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Irreführen verboten

Die Neufassung des Heilmittelwerbegesetzes erweitert den Handlungsspielraum für Zahnärzte in Sachen Werbung. Doch Vorsicht: Es darf bei den Patienten kein Irrtum über die Wirksamkeit der zahnärztlichen Leistung oder Behandlung hervorgerufen werden.



Am 1. Oktober 2012 ist eine Neufassung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) in Kraft getreten. Diese Neufassung beruht weniger auf der Kreativität des Gesetzgebers als vielmehr darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland bereits seit geraumer Zeit im Verzug mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2011/83/EG war. Diese Richtlinie normiert die europäischen Regelungen für die Werbung mit Human-arzneimitteln. Da im Heilmittelwerbegesetz aber die Werbung nicht nur für Arzneimittel geregelt ist, sondern ebenso für Medizinprodukte und medizinische Behandlungen, hat die Neuregelung auch Auswirkungen für die zahnärztliche Werbung.

Das Heilmittelwerbegesetz ist in den vergangenen Jahren immer wieder als gesetzliche Grundlage für die Abmahnung zahnärztlicher Werbung beispielsweise der Praxishomepage herangezogen worden. Der Zahnarzt, der eine Praxishomepage unterhält, wirbt für sich, seine Praxis und die dort durchgeführten zahnmedizinischen Behandlungen, sodass grundsätzlich seine Homepage auch an den Vorgaben des Heilmittelwerbegesetztes zu messen ist.

Die alte Fassung des Heilmittelwerbegesetzes hat die Werbung in Berufskleidung verboten. In der Vergangenheit wurde daher häufig über die bildliche Darstellung in Berufskleidung, also die Abbildung des Zahnarztes und seines Teams im „weißen Kittel“, gestritten. Schon in der Vergangenheit hat die Rechtsprechung dieses ausdrückliche Verbot des Heilmittelwerbegesetzes relativiert und deutlich gemacht, dass eine derartige Werbung – solange sie als Sympathiewerbung für die Praxis anzusehen ist – nicht dem Verbot des Heilmittelwerbegesetzes unterliegt.

Mit der Neufassung des Heilmittelwerbegesetzes ist diese Regelung vollständig gestrichen worden. In Bezug auf die Arzneimittelwerbung wird nun eine andere Regelung aufgenommen, wonach eine Werbung mit Personen, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können, verboten ist. Diese Regelung ist aber allein auf die Arzneimittelwerbung beschränkt und erfasst beispielsweise nicht die Internetseite oder die Praxisbroschüre eines Zahnarztes, der in Berufskleidung für sich und seine Praxis wirbt.

Werbung mit Zeugnissen und Fachbeiträgen ist erlaubt

Weggefallen ist auch das Verbot der Werbung mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen oder fachlichen Veröffentlichungen sowie dem Hinweis darauf. Auch diese Regelung war bereits durch die Rechtsprechung dahin gehend relativiert worden, dass das Verbot nur dann gelten soll, wenn tatsächlich eine mittelbare Gesundheitsgefährdung der Öffentlichkeit durch diese Werbung hervorgerufen wird. Als mittelbare Gesundheitsgefährdung wurden Fälle angesehen, in denen die Werbung zu einer Selbstmedikation des Patienten oder der Nichteinleitung eines gebotenen ärztlichen Heileingriffs Anlass gegeben hat.

Dieses Verbot ist nun vollkommen gestrichen, sodass beispielsweise auch in den Darstellungen einer Internetseite nunmehr eine Werbung mit Gutachten, Zeugnissen und wissenschaftlichen beziehungsweise fachlichen Veröffentlichungen erfolgen darf. Hierin ist jedoch keine völlige Freigabe dieser Werbemöglichkeit zu sehen, denn das Heilmittelwerbegesetz enthält andere strikte Regelungen, die nach wie vor gelten und dem Schutz der Patienten dienen. Hervorzuheben ist insbesondere § 3 Heilmittelwerbegesetz mit dem sogenannten Irreführungsverbot: Jede Werbung, die dazu führt, dass bei dem Adressaten – also dem potenziellen Patienten – ein Irrtum über die Wirksamkeit der zahnärztlichen Leistung oder Behandlung hervorgerufen wird, ist verboten.

Ergänzend ist im Bereich der Gutachtenwerbung auf § 6 Heilmittelwerbegesetz hinzuweisen. § 6 HWG legt bestimmte formale Mindestvoraussetzungen fest, die erfüllt sein müssen, wenn mit Gutachten, Zeugnissen oder wissenschaftlichen Veröffentlichungen geworben werden soll. So ist hier unter anderem nachzuweisen, dass derjenige, von dem die Veröffentlichung stammt, wissenschaftlich qualifiziert ist. Zudem sind der Name, der Beruf und die Adresse der Person, die die Stellungnahme abgegeben hat, sowie der Zeitpunkt der Erstellung anzugeben.

Werbender Fachbeitrag muss „wortgetreu“ dargestellt werden

Zu beachten ist auch, dass eine exakt übereinstimmende Übernahme erfolgen muss. Das Gesetz spricht hier von „wortgetreu“. Dies bedeutet, dass Ergebnisse eines Gutachtens, das in Textform unter Nennung von Zahlenmaterial vorliegt, nicht kurzerhand in eine leichter verständliche Tabelle umgewandelt werden dürfen. Die Tabelle ist keine wortgetreue Wiedergabe, da sie in der Ursprungsveröffentlichung nicht vorhanden ist, und stellt somit einen Verstoß gegen § 6 Heilmittelwerbegesetz dar.

