PraxisManagement

Tücken stecken im Detail

Stiftaufbausysteme sind vielschichtig: Ob direkt oder indirekt, adhäsiv befestigt oder zementiert, mit oder ohne anschließende Kronenversorgung – es ergeben sich unterschiedliche Abrechnungsansätze. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt auf der Grundlage der Zahnersatz-Richtlinien diejenigen Befunde, für die Festzuschüsse gewährt werden.



Die Zahnersatzrichtlinie Nr. 11 besagt, dass der Versorgung mit Zahnersatz die notwendige konservierend-chirurgische und parodontale Behandlung des Restgebisses vorauszugehen hat. Tief kariöse Zähne müssen auf ihre Erhaltungswürdigkeit geprüft sein und gegebenenfalls nach Versorgung mit einer Füllung klinisch reaktionslos bleiben. Pulpatote Zähne müssen mit einer nach den Behandlungsrichtlinien erbrachten, röntgenologisch nachzuweisenden Wurzelfüllung versorgt sein. In vielen Therapiefällen erfolgt dann die Stabilisierung dieser Zähne mittels Stiftaufbau und anschließend die Überkronung.

Die Stiftaufbausysteme sind vielschichtig. Bei der Frage Stiftaufbau ja oder nein, direkt oder indirekt, adhäsiv befestigt oder zementiert, Kronenversorgung im Anschluss unumgänglich – ja oder nein, ergeben sich unterschiedliche Abrechnungsansätze.

Diese Kriterien müssen bei der Abrechnung berücksichtigt werden: (1) GKV- oder PKV-Patient, (2) Regelversorgung oder gleichartige Versorgung, (3) adhäsiv befestigt ja oder nein und (4) das Stiftaufbausystem.

Generell wird unterschieden zwischen gegossenem Stiftaufbau, konfektioniertem, metallischem Stiftaufbau und Glasfaserstiften. Entscheidend ist auch die Frage, ob der Zahn im zeitlichen Zusammenhang überkront wird oder nicht.

Der Gemeinsame Bundesausschuss in der Besetzung für die vertragszahnärztliche Versorgung nach § 91 Abs. 6 SGB V bestimmt auf der Grundlage der Zahnersatz-Richtlinien die Befunde, für die Festzuschüsse nach § 55 SGB V gewährt werden, und ordnet diesen nach § 56 Abs. 2 SGB V prothetische Regelversorgungen zu. Die dem jeweiligen Befund zugeordnete zahnprothetische Versorgung orientiert sich an den zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen – diese gehören zu einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen nach dem allgemein anerkannten Stand der zahnmedizinischen Erkenntnisse für den jeweiligen Befund.

Als reine Regelversorgung hinsichtlich des Stiftaufbaus gelten ausschließlich der gegossene sowie der konfektionierte, metallische Stiftaufbau bei konventioneller Befestigung mittels klassischer Zementierung mit anschließender Überkronung. Die Überkronung selbst kann dann aber auch im Rahmen der bekannten Kriterien eine gleichartige Versorgung sein.

Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses dürfte unbestritten sein und besagt, dass ein adhäsiv befestigter konventioneller Stift oder ein nichtmetallischer, zum Beispiel keramischer Stiftaufbau bei einem Kassenpatienten (GKV) den Festzuschuss 1.4 auslöst. Die Berechnung des Stiftaufbaus erfolgt dann als gleichartige Versorgung nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) 2012.

Wählen Versicherte einen über die Regelversorgung gemäß § 56 Abs. 2 SGB V hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, gilt als Abrechnungsgrundlage für die Mehrkosten die GOZ.

Die GOZ 2012 bietet zur Abrechnung gleichartiger Versorgungen folgende Positionen, beziehungsweise Begleitpositionen:

Die Begründungspflicht greift bei einer Faktor-Wahl zwischen 2,4- und 3,5-fachem Satz. Die Begründungen sind individuell auf die Behandlung und möglichst auf den Patienten anzupassen. Die Wertigkeit einer umfassenden Dokumentation sollte inzwischen klar sein.

