Mitarbeiterführung

Der anspruchsvolle Patient

Patienten zahlen heute immer mehr Leistungen aus eigener Tasche. Daher fühlen sie sich zunehmend als Kunden, die auch besten Service erwarten. Wer diesen Trend als Chance erkennt, stellt seine Praxis zukunftssicher auf. Der erste Teil des zweiteiligen Artikels informiert über diese große Patientengruppe und ihre Ansprüche.


Der anspruchsvolle Patient

Der anspruchsvolle Patient © Tyler Olson/shutterstock


Patienten, die ehrfürchtig im Behandlungsstuhl einem Therapieplan lauschen, ab und zu nicken und sich ohne Widerworte oder Nachfragen in ihr Schicksal fügen – das ist ein Bild, das entweder einer nostalgischen Erinnerung entspringt oder zumindest Seltenheitswert hat. Denn als Halbgötter in Weiß haben Zahnärzte weitgehend ausgedient. Das heißt aber nicht, dass Patienten heute keinen Respekt mehr vor ihren Behandlern haben. Vielmehr hat sich die Anspruchshaltung gegenüber der Zahnarztpraxis verändert. Neben einer optimalen medizinischen Behandlung erwarten die viele Leistungen selbst zahlenden Patienten heute einen auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen, individuellen Service. Zahnärzte, die diese Erwartung erfüllen, sind auf dem besten Weg, ihre Praxis zukunftssicher zu gestalten.

Nah und gut?

Viele Behandler scheuen die Veränderung und möchten sich lieber auch weiterhin ausschließlich auf „Bewährtes“ verlassen. Und tatsächlich verfügen nicht wenige Praxen bereits über einen soliden Patientenstamm. Aber während sich ein Praxisbetreiber vor einigen Jahren noch wirklich darauf verlassen konnte, größtenteils Patienten im Einzugsgebiet zu behandeln, steht räumliche Nähe bei der Suche nach einem passenden Zahnmediziner heute immer seltener im Vordergrund. Das liegt nicht nur daran, dass Entfernung in der mobilen Gesellschaft keine große Rolle mehr spielt.

Weiche Faktoren wie aufmerksames Personal, eine sympathische und professionelle Außendarstellung oder eine umfassende Beratung gewinnen zunehmend an Bedeutung. Das heißt: Der Zahnarzt wird vermehrt zum Dienstleister , bei dem sich die Patienten wohlfühlen möchten. Ein Aspekt kommt dabei besonders zum Tragen: Die demografische Entwicklung in Deutschland geht dahin, dass die Gruppe der sogenannten „Best Ager“ stetig größer wird.

Immer mehr “Best Ager”

Bis 2020 werden 47 Prozent aller Deutschen über 50 Jahre alt sein. Zum Vergleich: 2008 lag der Anteil dieser Altersgruppe noch bei 39 Prozent. Bildlich gesprochen wird die Bevölkerungspyramide mit breiter Basis zum Weihnachtsbaum mit schmalem Stamm. Von dieser Entwicklung ist Deutschland im Vergleich zu anderen OECD-Ländern im besonderen Maß betroffen, weil die Geburtenzahlen seit dem Ende der 1960er Jahre kontinuierlich sinken. Für Zahnärzte lohnt es sich deshalb, sich intensiv mit der Patientengruppe 50+ zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang unterläuft jedoch manchen Praxisbetreibern ein Fehler in der Kommunikation.

Wie der Name schon sagt, fühlen sich „Best Ager“ durchaus im besten Alter und möchten nicht als biedere Senioren wahrgenommen und angesprochen werden. Im Gegenteil: Diese Patienten sind besonders gesundheits- und schönheitsbewusst, pflegen gesellschaftliche Kontakte, sind leistungsfähig, qualitätsorientiert und meist sogar vermögend. Wer denkt, dass für Menschen reiferen Alters ein attraktives Äußeres, Gesundheit und die damit verbundene Lebensqualität nicht so wichtig sind wie für die jüngere Generation, irrt sich.

Findige Praxisbetreiber kommunizieren den „Best Agern“ einfühlsam und glaubwürdig, dass sie deren Bedürfnisse ernst nehmen und verstehen, und sorgen für ein entsprechendes Leistungsangebot. Denn diese Patientengruppe wird gerne in anspruchsvolle Prothetik, Implantate, intensive Prophylaxe oder Beauty-Behandlungen wie Bleaching investieren. Das heißt auch, dass sie zunehmend ihre „Marktmacht“ als Selbstzahler in der Zahnarztpraxis einsetzen. Der Patient über 50 wählt seinen Behandler gezielt aus oder ab. Je eher sich Praxischefs auf den demografischen Wandel einstellen, desto mehr profitieren sie vom Potenzial dieser Klientel.

Der Klick zur Wunschpraxis

Eine ebenfalls entscheidende Entwicklung betrifft Patienten fast jeden Alters: Die Suche nach einer vertrauenswürdigen Praxis findet immer häufiger online statt. Das Internet sorgt für Transparenz, deshalb ist der Blick auf die Praxiswebsite vor dem ersten Anruf fast schon Normalität. Zahnärzte, die auf die „Visitenkarte im Netz“ verzichten, lassen eine bedeutsame Chance zur Patientenneugewinnung ungenutzt. Allerdings genügt es nicht, „irgendwie“ im Internet präsent zu sein. Vielmehr ist ein professioneller Standard im Rahmen der Außendarstellung ausschlaggebend für den Erfolg. Eine entscheidende Rolle spielen beispielsweise Fotos von Behandlern und Mitarbeitern. 20 Prozent aller ersten Klicks erhält die Kategorie „Team“, noch vor der Kategorie „Praxis“. Sprechen die Bilder den Nutzer an, informiert er sich näher über Philosophie und Leistungen. Ein professioneller Außenauftritt nimmt die Internetgäste an die Hand und baut Vertrauen auf, denn im Gegensatz zur fachlichen Leistung können Patienten eine sympathische Ausstrahlung, die über Fotos vermittelt wird, durchaus ein- und wertschätzen.

