Subjektive Zufriedenheit der Patienten

So werden ihre Patienten zufriedener

Die Mundpropaganda ist zweifelsfrei die beste Werbung für eine Zahnarztpraxis. Doch diese Art des viralen Marketings beginnt nicht „einfach so“, sondern muss proaktiv gefördert werden. Entscheidend dabei ist die subjektive Zufriedenheit der Patienten als Voraussetzung einer positiven Weiterempfehlung.



Dass die Zahnarztdichte in Deutschland Jahr für Jahr zunimmt, zeigen die Zahlen, die von der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung in ihrem statistischen Jahrbuch veröffentlicht werden. Um eine solche Konkurrenzsituation zu umschreiben, verwendet man im Marketing unter anderem den Begriff „Käufermarkt“. Will heißen: Einerseits buhlen viele Anbieter um Kunden, andererseits können letztere frei wählen wann sie wo welche Produkte oder Dienstleistungen zu welchen Konditionen erwerben oder annehmen möchten.

Der Käufermarkt ist somit auch bei der Zahnmedizin in Deutschland zu einer nicht von der Hand zu weisenden Tatsache geworden. Und wie bei einem Käufermarkt üblich, sind Kunden – in unserem Fall die Patienten – von heute nicht nur besser informiert und anspruchsvoller als früher, sie nutzen die hohe Zahnarztdichte auch aus. Einst kaum vorstellbar, kann es durchaus vorkommen, dass für eine kostspielige Behandlung eine zweite Meinung respektive eine Gegenofferte eingeholt wird.

Persönliche Eindrücke

Bei den Dentalpraxen kommt erschwerend dazu, dass die Patienten eigentlich keine Ahnung haben von der fachmedizinischen Qualität, die ihnen während einer Behandlung zuteil wird. Oder haben Sie je einen Patienten Dinge sagen hören wie „der Wurzelkanal wurde besonders vorsichtig trepaniert“ oder „die Kompositfüllung wurde lege artis gemacht“? Vermutlich kaum! Aufgrund ihrer fachlichen Unkenntnis beurteilen die Patienten ihren Zahnarztbesuch mittels Ersatzargumenten, die für sie nachvollziehbar und somit verständlich sind. „Es hat gar nicht weh getan!“ „Die Behandlung hat nur zehn Minuten gedauert.“ Oder der Klassiker: „Der Zahnarzt war sehr freundlich.“

Man mag solche Kommentare als nebensächlich abtun, doch dies wäre ein riesiger, überheblicher Fehler! Denn die persönlichen Eindrücke des Patienten sind für diesen absolut real und relevant, und man mag es wahrhaben wollen oder nicht, aber es ist ausschließlich diese subjektive Wahrnehmung, die der Grund für die Zufriedenheit (oder auch Unzufriedenheit) der Patienten ist. Womit wir wieder bei der Mundpropaganda wären, die ausschließlich von einem überaus zufriedenen Patienten ausgeht. Ein „Na-ja-ist-ok-Patient“ wird seinen Zahnarzt kaum weiterempfehlen, und wenn er oder sie das tut, dann mit wenig Überzeugungskraft.

Einmaleins des Marketings

Das Einmaleins des Marketings besagt, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung nicht nur aus dem Objekt an und für sich respektive aus der Kernleistung besteht, sondern aus einer Vielzahl an ergänzenden Maßnahmen und Kriterien. Für die Dentalpraxis bedeutet dies, dass die zahnmedizinische Intervention am Patienten durchaus die Hauptleistung darstellt, diese aber von zusätzlichen Aspekten ergänzt und abgerundet wird. Der zuvorkommende Behandlung durch das Personal etwa, die Bilder der Intraoralkamera, die als Erklärungshilfe eingesetzt werden, oder das offene WLAN-Zeichen im Wartezimmer stellen solche Mehrwerte dar.

Die zuvor erwähnten Ersatzkriterien für die Beurteilung und Weiterempfehlung einer Praxis sind somit nicht aus der Luft gegriffene, subjektive Wahrnehmungsphantasien der Patienten, sondern – will man dem nachhaltigen Marketing glauben – eben echte, ergänzende Leistungselemente einer Zahnarztpraxis. Dies zu verstehen und zu verinnerlichen ist der erste Schritt, um die Zufriedenheit seiner Patienten zu steigern.

Wenn wir von der überdurchschnittlichen Zufriedenheit von Patienten sprechen, so ist das „Kundenzufriedenheitsmodell“ des japanischen Wirtschaftswissenschaftlers Noriaki Kano ein überaus interessanter Ansatz. Obwohl bereits im Jahre 1978 erarbeitet, haben die Überlegungen des Universitätsprofessors aus Tokyo nichts von ihrer Aktualität verloren und lassen sich bestens auch im Bereich der Dentalpraxen anwenden. Kano unterscheidet drei Kategorien von Leistungen, die sich in unterschiedlichem Maße auf die Kunden- und Patientenzufriedenheit auswirken, drei Ebenen, die aufeinander aufbauen.

