Abrechnung/GOZ

DTV-Aufnahme: Keine definitive Handhabe

Nur ein Zahnarzt mit DVT-Fachkunde-Nachweis darf eine Indikation zur DVT-Aufnahme stellen und eine solche befunden – so weit ist die Vorgabe klar. Wird ein Patient allerdings überwiesen, stellt sich gebührenrechtlich die Frage, wie der Zuschlag für eine unter anderer zahnmedizinischer Fragestellung durchgeführte 3D-Rekonstruktion angerechnet werden darf.


Böll


Die Digitale Volumentomografie ist aufgrund ihrer dreidimensionalen bildgebenden digitalen Röntgentechnologie im Bereich der Diagnostik in den vergangenen Jahren ein wesentlicher Bestandteil des zahnmedizinischen Fortschritts geworden. Doch eine DVT ist nur so gut wie die daraus gewonnenen Erkenntnisse.

Unabhängig davon, ob die angefertigte DVT nach GOÄ-Ziffer 5370 oder als Entsprechungsleistung gem. § 6 Abs. 1 GOZ berechnet wird, ist dennoch die anschließende computergesteuerte Analyse mit 3D-Rekonstruktion nach Ä5377 (Zuschlag für computergesteuerte Analyse – einschließlich speziell nachfolgender 3D-Rekonstruktion) anzusetzen. Dabei ist zu beachten: Der Zuschlag nach der GOÄ-Nr. 5377 ist nur mit dem einfachen Gebührensatz berechnungsfähig und kann für jede Art einer computergesteuerten Rekonstruktion digitaler Röntgendaten berechnet werden. Dass die Erstellung räumlicher Röntgenbilder als (dreidimensionale) „3D-Rekonstruktion“ zum Beispiel bei der OP-Planung von besonderer Bedeutung ist, kann unschwer für vielfältige Bereiche der Oralchirurgie festgestellt werden.

Der Zuschlag nach Nr. Ä5377 ist allerdings nicht ansetzbar für anderweitige Computeranwendungen wie zum Beispiel für digitales Röntgen (ggf. Ä5298 bei bestimmten Ziffern), Computerauswertung bei Datenfernübertragung oder Computeranalyse bei Osteodensitometrie (Überbegriff für unterschiedliche diagnostische Methoden zur Bestimmung der Knochendichte).

Eine denkbare und durchaus verbreitete Fallkonstellation: Ein Zahnarzt mit DVT-Fachkunde-Nachweis überweist einen Patienten zur DVT-Aufnahme oder computergesteuerten Tomografie (CT) im Kopfbereich (GOÄ-Nr. 5370) an einen anderen Arzt oder Radiologen. Der rechnet die Nr. Ä5370 zzgl. Ä5377 ab und fertigt seinen Befundbericht nach pflichtgemäßer totaler Durchmusterung und sendet alles an den Überweiser.

Bei diesem wird gegebenenfalls mit abweichender zahnmedizinischer Fragestellung eine spezielle computergesteuerte Analyse mit besonderer 3D-Rekonstruktion mittels einer zahnmedizinischen Planungssoftware erbracht. Dann ist die Möglichkeit, dass der Zahnarzt hierfür seinen Zuschlag nach der GOÄ-Nr. 5377 berechnen kann, nur folgerichtig.

Doch gerade dieses Vorgehen ist gebührenrechtlich umstritten: Nicht nur die Versicherer und Kostenerstatter ziehen diese Form der Abrechnung häufig in Zweifel, meist mit dem Hinweis, dass die röntgenologische Diagnostik und Auswertung in der eigentlichen Leistung enthalten sei.

Mit dieser Einschätzung stehen sie noch nicht einmal allein da, blickt man auf die Stellungnahme der Bundeszahnärztekammer vom 04.08.2011 zu dieser Thematik: „Der Zahnarzt mit DVT-Fachkunde-Nachweis, aber ohne DVT-Gerät kann für eine andernorts angefertigte DVT-Aufnahme keine Gebühr berechnen, da die Befundung zwingender Bestandteil der Röntgenuntersuchung ist. Eine Trennung zwischen technischer Anfertigung einer DVT-Aufnahme und ihrer Befundung ist gebührenrechtlich und nach der Röntgenverordnung nicht gestattet. In diesem Fall ist auch die anschließende computergesteuerte Analyse mit einer 3D-Rekonstruktion nach der Zuschlags-Nummer GOÄ 5377 nicht berechnungsfähig, da sie als Zuschlagsposition nur in Verbindung mit der GOÄ 5370 angesetzt werden kann. Aus demselben Grund scheidet die Heranziehung der GOÄ 5377 als Analogleistung nach § 6 Abs. 2 der GOZ aus.“

Dazu sei angemerkt: Die beiden letzten Sätze der Stellungnahmen sind unter Umständen missverständlich; die „computergesteuerte Analyse mit 3D-Rekonstruktion“ stellt zum Beispiel nicht zwangsläufig „Befundung“ (Erst- oder Grundbefundung) dar, sondern gegebenenfalls auch Planung.