Niemand geht gerne zum Zahnarzt. Eine durchdachte Praxiswebsite kann jedoch helfen, Ängste im Voraus abzubauen. Zu diesem Ziel trägt auch die „Fanpage“ bei, der Auftritt der Zahnarztpraxis im Social-Media-Netzwerk Facebook. Patienten bewegen sich heute selbstverständlich innerhalb sozialer Netzwerke und bewerten den persönlichen Blick hinter die Kulissen der Zahnarztpraxis weitgehend positiv. Dienstleister wie die OPTI Zahnarztberatung GmbH setzen für einen professionellen Außenauftritt auf eine durchgehende Gestaltungslinie, zum Beispiel durch ein einheitliches Farb- und Sprachkonzept – von der Praxisbekleidung über Website, Fanpage bis hin zu den Terminzetteln. Eine konsequente Bildsprache verknüpft die Praxis im Kopf des Patienten mit Werten wie Vertrauen und Qualität.

Der informierte Patient

Die Zahnarztpraxis selbst ist nicht das alleinige Objekt der Wissbegierde heutiger Patienten. In Zeiten von Wikipedia und zahlreichen medizinischen Portalen googeln Menschen jeden Alters und unabhängig von gesellschaftlicher Zugehörigkeit nach neuen Therapieformen, Krankheiten oder anatomischem Basiswissen. Ob der informierte Patient Fluch oder Segen ist, hängt davon ab, wie der Zahnarzt mit dieser Entwicklung umgeht. Umkehrbar ist der Trend ohnehin nicht, deshalb tut der Behandler gut daran, sich damit zu arrangieren. Ein Patient, der bereits über zahnmedizinische Grundbegriffe Bescheid weiß, kann sogar dazu beitragen, das Gespräch über die Behandlungsplanung zu erleichtern. Kontraproduktiv wird die Recherchearbeit des Patienten erst, wenn er bereits mit vorgefertigten Diagnosen oder Therapien in der Praxis erscheint. Getreu dem Motto: Sind wir nicht alle ein bisschen Zahnarzt? Insbesondere, wenn er darüber hinaus sämtliche Vorschläge des Behandlers infrage stellt.

Da ist wiederum der Zahnarzt als Dienstleister gefordert, der nicht nur für die Mundgesundheit seiner Patienten verantwortlich ist, sondern auch die eigene Kommunikationsstärke verbessern muss – wenn nötig mit der Unterstützung spezieller Berater. Der Umgang mit informierten Patienten gehört ebenfalls zu diesem Kompetenzbereich. Daten aus dem Internet per se als Unsinn darzustellen, ist wenig zielführend. Stattdessen muss der Behandler dem Patienten verständlich und vor allem geduldig erklären, welche Quellen aus welchem Grund unseriös sind.

Suche nach Profil

Moderne Patienten suchen „ihren“ Zahnarzt selbstbewusst nach individuellen Gesichtspunkten aus. Doch auf welcher Grundlage sollen diese Entscheidungen getroffen werden? Die meisten Praxen unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum voneinander, da sie ähnliche Leistungen anbieten. Dabei existiert eine Fülle von Möglichkeiten, sich vom grauen Einerlei abzuheben und dem Wunsch der Patienten nach individueller Betreuung nachzukommen. Patienten, die beruflich sehr gefordert sind, legen beispielsweise Wert auf flexible Öffnungszeiten, während Familien einen fähigen Kinderzahnarzt zu schätzen wissen. Auch Praxen, die besonders sensibel mit Angstpatienten umgehen, sind stark nachgefragt.
Eines ist dabei jedoch wichtig: Zahnarzt und Team müssen besondere Angebote auch kommunizieren. Dazu gehören zum Beispiel Leistungen im Zusammenhang mit ästhetischer Zahnmedizin, wie Veneers oder Bleaching. Die Patienten von heute haben nachweislich ein verstärktes Interesse an gesunden, schönen Zähnen und nehmen Beauty-Behandlungen gern in Anspruch, wenn sie wissen, dass ihr Zahnarzt diese anbietet.

Fest steht: DEN einen Patienten gibt es zwar nicht, ein wachsendes Interesse an medizinischen Leistungen und die Bereitschaft, in Gesundheit und Wohlbefinden zu investieren, sind jedoch unzweifelhaft vorhanden. Im zweiten Teil des Artikel werden konkrete Maßnahmen zur Patientenneugewinnung und -bindung vorgestellt.

Thies Harbeck
leitet als Mitglied der Geschäftsleitung das operative Geschäft der OPTI Zahnarztberatung GmbH. OPTI unterstützt Praxen deutschlandweit in den Bereichen Betriebswirtschaft, Organisation, Marketing, Praxisanalyse, Führung und Personal. harbeck@opti-zahnarztberatung.de