes „flexibles Selbstbild“ voraus.

Um auf das Beispiel der beiden Angestellten am Empfang und im Behandlungsraum zurückzukommen: Nehmen wir an, die kommunikationsbegabte Mitarbeiterin würde, ihren Neigungen entsprechend, an der Rezeption eingesetzt und ihren Platz bei der Stuhlassistenz nähme die etwas spröde, aber stressresistente Kollegin ein. Für ein flexibles Selbstbild würde zum Beispiel sprechen, dass die neue Dame am Empfang nun, da sie ihre Talente in den Praxisalltag einbringen kann, dennoch an ihren Schwächen feilt – beispielsweise indem sie ihre fehlende Affinität zu moderner Technik dadurch verbessert, dass sie eine Schulung für den elektronischen Terminplaner in Angriff nimmt. Im Gegensatz dazu steht ein „statisches Selbstbild“. Dies träfe auf die ehemalige Mitarbeiterin am Empfang zu, wenn sie, obwohl ihre Fähigkeiten im Behandlungsraum optimal zum Tragen kommen, nicht bereit wäre, ihren Hang zur Unachtsamkeit bei der täglichen Desinfektion abzustellen. Der Grund für ihren nicht vorhandenen Willen zur Veränderung liegt darin, dass sie davon ausgeht, ihre Nachlässigkeit sei quasi „genetisch vorprogrammiert“. Wahr ist aber, dass auch hier Übung den Meister macht. Wie beispielsweise bei Berufsmusikern ist es auch in der Zahnarztpraxis möglich, dass bestimmte Abläufe durch regelmäßige Wiederholung in Fleisch und Blut übergehen.

Loben, aber richtig

Ein Zahnarzt kann von seinen Angestellten also verlangen, dass diese bereit sind, an sich zu arbeiten. Die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass diese Bereitschaft auch von Dauer ist, ist wiederum Chefsache. Hierzu bedarf es einer Kombination aus Ansporn und Lob – und zwar regelmäßig. Anreizsysteme wie bei der leistungsgerechten Entlohnung können förderlich sein. Aber auch die motivierende Kraft eines Lobs ist nicht zu unterschätzen, denn wer es mit dem schwäbischen Sprichwort „nicht geschimpft ist genug gelobt“ hält, irrt sich. Der Knackpunkt bei diesem Thema ist das strategisch richtige Loben, wodurch flexible Selbstbilder gefördert werden. Im Mittelpunkt des Lobs stehen also die Fortschritte des Mitarbeiters seine „Schwächen“ betreffend, nicht etwa die Vorteile, die die Praxis aus seinen Neigungen zieht. Kontraproduktiv wäre demnach zum Beispiel: „Frau Müller, mit ihrer charmanten Art sind Sie die beste Marketingmaßnahme für unsere Praxis.“ Zielführend wäre hingegen: „Frau Müller, schön dass Sie sich so gut in den elektronischen Terminkalender eingearbeitet haben. Dank Ihrer guten Planung habe ich kaum noch Leerläufe. Sind Sie an einer weiteren Fortbildung zu diesem Thema interessiert?“

In der Regel nützt ein Lob eher, als dass es schadet, aber es gibt besondere Situationen, die spezielle Vorgehensweisen erfordern. Ein Beispiel: Ein Praxischef hat sich vorgenommen, seine Mitarbeiter zukünftig durch ein Lob an der richtigen Stelle zu motivieren. Den guten Vorsätzen lässt er sogleich Taten folgen. Als er seine neue ZFA mit zwei ihrer Kolleginnen antrifft, scheint ihm die Gelegenheit günstig. Überschwänglich drückt er seine Freude darüber aus, dass sie sich in der kurzen Zeit schon so umfassend in ihr neues Aufgabengebiet eingearbeitet hat. Abgesehen davon, dass sich die „Neue“ in dieser Situation merklich unwohl fühlt, wundert sich der Chef, dass seine altgedienten Mitarbeiter in den nächsten Tagen seltsam einsilbig reagieren und nicht mehr als „Dienst nach Vorschrift“ verrichten. Dies ist nicht weiter verwunderlich. Das Lob für die „Neue“ ist für deren Kolleginnen, die sie eingearbeitet und ihr den Rücken frei gehalten haben, ein Ärgernis. Schließlich bemühen sie sich schon viel länger darum, ihre Pflichten sorgfältig zu erfüllen, und haben der Kollegin ihren guten Start erst ermöglicht. Hier gilt also: Ein Einzellob sollte auch immer nur dem Einzelnen gegenüber ausgesprochen werden. Ein Lob, das die Leistung des Teams betrifft, sollte hingegen im Beisein des ganzen Teams kommuniziert werden. Auf diese Weise wird die Motivation der Mitarbeiter gestärkt, ohne Missgunst zu schüren oder in Fettnäpfchen zu treten

Bei weiterführenden Fragen zu den Themenbereichen Leistungsgerechte Entlohnung, Führungsstile und Mitarbeitergespräche stehen Christian Henrici und sein Team zur Verfügung.
Opti Zahnarztberatung, Gartenstraße 8, 24351 Damp, 04352 956795, www.opti-zahnarztberatung.de

 Dipl.-Kfm. Christian Henrici
ist Mitbegründer und Geschäftsführer der OPTI Zahnarztberatung GmbH. OPTI hat sich auf Betriebswirtschaft, Organisation, Marketing sowie Führung & Personal für die Zahnarztpraxis spezialisiert. Henrici schreibt regelmäßig Fachbeiträge und ist Autor des Buchs „Wer braucht schon gutes Personal?“.
Kontakt: henrici@opti-zahnarztberatung.de