Abrechnung/GOZ

Verbrauchsmaterialien in der Oralchirurgie

Medikamentöse Materialien zur Knochenregeneration im Rahmen der „Socket Preservation“ oder bei Knochenwachstum fördernden parodontalchirurgischen Eingriffen sind jetzt ausdrücklich separat ansatzfähig. Und: Sogenannte Einpatientenfräsen können berechnet werden.



„Die in Ansatz gebrachten Verbrauchsmaterialien sind mit den Gebührenpositionen abgegolten …“ – so oder so ähnlich las sich in der Vergangenheit so manches Schreiben eines privaten Krankenversicherers oder Kostenerstatters, wenn es um berechnete Materialkosten ging, die im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung angefallen waren. Hat die neue GOZ hier Licht ins Dunkel gebracht?

Der Verordnungsgeber hat in den allgemeinen Bestimmungen einzelner Leistungsbereiche versucht, dies detailliert zu regeln.

So gilt zunächst einmal: Die ansatzfähigen Materialien sind den jeweiligen Bereichen der Gebührenordnung vorangestellt oder bei einzelnen Gebührenziffern aufgeführt entsprechend der Einordnung der zahnärztlichen Leistungen in die einzelnen Abschnitte des Gebührenverzeichnisses. Derartige Regelungen finden sich insbesondere in der Chirurgie (Abschnitt D), Parodontologie (Abschnitt E) und Implantologie (Abschnitt K).

So ist in den Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts D unter Punkt 3 zu finden:

„Knochenersatzmaterialien sowie Materialien zur Förderung der Blutgerinnung oder der Geweberegeneration (z. B. Membranen) sowie zum Verschluss von oberflächlichen Blutungen bei hämorrhagischen Diathesen oder, wenn dies zum Schutz wichtiger anatomischer Strukturen (z. B. Nerven) erforderlich ist, sowie atraumatisches Nahtmaterial oder nur einmal verwendbare Explantationsfräsen, sind gesondert berechnungsfähig.“

Ganz ähnlich formuliert sind die Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts E:

„Knochenersatzmaterialien sowie Materialien zur Förderung der Blutgerinnung oder der Geweberegeneration (z. B. Membranen) … sowie atraumatisches Nahtmaterial und Materialien zur Fixierung von Membranen sind gesondert berechnungsfähig“.

So weit also keine Neuigkeiten. Unverändert geblieben ist auch die Bestimmung zur Berechnung von Implantaten, Implantatteilen, Sekundärteilen und Ähnlichem.

Neu für den Bereich der Implantologie ist die ausdrückliche Erwähnung der Berechnungsfähigkeit von „nur einmal verwendbaren Implantatfräsen“ (sog. Einpatientenfräsen) und für Implantologie und Chirurgie die Regelung zur Berechnungsfähigkeit von einmal verwendbaren Explantationsfräsen. Darunter sind neben den bestimmungsgemäß nur einmal verwendbaren Explantationsfräsen natürlich auch solche zu verstehen, die sich mit einmaliger Anwendung am Patient als stumpf, beschädigt oder gar frakturiert erweisen und somit für den weiteren Gebrauch ausscheiden.

Materialien zur Knochenregeneration

Von besonderer Bedeutung im Bereich der Chirurgie und/oder der Parodontologie sind auch medikamentöse Materialien zur Knochenregeneration, z. B. im Rahmen der sogenannten „Socket Preservation“ (alloplastisches Knochenersatzmaterial etc.), oder bei Knochenwachstum fördernden parodontalchirurgischen Eingriffen, z. B. Emdogain. Diese Materialien/Medikamente sind nun ebenfalls ausdrücklich separat ansatzfähig.

Da nun die Berechnung des Einbringens von Membranen mit der novellierten GOZ gebührenrechtlich klargestellt wurde (nach Gebührenziffern 4138 je Zahn-/Implantatbreite, nicht bei den Nrn. 9100, 9120 und 9130), ist folglich auch die Berechnung der Materialkosten der jeweils eingesetzten Membran geregelt. Hierbei ist es nicht von Belang, ob es sich um resorbierbare oder nicht resorbierbare Membranen handelt. Außerdem können evtl. zusätzlich erforderliche Fixationsmittel wie Pins, Schräubchen und/oder Gewebekleber gesondert in Ansatz gebracht werden. Außerdem explizit berechnungsfähig sind:

  • Materialien zur Förderung der Blutgerinnung
  • Materialien zum Verschluss von oberflächlichen Blutungen bei Blutungsneigung/Sickerblutung (hämorrhagische Diathese)
  • Verschlussmaterialien zum Schutz wichtiger anatomischer Strukturen (z. B. Nerven), aber nicht intradental
  • erzeugte oder medikamentöse Membranbildungen (z.B. auf Fibrinbasis)
  • atraumatisches Nahtmaterial

Dies sind zwar nicht wirkliche Neuigkeiten, weil in der Vergangenheit bereits die Abrechnung so praktiziert und von den Kostenerstattern auch akzeptiert wurde. Nun aber ist detailliert und ausdrücklich formuliert, was die Argumentation bei Erstattungsproblemen in diesen Fragen deutlich erleichtern sollte.