Die Grundlage dieses Zufriedenheitsmodelles bilden die sogenannten „Basismerkmale“. Es handelt sich dabei um Leistungen, die als selbstverständlich gelten, bis sie plötzlich fehlen. Klassische Beispiele dafür sind die Stromversorgung oder das Mobilfunknetz: Niemand denkt wirklich darüber nach, bis es zu einem Stromausfall kommt oder wir in ein Funkloch fallen. Auf die Zahnarztpraxis übertragen, könnte man die Hygiene im Behandlungszimmer, aber auch die technische Praxiseinrichtung als Beispiele nennen. Beide werden heute von den Patienten der westlichen Welt als selbstverständlich vorausgesetzt.

Leistungsmerkmale

Die zweite Stufe auf dem Weg zur absoluten Kundenzufriedenheit bilden die „Leistungsmerkmale“, die im direkten Zusammenhang mit dem Bedürfnis des Patienten stehen. Wenn die Leistungserbringung – in unserem Fall die zahnmedizinische Behandlung – in Ordnung ist, dann ist auch die Zufriedenstellung gewährleistet, während eine unzureichende Leistung logischerweise zu Unzufriedenheit führt. Das Besondere an den Leistungsmerkmalen ist jedoch, dass sie trotz überdurchschnittlicher Erfüllung nicht automatisch zu einem höheren Zufriedenheitsgrad führen.

Gerade in der Zahnmedizin sollte dieser Tatsache Rechnung getragen werden. Denn wie bereits erwähnt, kann der Patient nicht wirklich beurteilen, ob eine Extraktion vorsichtiger oder eine Zahnwurzelbehandlung präziser durchgeführt worden ist oder nicht.

Im Gegenteil: Dauert eine Intervention aufgrund der überdurchschnittlichen Leistungserbringungen etwas länger, kann dies vom Patienten als negativ empfunden werden. Ganz nach dem Motto: „Mann, das hat ja ’ne Ewigkeit gedauert!“ Aufgrund der außerordentlichen Bedeutung der Patienten von heute sollte man als Zahnarzt und Praxisinhaber die sogenannten „Begeisterungsmerkmale“ des Kano-Modells anstreben. Das Besondere an ihnen ist, dass sie nicht zu Unzufriedenheit führen, sollten sie nicht vorhanden sein, jedoch eine außerordentliche Zufriedenheit hervorrufen, sollte man in den Genuss solcher Begeisterungsmerkmale kommen. Wer schon mal bei einem Interkontinentalflug von der Touristenklasse in die Businessclass „upgegradet“ wurde, kennt dieses Gefühl.

Begeisterungsmerkmale

Um Begeisterungsmerkmale zu bestimmen, muss man sich lediglich in seine Patienten versetzen und die eigene Praxis mit einem objektiven Blick von außen betrachten. Ich bin sicher, Sie kommen plötzlich auf Ideen, wie ich sie schon bei wirklich kundenfreundlichen Zahnarztpraxen gesehen habe, etwa jener Praxis, in der bei außerordentlichem und übermäßigem Stau im Wartezimmer dem Patienten ein Wertgutschein für das gegenüberliegende Kaffeehaus überreicht wird mit der Einladung, dort eine Erfrischung zu sich zu nehmen und in zwanzig Minuten wieder zurückzukommen, oder jenem Implantologen, der Chirurgiepatienten nach besonders schweren Engriffen das Taxi nach Hause bezahlt, damit sich diese nicht unter Betäubung und/oder Schmerzen hinters Steuer setzen müssen, oder ganz einfach jenem Zahnarzt, der für eine besonders komplexe und somit kostspielige Behandlung seinem Patienten einen Termin außerhalb der normalen Behandlungszeiten anbietet, zum Beispiel an einem Samstagvormittag.

Wichtig bei den Begeisterungsmerkmalen ist, dass es sich nicht um standardisierte, nach außen kommunizierte Maßnahmen handelt, sondern dass diese punktuell und individuell dem jeweiligen Patienten als etwas Außergewöhnliches angeboten werden. Und jene kritischen Geister, die jetzt einwenden, man könne doch nicht jedem Patienten das Taxi bezahlen und immer samstags in die Klinik kommen, verweise ich auf das eben Gesagte: Solche Begeisterungsmaßnahmen wendet man ja nur punktuell, in besonderen Momenten und bei wirklich speziellen Patienten an. Schließlich, und das sollte man nicht vergessen, wird man nie alle Patienten als Botschafter gewinnen können, ein paar wenige wirklich begeisterte Praxiskunden sind wesentlich effektiver.

Jedem das seine

Jeder Zahnarzt hat seinen eigenen Kopf und seinen eigenen Stil und auch jede einzelne Dentalpraxis einen eigenen Charakter. In diesem Sinne gibt es kein „Richtig“ oder „Falsch“, kein „Dies-sollte-man-tun“ und kein „Dies-sollte-man-lassen“. Das hier vorgestellte Zufriedenheitsmodell soll lediglich dabei helfen, den Patienten und seine subjektive Wahrnehmung besser zu verstehen. 

HÄNNI Daniel Izquierdo Hänni
ist Marketing- und Kommunikationsprofi, Referent und Autor im Bereich der Zahnmedizin und Gründer von www.swissdentalmarketing.com, info@swissdentalmarketing.com