Juristisch wird die jeweilige Situation differenzierter betrachtet. Ausgehend vom jeweiligen zahnärztlichen Auftrag zur Erstellung einer DVT- oder CT-Aufnahme, beurteilt der Radiologe natürlich die Aufnahmen bezüglich anatomisch abweichender oder pathologischer Befunde; das kann er zum Beispiel bei einer DVT-Aufnahme nur, wenn eine 3D-Rekonstruktion der Daten erfolgt, da digitale Röntgendaten visuell nicht direkt auswertbar sind. Mangels spezieller Kenntnisse und genauer zahnmedizinischer Fragestellung ist er jedoch nicht in der Lage, zum Beispiel über die optimale Position eines Implantats zu entscheiden oder die nötige Ausdehnung einer Knochenaugmentation.

Fazit: Die Nr. Ä5377 ist weder auf einmal je Sitzung noch auf einmal je Grundleistung beschränkt. Logisch ist: Der Überweiser kann mit geänderter Fragestellung die vorhandenen Röntgendaten der DVT dreidimensional auswerten zwecks Planung spezieller zahnmedizinischer Eingriffe. Logisch ist auch (siehe BZÄK-Stellungnahme), dass der Zuschlag nach Ä5377 auf der Grundleistung Ä5370 (DVT) basiert, jedoch diese DVT-Aufnahme für eine abweichende Analyse/Planung nicht neu erstellt werden muss und darf (allenfalls indiziert nach Änderung der klinischen Situation).

Mithilfe spezieller Planungssoftware kann ein Zahnarzt detaillierte weiterführende Auswertungen vornehmen wie zum Beispiel das Simulieren von Zahnersatz auf den dafür notwendigen Implantaten. Dabei können ebenso Alternativen für den späteren Zahnersatz sinnvoll ermittelt oder aber auch ausgeschlossen werden. Auch das unter Umständen ideale Implantatsystem kann auf diesem Wege eruiert werden. Ergänzend hierzu kann eine Datenakquise zur optimalen Implantat- beziehungsweise Implantataufbau-Position und -Winkel erfolgen. Nicht zu vergessen ist schließlich die Planung von Schablonen, um die im Computer errechneten Positionen, Strecken und Winkel mit großer Sicherheit während des Eingriffs zu realisieren.

Deutlich wurde die geschilderte gebührenrechtliche Fragestellung erstmals im Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht München vom 26.03.2010 (Az. 173 C 31251/08). Die Versicherung erkannte immerhin die DVT-Aufnahme als erstattungsfähig an, lehnte jedoch die Kosten für die Bearbeitung der Röntgendaten mittels der Planungssoftware (hier SIM-Plant) als überflüssig ab, obwohl ohne eine Konvertierung der Daten einer DVT-Aufnahme mittels 3D-Software keine Auswertung der DVT-Aufnahme und somit auch keine Aufklärung des Patienten vorgenommen werden kann. Der hinzugezogene Sachverständige bestätigte aber sowohl die medizinische Notwendigkeit als auch den korrekten Behandlungsablauf bei der DVT-Analyse, Rekonstruktion und Planung.

Auch die Bundeszahnärztekammer hat diese Problematik bereits im Jahr 2011 erkannt und verweist auf die Kompetenzen der jeweiligen Landeszahnärztekammern: „Für den Fall der DVT-Aufnahme durch einen Zahnarzt mit Fachkunde für einen Zahnarzt ohne DVT-Gerät, aber mit Fachkunde kann sich die Schwierigkeit einer Kostenaufteilung ergeben. Hierfür gibt die GOÄ keine gebührenrechtlich unangreifbare Handhabe. Hinweise, wie in solchen Fällen verfahren werden kann, können die Landeszahnärztekammern geben.“

Möglicherweise kann mit der Novellierung der ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) diese Fragestellung einer Lösung zugeführt werden.

Unstrittig ist abschließend indes sicher der folgende Teil der Stellungnahme der Bundeszahnärztekammer zur Geb.-Nr. 5377 GOÄ (04.08.2011): „Der Zahnarzt ohne DVT-Fachkunde-Nachweis darf weder eine rechtfertigende Indikation zur DVT-Aufnahme stellen, noch darf er eine solche Aufnahme befunden. Eine Berechnungsmöglichkeit ergibt sich somit nicht.“

Steffi Scholl ist Betriebswirtin für Management im Gesundheitswesen, QM-Praxismanagerin, AZP und arbeitete zehn Jahre lang freiberuflich als Abrechnungsspezialistin. Seit 2011 ist sie bei der Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft eG (ZA) in Düsseldorf in der GOZ-Fachabteilung tätig. Kontakt: sscholl@zaag.de