Finanzen

Vertrag: Familienangehörige in der Arztpraxis

Mitarbeitende Ehepartner sind aus vielen Arztpraxen nach wie vor nicht wegzudenken. Neben Arbeitsverträgen existieren in der Beratungspraxis noch weitere Verträge mit Familienmitgliedern wie Darlehens- oder Mietverträge, die aus vielfältigen Motiven abgeschlossen werden.


Verträge zwischen Familienmitgliedern müssen sich an der Frage messen lassen, ob sie in gleicher Form und mit gleichem Inhalt auch mit fremden Dritten abgeschlossen werden könnten. Aikon, fotolia.com


Damit Vertragsverhältnisse zwischen Familienmitgliedern vom Finanzamt auch anerkannt und der Besteuerung zugrunde gelegt werden, gilt es allerdings – infolge des Näheverhältnisses zwischen den Vertragspartnern – von Beginn an besondere Anforderungen zu beachten. Andernfalls drohen der Wegfall der gewünschten Steuerfolgen und eine Behandlung als private Zuwendungen, da eine nachträgliche Heilung der Fehler beziehungsweise Beseitigung der Mängel regelmäßig nicht akzeptiert wird.

Falls der Ehepartner ohnehin in die Praxisabläufe und laufenden Verwaltungsarbeiten eingebunden ist oder eine medizinische Qualifikation mitbringt, liegt eine offizielle Anstellung auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags nahe. Auf diese Weise können Personalkosten eingespart werden und der Praxis‧inhaber wird aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses und der gleichgerichteten Motivation in zusätzlichen Arbeitsbereichen entlastet. Hinzu kommen weitere Vorteile für den Ehegattenarbeitnehmer, wie die Absicherung in der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung durch ein eigenes Arbeitsverhältnis. Nicht zuletzt lassen sich aber auch Steuerersparnisse auf diesem Wege erreichen, etwa indem neben dem Betriebsausgabenabzug in der Praxis zusätzlich der Arbeitnehmerpauschbetrag beim Ehepartner in Höhe von 1.000 Euro abgezogen werden kann, lohn- und sozial‧versicherungsfreie Zuwendungen an Arbeitnehmer gewährt werden können oder eine pauschalierte Lohnbesteuerung ermöglicht wird, deren Prozentsatz unter dem persönlichen Steuersatz des Ehepaars liegt.

Mit anderen Verträgen, wie beispielsweise Darlehensverträgen, lassen sich ebenfalls Steuervorteile erzielen, indem Einkünfte auf andere Familienmitglieder mit niedrigerer Steuerbelastung verlagert werden. Beispielsweise können Kinder oder bereits pensionierte Eltern dem Praxisinhaber ein Darlehen gewähren. Die Darlehenszinsen mindern auf der einen Seite den Praxisgewinn und werden auf der anderen Seite, im Falle von Einkünften unter dem Grundfreibetrag, gegebenenfalls gar nicht oder nur gering mit Steuern belastet.

Erhebliche Steuervorteile können auch im Bereich von Mietverhältnissen generiert werden. Falls eine Praxisimmobilie gekauft werden soll, kann mittels eines Kaufs durch ein anderes Familienmitglied die steuerliche Zuordnung zum Betriebsvermögen verhindert werden, sodass nach Ablauf eines Zehnjahreszeitraums Wertsteigerungen nicht mehr der Besteuerung unterliegen. Eine angeschaffte Eigentumswohnung oder ein Wohnhaus kann verbilligt zu mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete an beispielsweise Kinder überlassen werden und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug.

Kritische Prüfung von Familienverträgen

Grundsätzlich können Verträge auch mit Familienmitgliedern mit steuerlicher Wirkung frei gestaltet werden. Die beschriebenen Gestaltungsansätze und Steuersparpotenziale führen jedoch zu einer kritischen Prüfung der Verträge mit Familienangehörigen durch die Finanzämter, da anders als bei Vertragsverhältnissen zwischen fremden Dritten hierbei regelmäßig nicht von einem Interessengegensatz, sondern grundsätzlich von übereinstimmenden Interessen und Zusammenwirken der Familienmitglieder zur Steueroptimierung im Familienverbund ausgegangen werden kann. Vertragsgestaltungen mit dem alleinigen Ziel von Steuerersparnissen soll ein Riegel vorgeschoben werden.