Mögliche Begründungen für Aufbaufüllungen nach GOZ 2180 könnten sein:

 abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle mehrere Aufbauten in einem Zahn

 tief kariös zerstörter Zahn, abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle

 Entfernen einer Füllung

 subgingivale Ausdehnung der Kavität

 Wurzelkaries

 Mehrschichttechnik

Mögliche Begründungen für Stiftaufbauten nach GOZ 2190, 2195 könnten sein:

 verengter, gebogener oder obliterierter Wurzelkanal

 zusätzliche konfektionierte und/oder gegossene Wurzelkanalstifte

 Entfernen einer Restauration; Wurzelkaries; subgingivale Ausdehnung der Kavität

Mögliche Begründungen für adhäsive Befestigungen nach GOZ 2197 könnten sein:

 besonders aufwendige adhäsive Befestigung (subgingivale Ausdehnung der Kavität oder der Präparation; erschwerte Trockenlegung zum Beispiel bei Papillenblutung oder erhöhter Salivation)

Für folgende selbstständige Leistungen gibt es keine GOZ-Positionen und somit kommt § 6 Abs. 1 GOZ (Analogberechnung nach Art, Kosten und Zeitaufwand) zum Einsatz:

 präendodontische Versorgung zur Erhaltung des Zahns vor einer Wurzelbehandlung aufgrund einer extrem karies- oder traumabedingten Schädigung

 postendodontischer Aufbau mit Stiftaufbau ohne Krone

 vorbereitende Maßnahmen zur Stabilisierung eines umfangreich hartsubstanzgeschädigten Zahns ohne anschließende Überkronung des Zahns

 mehrfach geschichtete adhäsive Zahnstumpfrekonstruktionen (hierzu gibt es naturgemäß noch keinerlei Rechtsprechung, doch die Punktzahlen von GOZ 2180 plus GOZ 2197 sind für diese selbstständige Leistung schlicht und ergreifend unangemessen niedrig. Ferner beschreiben die Leistungsbeschreibungen von GOZ 2180 plus GOZ 2197 nicht das Vorgehen bei einer mehrfach geschichteten adhäsiven Zahnstumpfrekonstruktion. )

 definitive Versorgung eines Zahns in Kombination mit einem Stiftaufbau ohne anschließende Überkronung des Zahns

Die Erstattungsproblematik bei der Analogberechnung ist umfänglich bekannt, daher ist bereits im Beratungsgespräch dem Patienten mitzuteilen, dass eine Erstattung unter Umständen nicht vollumfänglich erfolgen wird.

Es gibt mehrere Empfehlungen für adhäsive Stiftaufbaurekonstruktionen ohne Überkronung des Zahns, zum Beispiel „Intrakanaläre Stiftverankerung in definitiver dentinadhäsiver Rekonstruktion“ entsprechend GOZ 2150, jedoch obliegt die Wahl der Analogpositionen dem jeweiligen Behandler und bleibt so individuell wie die Behandlung selbst.

Bei Analogberechnungen nach § 6 Abs. 1 GOZ ist es sinnvoll, die Analogposition und damit die Punktzahl so zu wählen, dass im Steigerungsfaktor 2,3 eine marktübliche und angemessene Gebühr entsteht. Insofern ist es dann in den allermeisten Fällen nicht notwendig, einen Steigerungsfaktor jenseits von 2,3 anzusetzen.

Interessant bleibt die Frage, inwieweit der § 28 Abs. 2 SGB V – Mehrkostenvereinbarung zur Füllungstherapie bei adhäsiven Stiftaufbaurekonstruktionen ohne Überkronung des Zahns – zum Tragen kommen könnte. Dort heißt es: „Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen.“

Auch ist nicht abschließend geklärt, ob gegebenenfalls der Festzuschuss 1.4 auch für die Versorgung ohne Krone herangezogen werden könnte. Um einen geschädigten Zahn langfristig erhalten zu können, bleibt es aufgrund neuester Techniken und Materialien strittig, inwieweit eine Überkronung überhaupt zwingend notwendig ist.

Für Stiftaufbauten ohne Überkronung gibt es mehrere Empfehlungen.

Susanne Prinzhorn ist Gründerin des Dental-Zirkels Ostwestfalen-Lippe (OWL), ZMV in einer Zahnarztpraxis in Lemgo, Praxiscoach und Referentin. Ihre Schwerpunkte liegen im Bereich Abrechnung sowie der Organisation und Strukturierung zahnärztlicher Unternehmen. Sie ist zudem Mitautorin des Nachschlagewerks GOZ2go.