Recht/Haftung

Betrug: Falsche Angaben des Patienten?

Während eines Prozesses wegen Versicherungsbetrugs kann es durchaus passieren, dass die Praxis aufgefordert wird, Patientendaten herauszugeben. Wenn die Fakten aus den Akten nicht mit den Aussagen des Patienten übereinstimmen, bleibt dies für die Praxis ohne Konsequenzen – die Wahrheit mitzuteilen ist in jedem Falle die richtige Lösung der Situation.



Die Falschmeldung eines Schadens gegenüber der Versicherung hat Folgen. Zu Recht, denn eine Falschmeldung zielt darauf ab, ein Regulierungsverhalten – eine Zahlung – durch die Versicherung zu veranlassen, für das kein Versicherungsschutz besteht. Anders ausgedrückt: Liegt kein Versicherungsfall vor, besteht kein Leistungsanspruch gegenüber der Versicherung.

Selbstverständlich setzen die rechtlichen Folgen voraus, dass dem Versicherungsnehmer sein Fehlverhalten bewusst ist. Macht der Versicherungsnehmer eine Schadensmeldung in der Absicht, eine Zahlung durch die Versicherung auszulösen, und weiß er dabei, dass er eigentlich keinen Anspruch hat, erfüllt dies den Tatbestand des Versicherungsbetrugs.

Ein Beispiel: Ein Versicherungsnehmer meldet einen Wasserschaden und behauptet, dass dieser durch einen Wasserrohrbruch im Keller entstanden sei. Tatsächlich aber hat die Freundin des Sohns während des mehrwöchigen Auslandsaufenthalts der Eigentümer des Hauses die Schaltung des hauseigenen Brunnens falsch bedient, und so versehentlich das Eindringen des Wassers in den Keller des Hauses verursacht.

Zu allem Überfluss blieb dies zu lange unbemerkt, und der Keller lief bis auf eine Höhe von 20 Zentimetern mit Wasser voll. Bei der Schadensmeldung verschweigt der Versicherungsnehmer die wahre Ursache des Wassers im Keller und gibt stattdessen einen Wasserrohrbruch an, den es in der Vergangenheit tatsächlich einmal gegeben hat. Da diese falschen Angaben darauf abzielen, den enormen Schaden über die Haftpflichtversicherung abzuwickeln, liegt die Absicht einer sogenannten Bereicherung vor und damit ein Versicherungsbetrug.

Oft nicht bekannt ist der Umstand, dass Anstiftung und Beihilfe ebenso bestraft werden wie die Haupttat selbst. Der Versicherungsmakler, der den Hausherrn erst auf falsche Gedanken gebracht hat, wird bei einem möglichen Prozess ebenso verfolgt wie der Sohn des Hausherrn, der an dem alten Wasserrohrbruch herummanipuliert hat.

Vorsicht bei Krankenversicherungsverträgen

Nichts anderes gilt, wenn ein Patient im Rahmen eines Versicherungsvertrags eine ihm nicht zustehende Leistung zu erschleichen versucht. Dies kann zum Beispiel in der Form geschehen, dass der Patient bei Abschluss eines Versicherungsvertrags falsche Angaben macht und selbst die Fragen nach einer konkreten Behandlungsbedürftigkeit mit einem schlichten, aber unrichtigen „Nein“ beantwortet. Denn es gilt: Vorvertragliche Schäden – in dem Fall eine bereits vor Vertragsschluss bestehende bekannte Behandlungsbedürftigkeit – sind nicht vom Versicherungsschutz umfasst. Versucht der Patient trotz dieser Kenntnis, eine Leistung vom Versicherer durch falsche Angaben zu erschleichen, begeht er im Zweifel einen Versicherungsbetrug.

Vor diesem Hintergrund sollte man äußerst vorsichtig sein, wenn sich eine solche Tendenz bei einem Patienten abzeichnet. Soweit dann Informationen von der Praxis eingeholt werden, müssen diese wahrheitsgemäß erteilt werden. Stehen sie im Gegensatz zu den Angaben des Patienten, ist das für die Praxis ohne Belang. Die berechtigte Weitergabe von Informationen über Behandlung und Patient führt nach der Rechtsprechung zu keiner Haftung der Praxis, auch wenn sich die Weitergabe inhaltlich für den Patienten negativ auswirkt.

Schadenersatzzahlung an die Versicherung

Eine weitere Folge der Falschanzeige eines Schadens hat das Arbeitsgericht (AG) Idar-Oberstein mit Urteil vom 4. Mai 2009 (Az. 3 C 465/05) formuliert.

Das Gericht legt die Falschanzeige eines Schadens als Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag aus. Daraus zieht es den Schluss, dass der Versicherungsnehmer die Kosten für den Mehraufwand in der Bearbeitung in Form von Zahlung eines Schadenersatzes an die Versicherung zu tragen hat.

Der Orientierungssatz der Entscheidung des AG Idar-Oberstein lautet: „Wenn ein Versicherungsnehmer seinem Haftpflichtversicherer einen Schaden meldet, der sich nicht zugetragen haben kann, hat der Versicherer einen Anspruch auf Ersatz der durch den erhöhten Bearbeitungsaufwand entstandenen Kosten wegen positiver Vertragsverletzung des Versicherungsvertrags.“

Im Fall des AG Idar-Oberstein ging es um die Falschangabe, beim Verladen eines Schreibtisches sei ein fremder PKW beschädigt worden. Der Versicherungsnehmer wurde zur Zahlung eines Schadenersatzes wegen des Mehraufwands der Bearbeitung in Höhe von 200 Euro verurteilt.

Dr. Susanne Zentai ist Medizinanwältin in der Kanzlei Dr. Zentai – Heckenbücker in Köln und als Beraterin sowie rechtliche Interessenvertreterin verschiedener (Zahn-)Ärztlicher Berufsvereinigungen tätig. Sie ist Justiziarin des BDO und der PZVD. Außerdem ist sie Lehrbeauftragte der Hochschule Fresenius (Bereich Medizinrecht).
Kontakt: kanzlei@d-u-mr.de