Aus diesem Grund werden an die Verträge mit Familienmitgliedern besondere Anforderungen durch das Finanzamt gestellt, um diesen Verdacht zu widerlegen: Klare und eindeutige Vereinbarung der Vertragsinhalte, Vergleichbarkeit mit einem Vertrag mit einem fremden Dritten und tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses. Vorweg erfolgt zunächst noch einmal eine Klarstellung, wer zu dem Kreis der Betroffenen zu zählen ist. Steuerlich wird der Begriff der nahen Angehörigen verwendet. Hierzu zählen folgende Familienmitglieder:

  • Ehepartner, auch nach Scheidung
  • Verlobte
  • Eltern und Großeltern
  • Kinder und Enkel
  • Geschwister
  • Schwager/Schwägerin und Nichten/Neffen
  • Pflegeeltern und Pflegekinder

Angesichts der aktuellen steuerlichen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften ist von einer Einbeziehung der Lebenspartner in diesen Kreis ebenfalls auszugehen. Im Falle volljähriger und nicht mehr unterhaltsberechtigter Kinder werden hingegen nicht so strenge Kriterien angelegt.

Der Vertrag mit einem Familienmitglied muss rechtlich wirksam abgeschlossen worden und die wesentlichen Vertragsleistungen müssen von Beginn an konkret geregelt sein. Die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Vertrages verlangt nur in wenigen Ausnahmefällen (Grundstückskauf- oder Schenkungsvertrag in Verbindung mit notarieller Beurkundung) einen schriftlichen Vertrag. Aus Nachweisgründen ist eine Schriftform aber dringend anzuraten, da im Falle von Zweifeln des Finanzamts an Wirksamkeit und Inhalt eines Vertrags der Steuerpflichtige die Beweislast hierfür trägt. Mit fremden Dritten würde man schließlich regelmäßig ungern auf eine schriftliche Vereinbarung verzichten.

Von einer Rückdatierung schriftlicher Verträge ist allerdings dringend zu warnen. Im Falle späterer Änderungen oder Ergänzungen bestehender Verträge sollte auf die Beibehaltung der Schriftform geachtet werden, insbesondere wenn der Vertrag dies ausdrücklich vorsieht. Besonderheiten für deren rechtliche Wirksamkeit gelten bei Verträgen mit minderjährigen Kindern. Beispielsweise sind Arbeitsverträge mit Kindern unter 15 Jahren aus Gründen des Jugendschutzes regelmäßig nicht zulässig.

Wesentliche Vertragspflichten regeln

Die wesentlichen Vertragspflichten sind zu regeln, dass heißt bei Arbeitsverträgen müssen das Gehalt, die Tätigkeit, die Arbeitszeit, Urlaub sowie Kündigungsfristen eindeutig bestimmt sein. Der Tätigkeitsinhalt darf allerdings nicht lediglich Hilfeleistungen umfassen, die üblicherweise in Familien gegenseitig geleistet werden. Sofern keine festen Arbeitszeiten vereinbart werden, sollten allerdings Stundenaufzeichnungen für den späteren Nachweis geführt werden.

In Darlehensverträgen sind der Darlehensbetrag, die Laufzeit, Rückzahlung, Zinsen, Fälligkeiten sowie Sicherheiten festzulegen. Mietverträge benötigen eine Festlegung des genauen Mietobjekts, der Miethöhe und Fälligkeiten. Regelungen zu Nebenkosten sind empfehlenswert, deren Fehlen allein führt allerdings noch nicht zur steuerlichen Ablehnung des Vertrags. Hilfestellungen für die notwendigen Vertragspunkte können Musterverträge für die einzelnen Vertragsverhältnisse bieten, die allerdings stets für den Einzelfall zu individualisieren sind. Der geforderte Fremdvergleich ist gegeben, sofern ein Vertrag gleichen Inhalts vom Unterzeichner grundsätzlich auch mit einem fremden Dritten abgeschlossen werden würde.