Ein anderer Streitpunkt in der Vergangenheit war stets die bildliche Darstellung bezogen auf Krankheit oder Verfahren und Behandlung. Diese bildliche Darstellung war nach dem Heilmittelwerbegesetz in der Öffentlichkeitswerbung verboten. Abgemahnt wurden daher häufig Bilder, in denen eine Behandlungssituation gezeigt wurde oder in denen anhand von Bildern bestimmte Behandlungsmethoden erläutert wurden.

Auch wenn die Rechtsprechung im Hinblick auf die Wirkung von Arzneimitteln unter Bezugnahme auf die nicht umgesetzte EU-Richtlinie bereits klargestellt hatte, dass die bildliche Darstellung der Wirkungsweise eines Arzneimittels unter Beachtung bestimmter Regeln zulässig ist, gab es keine Entscheidung, die dies auch für die bildliche Darstellung von Behandlungssituationen oder -konzepten bestätigte.

Darstellung von Behandlungssituationen ist rechtens – wenn sie nicht irreführend ist

Durch die Neuregelung des Heilmittelwerbegesetzes ist die bildliche Darstellung nur noch dann verboten, wenn die Darstellung in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Verwendung findet – allerdings ohne jede Ausnahme bei der vergleichenden Darstellung (Vorher/Nachher-Bildern) bei schönheitschirurgischen Eingriffen.

Die Neuregelung bedeutet, dass nunmehr unproblematisch eine Behandlungssituation gezeigt werden kann, ebenso wie Bilder, die bestimmte Behandlungsmethoden oder Verfahren erläutern. Zu beachten ist allerdings, dass die Bilder tatsächlich nicht missbräuchlich, irreführend oder abstoßend sind. Es ist daher nicht angeraten, die blutigsten Bilder, die man in seinem Fotoarchiv findet, auf die Internetseite zu stellen. Zu beachten ist des Weiteren, dass keine Irreführung des Patienten erfolgt. Der bildlich dargestellte Behandlungserfolg muss im Streitfall mit einem Konkurrenten nachvollziehbar und nachweisbar sein.

Ebenso war in der Vergangenheit die Wiedergabe von Krankengeschichten grundsätzlich verboten. Nach der Neuregelung ist eine Wiedergabe von Krankengeschichten nur noch dann verboten, wenn dies wiederum in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt und die Wiedergabe zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann. Bei der Darstellung von Krankengeschichten, sofern dies im Rahmen eines Internetauftritts oder einer Praxisbroschüre gewünscht wird, sollte daher ein Augenmerk darauf gelegt werden, dass diese Gefahr der Selbstdiagnose durch eine solche Krankengeschichte nicht ausgelöst wird. Es empfiehlt sich daher, die Krankengeschichte nicht zu detailliert wiederzugeben.

In der Werbung verwendete Fachbegriffe sollten erläutert werden

Letztendlich ist auch das Verbot der fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen, soweit diese nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen sind, ersatzlos gefallen. In der Vergangenheit wurden immer wieder Werbemaßnahmen von Praxen angegriffen mit der Behauptung, gewisse in der Werbung verwendete Begriffe seien so speziell, dass ein Patient diese nicht verstehen könne. Dies ging teilweise so weit, dass selbst Fachbegriffe wie Augmentation, die im Folgenden dann detailliert erläutert wurden, von Konkurrenten angegriffen worden sind. Nachdem diese Regelung aus dem Heilmittelwerbegesetz gestrichen wurde, ist die Werbung in den Fällen, in denen besonders stark auf fremd- oder fachsprachliche Begriffe zurückgegriffen wird, immer noch daran zu prüfen, ob diese Art der Darstellung eine Irreführung des Patienten hervorruft. Kann die Werbung zu einer Irreführung des Patienten führen, ist sie nach § 3 HWG verboten.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Gesetzgeber durch die Reform des Heilmittelwerbegesetzes verschiedene Unklarheiten und Unsicherheiten beseitigt hat, sodass durchaus von einer Liberalisierung der Werbung gesprochen werden kann. Jedoch führt dies nicht dazu, dass nun eine schrankenlose Werbung möglich wird. Bei der Prüfung im Rahmen des Heilmittelwerbegesetzes, ob eine zahnärztliche Werbung zulässig ist, sind nun die Kriterien, ob die Werbung irreführend ist oder ob sie in missbräuchlicher oder abstoßender Weise erfolgt, verstärkt zu berücksichtigen.

Da diese Kriterien durch die Rechtsprechung ausgefüllt werden und nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Heilmittelwerbegesetzes abgeleitet werden können, empfiehlt es sich, im Zweifel im Vorfeld der Werbemaßnahme fachkundigen Rat einzuholen.[]

Autor:
Frank Heckenbücker ist Fachanwalt für Medizinrecht in der Kanzlei Dr. Zentai Heckenbücker in Köln. Tätigkeitsschwerpunkte: Gesellschaftsrecht der Heilberufe (Praxisverträge), zahn-/ärztliches Berufsrecht und Forderungseinzug sowie Arbeitsrecht und Mietrecht, speziell zu berufsspezifischen Besonderheiten von Arzt- und Zahnarztpraxen. Kontakt: kanzlei@d-u-mr.de