Finanzen

Zukunft der Freiberuflichkeit

Ist das „Modell Zahnarztpraxis“ – und damit die zahnärztliche Freiberuflichkeit – noch zukunftsfähig? Folgt dem „Trend zu größeren Strukturen“ bald vielleicht sogar eine Entwicklung der Versorgung hin zu poliklinischen Strukturen? Warum muss ein Zahnarzt professionelle Managementkompetenzen haben? Wie muss sich ein Zahnarzt auf den demografischen Wandel und seine Folgen für die Bevölkerungsgesundheit einstellen? Wir haben vier ausgewiesene Experten aus unterschiedlichen Teilbereichen diese Fragen gestellt – und stellen Ihnen auf den folgenden Seiten deren spannende Antworten vor. Den Beginn macht Jan-Philipp Schmidt mit seinem Plädoyer für eine generationenübergreifende Kooperation der Zahnmediziner.



Die unabhängige Berufsausübung mit freier Therapiewahl ist eine Grundvoraussetzung der zahnmedizinischen Versorgung. Damit die Freiberuflichkeit unter den sich ändernden Rahmenbedingungen erhalten bleibt, müssen Zahnärzte aller Generationen zusammenarbeiten.
Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Gegenstand. [Paragraph 1 Absatz 2 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes]So außergewöhnlich die Freiberuflichkeit in ihrer Definition ist, so individuell muss auch die medizinische Versorgung der Menschen sein. Die unabhängige Berufsausübung mit freier Therapiewahl ist hierfür Grundvoraussetzung und hat die medizinische Versorgung maßgeblich weiterentwickelt. Die freie Berufsausübung wird jedoch in Deutschland durch komplexe Verwaltungstätigkeiten und betriebswirtschaftliche Aufgaben zunehmend eingeschränkt. Zur Erbringung fachlich unabhängiger „Dienstleistungen höherer Art“ müssen Zahnmediziner aller Generationen zusammenarbeiten und sich den ständig veränderten Bedingungen des Gesundheitssystems stellen.

Frei – aber kein Einzelkämpfer

Freiberuflichkeit heißt heute eben nicht mehr nur, als Einzelkämpfer in der eigenen Praxis niedergelassen zu sein. Durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz kann auch die Tätigkeit als angestellter Zahnmediziner eine Form der Freiberuflichkeit darstellen. Um dies sicherzustellen, müssen jedoch die Spielregeln von allen Parteien eingehalten werden: von den jungen Kolleginnen und Kollegen ebenso wie von den erfahrenen Praxisinhabern.

Die am 11. Dezember 2012 vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) veröffentlichte Studie zu den Investitionen bei der zahnärztlichen Existenzgründung zeigt, dass die Übernahme einer Einzelpraxis im Jahr 2011 mit 52 Prozent in den alten wie in den neuen Bundesländern zwar immer noch die häufigste Form der zahnärztlichen Niederlassung war, dass 34 Prozent der Existenzgründer aber die Berufsausübungsgemeinschaft (früher: Gemeinschaftspraxis) wählten. Betrachtet man die jüngeren Zahnmediziner bis 30 Jahre, so liegt dieser Anteil an Kooperationen in den alten Bundesländern sogar bei 49 Prozent [Investitionen bei der zahnärztlichen Existenzgründung 2011, Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ)] und das zeigt, dass Kooperationen und Zusammenarbeit gefragter denn je sind.

Berufskunde im Schatten

Trotz der immer komplexeren Rahmenbedingungen fristet jedoch das Thema Berufskunde leider noch immer ein Schattendasein an den zahnmedizinischen Fakultäten in Deutschland. Selbst wenn die lang erwartete neue Approbationsordnung hier eine Verbesserung und Aufwertung schaffen sollte, bleibt wohl der Wunsch vieler junger Kolleginnen und Kollegen nach einem bundesweit einheitlichen, postgradualen Curriculum zu den Themenkomplexen der freiberuflichen Niederlassung bestehen.

In jedem Fall müssen sich alle Generationen von Zahnmedizinern kontinuierlich über die Rahmenbedingungen des Systems informieren – denn nur durch aktuellstes Wissen über die Ausgestaltung der Niederlassung sowie über die betriebswirtschaftlichen, juristischen und steuerlichen Aspekte der Berufsausübung kann die Freiberuflichkeit für unsere Berufsgruppe dauerhaft gesichert werden.

Jan Philipp Schmidt ist Zahnarzt, Master of Oral Medicine in Implantology sowie zertifizierter Gesundheitsökonom mit den Schwerpunkten Standespolitik und betriebswirtschaftliche Optimierung von Praxen sowie Vorsitzender des Bundesverbandes der zahnmedizinischen Alumni in Deutschland (BdZA) und Geschäftsführer verschiedener fachlicher Institutionen.