Für Arbeitsverträge kann der Fremdvergleich relativ leicht bei ähnlichen Verträgen in Bezug auf die Gehaltshöhe und die sonstigen Leistungen mit anderen Praxismitarbeitern durchgeführt werden (praxisinterner Vergleich). In einem aktuellen Urteil aus diesem Jahr wurde in letzter Instanz vom Bundesfinanzhof entschieden, dass Überstunden und fehlende Stundenzettel bei einer geringfügigen Beschäftigung von Fami‧lienmitgliedern nicht automatisch zu einer steuerlichen Ablehnung führen. Auf der anderen Seite darf ein Arbeitsvertrag dem Ehepartner oder einem anderen Familienmitglied allerdings auch nicht unübliche Freiräume in der Arbeitszeitgestaltung gewähren.

Darlehensverträge sollten für eine Fremdüblichkeit bei längeren Laufzeiten entsprechende Sicherheiten wie Bürgschaften, Sicherungsübereignungen vorsehen. Die Zinshöhe sollte sich an dem aktuellen Zinsniveau von Bankdarlehen orientieren.

Die Miete in Mietverträgen hat sich grundsätzlich an die ortsübliche Miete vergleichbarer Objekte anzulehnen. Bei Mietverträgen über privaten Wohnraum ist die gesetzlich geregelte Untergrenze in Höhe von 66 Prozent der ortsüb‧lichen Miete einschließlich Nebenkosten für die vollständige steuerliche Anerkennung und den entsprechenden Abzug der Werbungskosten zu beachten.

Tatsächliche Durchführung

Nicht zuletzt muss der Vertrag in der vereinbarten Form auch tatsächlich vollzogen werden und nicht lediglich auf dem Papier bestehen. Daran fehlt es allerdings vielfach in der Realität, wodurch aufgrund leicht vermeidbarer Fehler spätestens im Rahmen einer Betriebsprüfung die infrage stehenden Verträge steuerlich rückwirkend nicht berücksichtigt werden. Entscheidender Punkt ist hier die regelmäßige Zahlung der vertraglich vereinbarten Beträge.

Für das Ehegattengehalt müssen Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführt und der Restbetrag tatsächlich ausgezahlt werden. Dazu ist ein getrenntes Bankkonto mit alleiniger Verfügungsberechtigung des mitarbeitenden Ehepartner allerdings nicht zwingend erforderlich. Ein gemeinsames Bankkonto (sog. Oder-Konto) ist vollkommen ausreichend. Für den Nachweis der tatsächlichen Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistungen sind eine entsprechende Zeiterfassung oder Stundenzettel zumindest sehr hilfreich, bei entsprechender Verpflichtung der fremden Praxismitarbeiter sogar zwingend.

Bei Darlehensverträgen ist die Zahlung der Zinsen und Tilgungen sowie bei Mietverträgen die Zahlung der Miete zu den vereinbarten Fälligkeitsterminen notwendig. Erleichterung bietet hier die Einrichtung entsprechender Daueraufträge. Bei Darlehensverträgen kann ein gewichtiges Indiz sein, dass der Finanzierungsbedarf andernfalls bei einer Bank hätte gedeckt werden müssen.

Fazit: Sofern man sich bei der Gestaltung und Durchführung von Verträgen mit Familienmitgliedern von der Überlegung leiten lässt, wie man derartige Verträge mit fremden Dritten handhaben würde, ist man grundsätzlich auf der sicheren Seite. Angesichts der besonderen Aufmerksamkeit der Finanzämter in Bezug auf diese Vertragsverhältnisse und im Rahmen von Betriebsprüfungen ist allerdings eine abschließende Prüfung durch einen Steuerberater dringend zu empfehlen, um nicht nachträglich die steuerliche Anerkennung zu verlieren. Andernfalls droht der Verlust des Abzugs der vertraglich geflossenen Beträge als Betriebsausgaben oder Werbungskosten und eine Behandlung als private Zuwendungen. Auch bereits bestehende Verträge mit Familienangehörigen sollten von Zeit zu Zeit aufgrund der Entwicklung der Rechtsprechung und sich ändernder Auffassung der Finanzämter einem Check unterzogen werden.

 Frank Kuhnert
Steuerberater und Fachberater für den Heilberufebereich (IFU/ISM gGmbH) für die VPmed Karch und Kuhnert Partnerschaft/Steuerberatungsgesellschaft in Krefeld. Er berät bundesweit Ärzte aller Fachrichtungen, Zahnärzte sowie andere Heilberufe in allen wirtschaft‧lichen, finanziellen und steuer‧lichen Fragen.
Kontakt: f.kuhnert@vpmed.de