Arbeitsrecht und digitale Kommunikation

Fallstricke der Online-Vereinbarungen

Arbeitgeber- wie arbeitnehmerseitige Mitteilungen erfolgen häufig per E-Mail, per SMS oder über einen sonstigen Messenger-Dienst, doch oftmals genügt dies nicht den rechtlichen Formerfordernissen. Dies kann zur Folge haben, dass der Erklärung keine Wirksamkeit im Rechtssinne zukommt.


Online-Vereinbarungen

Nicht immer genügt eine Online-Vereinbarung den Formerfordernissen. © stadtratte – stock.adobe.com


Die im Arbeitsrecht zu berücksichtigenden Formerfordernisse sind in den §§ 125 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) normiert. Zweck der Formvorschriften sind neben dem Übereilungsschutz die Beweissicherung sowie die Dokumentation zu Informationszwecken. Nicht zuletzt kommt den Formerfordernissen auch eine Klarstellungsfunktion zu. Die allgemeine Rechtswirklichkeit kennt fünf unterschiedliche Formen: die notarielle Urkunde, Schriftform, elektronische Form, Textform und die Formfreiheit. Dabei kann sich eine Formvorgabe aus dem Gesetz ergeben oder auch etwa aus einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag, wenn eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde. Wegen der verfassungsrechtlich garantierten Privatautonomie steht es den Parteien eines Vertrages grundsätzlich frei, eine Formanforderung zu vereinbaren. Je nachdem, ob sich eine Formvorgabe aus Gesetz oder Vertrag ergibt, kann auch die Rechtsfolge eines Formverstoßes differenzieren. Online-Vereinbarungen können gegen Formvorschriften verstoßen.

Sofern eine durch Gesetz normierte Form nicht eingehalten wurde, ist die Erklärung gemäß § 125 S. 1 BGB grundsätzlich unwirksam. Dies hat zur Folge, dass auch die mit der Erklärung bezweckte Rechtsfolge nicht eintritt bzw. die mit der Erklärung getroffene Vereinbarung nicht wirksam ist. Zu beachten ist indes, dass bei Vereinbarungen, die mehrere verschiedene Regelungselemente zum Inhalt haben, regelmäßig nur das von der Formvorschrift betroffene Element unwirksam ist (§ 139 BGB). Handelt es sich hingegen um eine vertraglich vereinbarte Form, ist die Rechtsfolge eines Formverstoßes nicht zwangsläufig die Unwirksamkeit der Erklärung, sondern nur dann, wenn sich nicht etwas Gegenteiliges aus der Vereinbarung, sei es ausdrücklich oder durch Auslegung, ergibt (§ 125 S. 2 BGB). Selbstredend steht es den Vertragsparteien auch jederzeit frei, die vereinbarte Form wieder aufzuheben.

Online-Vereinbarungen und Arbeitsvertrag

Ein Arbeitsvertrag kann grundsätzlich formfrei abgeschlossen werden und ist damit auch nach bloßer mündlicher, beispielsweise telefonischer Vereinbarung wirksam. Jedoch ist der Arbeitgeber in diesem Fall verpflichtet, innerhalb eines Monats nach dem vereinbarten Vertragsbeginn dem Arbeitnehmer in Schriftform (eigenhändig unterzeichneter Brief) die wesentlichen Vertragsbedingungen fixiert auszuhändigen (§ 2 Abs. 1 NachwG). Dasselbe gilt auch für im Verlauf des Arbeitsverhältnisses mündlich vereinbarte Abänderungen wesentlicher Vertragsbedingungen (§ 3 S. 1 NachwG). Für Ausbildungsverträge folgt dies aus § 11 Abs. 1, 2 BBiG. Die elektronische Schriftform wie bei einer Online-Vereibarung ist nach § 126a BGB ist ausgeschlossen. Beachtet der Arbeitgeber seine Nachweisverpflichtung nicht, wird das zwischen ihm und dem Arbeitnehmer begründete Arbeitsverhältnis aber nicht unwirksam. Es erfolgt „lediglich“ eine sogenannte Beweislastumkehr im Hinblick auf Forderungen, die der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht. Es obliegt dann dem Arbeitgeber und nicht mehr dem fordernden Arbeitnehmer, zu beweisen, was vereinbart wurde und was nicht.

Wichtig ist zudem, dass ein befristeter Arbeitsvertrag grundsätzlich nur unter der Einhaltung der Schriftform wirksam ist (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Das gleiche gilt für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes (§ 74 Abs. 1 HGB). Schriftform erfordert gemäß § 126 BGB immer die eigenhändigen Unterschriften der Vertragsparteien. Wichtig ist, dass sich diese unter dem vollständigen Text befinden müssen und diesen damit den Willen der Vertragsparteien bestätigen. Die Erklärung muss dem Gegenüber sodann samt Unterschrift im Original ausgehändigt werden bzw. zugehen, um wirksam zu werden. Ein bloßes Foto des unterschriebenen Dokuments oder eine Fotokopie reichen hier nicht. Allerdings kann eine Befristungsabrede auch in der elektronischen Form gemäß § 126a BGB geschlossen werden. Beachte auch: Ein Formverstoß führt hier keinesfalls zur Nichtigkeit des gesamten Arbeitsvertrages, nichtig ist nur die Befristung, im Ergebnis ist das Arbeitsverhältnis dann also unbefristet abgeschlossen.

Auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann in der elektronischen Form gemäß § 126a BGB vereinbart werden. Allerdings ist hiervon die Urkunde, die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gemäß § 74 Abs.1 HGB übergeben werden und die vereinbarten Bestimmungen enthalten muss, ausgenommen. Umgekehrt erfordert die Aufhebung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes keine bestimmte Form – diese kann also auch per E-Mail oder mündlich erfolgen, es steht den Parteien allerdings offen, eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zu treffen, was grundsätzlich zu empfehlen ist. Die Aufhebung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist keinesfalls mit dem arbeitgeberseitigen Verzicht auf die Einhaltung der Wettbewerbsabrede gemäß § 75a HGB zu verwechseln, dieser bedarf grundsätzlich der Schriftform, wobei die elektronische Form gemäß § 126a BGB zulässig ist.

Online-Vereinbarungen und Elternzeit

Hinsichtlich der Elternzeit gilt, dass diese vom Arbeitnehmer beim Arbeitgeber in Schriftform verlangt werden muss (§ 16 Abs. 1 S. 1 BEEG). Auch hier genügen also ein Telefax oder eine E-Mail der Formanforderung nicht. Sind die Anforderungen an die Form nicht gewahrt, beginnt weder die Elternzeit, noch kommt es zum Ruhen der beiderseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag. Hingegen bedarf der Wunsch nach einer vorzeitigen Beendigung der Elternzeit nicht der Schriftform (§ 16 Abs. 3 S. 1 BEEG). Entspricht der Arbeitgeber diesem Wunsch, genügt ebenfalls eine formlose Bestätigung. Möchte der Arbeitgeber dem jedoch widersprechen, so hat dies wiederum in Schriftform zu erfolgen.

Auch die Abmahnung eines Mitarbeiters (m/w/d) als Verhaltens- oder Leistungsrüge bedarf grundsätzlich keiner Form. Dennoch empfiehlt es sich zu Beweiszwecken im Falle einer etwaigen arbeitnehmerseitigen Kündigungsschutzklage, die Abmahnung verschriftlicht zu fixieren und sie beispielsweise zumindest per E-Mail auszusprechen, in diesem Fall jedoch mit nachweislicher Anforderung einer Lesebestätigung.

Hingegen bedarf der Abschluss eines Aufhebungsvertrages gemäß § 623 BGB grundsätzlich der Schriftform. Die elektronische Form nach § 126a BGB ist nicht zulässig. Ebenso muss die Kündigung des Arbeitsvertrages gemäß § 623 BGB unter Einhaltung der Schriftform erfolgen. Auch hier ist die elektronische Form gemäß § 126a BGB ausgeschlossen.

Wichtig ist zudem, dass das vom Arbeitgeber gemäß § 109 Abs. 1 GewO nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses zu erteilende Arbeitszeugnis stets schriftlich ausgefertigt werden muss. Die elektronische Form ist auch hier ausgeschlossen.

Elektronischer Schriftverkehr

Überdies stellt sich im elektronischen Schriftverkehr häufig die Frage, wann Erklärungen als zugegangen gelten. Dies ist relevant, da gemäß § 130 BGB Willenserklärungen, die gegenüber einem Abwesenden (m/w/d) abgegeben werden, erst dann wirksam werden, wenn sie diesem zugegangen sind. Ausgenommen sind Telefonate und Videokonferenzen, diese werden wegen des bestehenden unmittelbaren Übermittlungskontaktes als Erklärungen unter Anwesenden (m/w/d) eingeordnet und werden damit bereits mit der Abgabe wirksam, sofern der Erklärende (m/w/d) davon ausgehen konnte, dass der Empfänger (m/w/d) die Erklärung verstanden hat. Hingegen findet § 130 BGB auf Text-Nachrichten per E-Mail, SMS oder sonstige Messenger-Dienste Anwendung. Die Erklärung gilt dann als zugegangen, wenn diese dergestalt in die Sphäre des Empfängers gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit dessen Kenntnisnahme zu rechnen ist. Auch hier ist es grundsätzlich empfehlenswert, eine Lesebestätigung zu verlangen, da es im Falle eines Rechtsstreits dem Erklärenden obliegt, den Zugang zu beweisen. Das bloße Abschicken z.B. einer E-Mail liefert noch keinen Beweis für den Zugang.


Der Experte

Foto: Privat

RA Helge Rust
Fachanwalt für Medizin- und Arbeitsrecht, Kanzlei DR. HALBE RECHTSANWÄLTE, Köln, Tätigkeitsschwerpunkt im Vertragszahnarzt- und Zahnarzthaftungsrecht
koeln@medizin-recht.com