„Kernleistungen“

Dabei betrifft die Frage der Berechnungsmöglichkeiten von Verbrauchsmaterialien nicht nur die eigentlichen „Kernleistungen“ wie Extraktionen (Ziffern 3000 ff.), chirurgische Kronenverlängerung (Ziffer 4136) oder das Auffüllen parodontal-alveolärer Knochendefekte (Ziffer 4110), sondern auch Maßnahmen zur Wundversorgung. Hierbei lohnt ein zweiter Blick auf die Allgemeinen Bestimmungen der genannten Abschnitte D, E und K:

  • Die primäre Wundversorgung ist nicht gesondert berechnungsfähig.
  • Die primäre Wundversorgung ist bei Chirurgie, Parodontalbehandlung und Implantologie jeweils mit den einzelnen Leistung abgegolten.
  • Zur primären Wundversorgung gehören z. B. Reinigen der Wunde, Wundverschluss (Naht, Klebung) ohne zusätzliche Lappenbildung ggf. einschließlich Fixieren (Anlegen, Befestigen) eines plastischen Wundverbands.
  • Die sekundäre Wundversorgung ist gesondert berechnungsfähig, zum Beispiel nach erfolgter Primärversorgung in einer Folgesitzung oder mit sekundären Mitteln wie Verbandplatte, Druckverband.

Sekundäre Wundversorgung

Aus sekundärer oder eigenständiger Wundversorgung anfallende Material- und Laborkosten sind ebenfalls gesondert berechnungsfähig. Bei der sekundären Wundversorgung mit einer Verbandplatte ist die Sachlage noch relativ eindeutig: Sowohl Abformmaterialien für die Herstellung nach § 4 Abs. 3 GOZ als auch die erforderlichen zahntechnischen Leistungen nach § 9 GOZ sind zusätzlich berechnungsfähig.

Einmal-Sprechstundenmaterial

Beim Anlegen eines Druckverbands, z. B. nach umfangreichem zahnärztlich-chirurgischem Eingriff als sekundäre Wundversorgung nach Ziffer Ä204, sieht das Ganze allerdings etwas anders aus. Hier müssen neben den Bestimmungen der GOZ auch die der GOÄ zu Rate gezogen werden. Gem. § 10 GOÄ heißt es: „Neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren können als Auslagen nur berechnet werden die Kosten für diejenigen Arzneimittel, Verbandmittel und sonstigen Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind, soweit in Absatz 2 nichts anderes bestimmt ist …“

So ist die gesonderte Berechnung von Einmal-Sprechstundenmaterial wie z. B. Kleinmaterial in Form von Verbandmaterial oder ausdrücklich aufgezählten Einmalspritzen, -kanülen, -handschuhen und/oder -skalpellen nicht möglich. Zur Deckung hierbei entstehender Kosten hat der Verordnungsgeber sowohl für die GOÄ als auch die GOZ Zuschläge für das Durchführen ambulanter Operationen implementiert. Die Zuschläge gelten jedoch nicht die nach § 4 (3) GOZ bzw. § 10 (1) GOÄ ausdrücklich berechnungsfähigen Kosten von Verbrauchsmaterialien ab!

Druckverband anlegen – Berechnung prüfen

Erfolgt aber das Anlegen eines Druckverbands z. B. mit einem aufwendigen (und kostenintensiven) Einmal-Patienten-Verbandmaterial, wäre dennoch zu prüfen, ob eine gesonderte Berechnung infrage kommen kann. Dies ist möglich bei Zutreffen der unverändert geltenden sogenannten „Unzumutbarkeitsregel“ gem. Urteil BGH (27.05.2004, Az. III ZR 264/03). Diese hat weiterhin volle Geltung, wenn die Kosten für ein verbrauchtes Material mehr als 75 % des 2,3-fachen Satzes der betreffenden Gebühr übersteigen.

Gelangt man zu der Erkenntnis, dass es sich um ein berechnungsfähiges Material bzw. Einmalinstrument handelt, das im Sinne der „Unzumutbarkeitsregel“ berechnet werden kann, gilt es bei der Rechnungslegung die Formvorschriften nach § 10 GOZ und GOÄ zu beachten mit:

  1. der Ermittlung des detaillierten Beschaffungspreises als Nettopreis der jew. kleinsten Verpackungs- bzw. Verbrauchseinheit zzgl. Zustell- und Lieferkosten und gesetzlicher Mehrwertsteuer,
  2. möglichst so exakter Benennung bzw. Beschreibung des jeweiligen Materials, dass dieses bei Rechnungsprüfung genau identifiziert und der berechneten Höhe nach geprüft werden kann.

Der Kostenerstatter hat die Möglichkeit, die angegebenen Auslagen zu prüfen anhand von öffentlich zugänglichen Preislisten; er hat aber bei genau spezifizierten Materialien auf der Rechnung die Pflicht, das selbst zu tun, und darf nicht den Rechnungsaussteller belasten mit seiner ureigenen Aufgabe (keine Pflicht zur Beschaffung von Beleg oder Nachweis je Einzelmaterial durch die Praxis).

Wird im Behandlungsfall die Berechnung gesondert berechnungsfähiger Materialien und/oder Instrumente in Gänze betrachtet, so wird eines deutlich: Ein lückenlose Dokumentation ist unerlässlich, sowohl was die eigentliche Therapie als auch was mögliche Begleitumstände oder den bestehenden Krankheitsfall betrifft. Und diese Umstände und Fakten spiegeln sich in den berechneten Leistungen, Materialien und Instrumenten auf der Rechnung wider, sei es mit der Wahl eines entsprechenden Steigerungsfaktors oder mit Ansatz und Ausweis verwendeter Verbrauchsmaterialien.

Aktuelle Fortbildungskurse zur GOZ finden Sie unter www.za-eg.de im Bereich „Seminarkalender“.


Autor:

Steffi Scholl ist Betriebswirtin für Management im Gesundheitswesen, QM-Praxismanagerin, AZP und arbeitete zehn Jahre lang freiberuflich als Abrechnungsspezialistin. Seit September letzten Jahres ist sie bei der Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft e. G. (ZA) in Düsseldorf in der GOZ-Fachabteilung tätig. Kontakt: sscholl@zaag.de