Leistungen müssen zweckmäßig sein

Abrechnung: Endontische Behandlung als Kassenleistung

Die Abrechnung der endodontischen Behandlung bei Kassenpatienten wirft Fragen auf: Was gilt als Vertragsleistung und kann über die Gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden, was muss der Patient aus eigener Tasche zahlen?


Endo als Kassenleistung

Endo als Kassenleistung © Meinardus


Grundsätzlich gilt im vertragszahnärztlichen Bereich das Wirtschaftlichkeitsgebot gem. § 12 SGB V: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. …“
Vor dem Hintergrund dieses Wirtschaftlichkeitsgebots sind auch die Richtlinien für die vertragszahnärztliche Versorgung anzuwenden. Im Bereich der Molaren bedeutet dies:

  • Ist die Zahnreihe unterbrochen, ist zu prüfen, ob die Extraktion des betroffenen Zahns in eine neue Brückenversorgung die wirtschaftliche Versorgung darstellt.
  • Liegt bereits eine einseitige versorgungsbedürftige Freiendsituation vor, dann sind die Extraktion des endständigen Molaren und seine Einbeziehung in die neue prothetische Versorgung die wirtschaftliche Variante.
  • Kann vorhandener intakter Zahnersatz mit einer Wurzelkanalbehandlung erhalten werden, ist die Wurzelkanalbehandlung grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen. Ist der vorhandene Zahnersatz jedoch insuffizient und damit erneuerungsbedürftig, ist die Befundsituation nach Entfernung des Zahnersatzes zu beurteilen.

Die KZBV und der GKV-Spitzenverband haben zur Verdeutlichung die Richtlinien wie folgt kommentiert:
„Grundsätzlich sind an allen Zähnen endodontische Maßnahmen angezeigt, wenn dadurch der Zahn erhaltungswürdig ist. Die Kriterien für die Erhaltungswürdigkeit eines Zahnes werden in den Ziffern 9.1 bis 9.5 beschrieben.“

Bei der Wurzelkanalbehandlung von Molaren werden zudem diese Kriterien konkretisiert, bei denen in der Regel eine Erhaltungswürdigkeit anzunehmen ist. Es handelt sich dabei um Regelbeispiele, die nicht abschließend sind. Weitere Voraussetzungen werden unter 9.1 genannt. Diese Einschränkungen werden durch die Regelbeispiele unter 9. in Satz 2 lediglich beispielhaft illustriert. Somit ist auch bei Molaren zu prüfen, ob neben den Regelbeispielen andere Gründe für die Erhaltungswürdigkeit dieser Zähne und damit für die Durchführung von endodontischen Maßnahmen sprechen. Liegen diese Gründe nicht vor und ist der Zahn nach den vertragsärztlichen Richtlinien nicht erhaltungswürdig, so ist nach Ziffer 10 die Entfernung des Zahnes angezeigt. Eine andere Behandlung von nicht erhaltungswürdigen Zähnen ist kein Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung.

Extraktion, wenn Behandlung nicht wirtschaftlich

Trifft der Zahnarzt also unter Beachtung der Richtlinien die Entscheidung, dass eine endodontische Behandlung eines erkrankten Molaren nicht wirtschaftlich ist, ist die Extraktion des Zahns Regelversorgung, der Erhalt mit einer Wurzelkanalbehandlung muss privat vereinbart werden. Für alle Zähne gilt: „Eine Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung ist nur dann angezeigt, wenn die Aufbereitbarkeit und Möglichkeit der Füllung des Wurzelkanals bis bzw. bis nahe an die Wurzelspitze gegeben sind.“

Diese Regel entspricht der Endo-Klassifikation I nach Ingle (Endodontie): „unkomplizierte, gerade, leicht gebogene Kanalsituation, abgeschlossene Wurzelbildung, Foramen geschlossen.“ Darüber hinaus muss das Wurzelkanalsystem des zu behandelnden Zahns gut erreichbar sowie die Kanäle gut auffindbar sein. Kriterien zur Beurteilung der Befundsituation sind u. a. Achsenneigung, Mundöffnung, Trockenlegungsmöglichkeiten und Wurzelkrümmungsgrad. Außerdem sollten voraussichtlich maximal drei medikamentöse Einlagen erforderlich sein.

Auch die Mundhygiene des Patienten kann bei der Entscheidung, eine Wurzelkanalbehandlung zulasten der GKV durchzuführen, eine Rolle spielen. Achtung: Auch wenn möglicherweise schon zu Beginn der Behandlung wahrscheinlich ist, dass eine Behandlung eines erkrankten Zahns keine vertragszahnärztliche Leistung sein wird, ist die Schmerz- oder Notfallbehandlung des Patienten nicht vereinbarungsfähig.

Können die Bema-Richtlinien erfüllt werden, ist eine Behandlung zulasten der GKV möglich und erforderlich. Wenn keine Zusatzleistungen zur Steigerung der Erfolgswahrscheinlichkeit gewünscht werden, fallen auch keine Privatkosten an. Werden zusätzliche Leistungen zur Qualitätsverbesserung der Behandlung gewünscht, muss eine Privatvereinbarung über die Zusatzkosten erfolgen.

Können die Bema-Richtlinien nicht erfüllt werden, muss der Patient die Kosten der endodontischen Behandlung komplett privat zahlen. Viele KZVen lehnen die Aufsplittung einer Wurzelkanalbehandlung in Kassen- und Privatleistungen (z. B. WK über Bema, WF privat nach GOZ) grundsätzlich ab und empfehlen, die Wurzelkanalbehandlung komplett mit dem Patienten privat zu vereinbaren.

Zusatzvereinbarungen

Grundsätzlich gilt bei der Wurzelkanalbehandlung das Zuzahlungsverbot zu vertragszahnärztlichen Leistungen. Was bedeutet „Zuzahlung“? Es bedeutet, dass der Patient zu einer Leistung, die grundsätzlich die GKV bezahlt, die Differenz zwischen Bema-Honorar und GOZ-Honorar bezahlt, d. h., die Leistung wird geteilt. Seit 2005 (Einführung der Festzuschüsse Zahnersatz) gibt es nur noch einen zulässigen Zuzahlungsbereich, das ist die Füllungstherapie. In diesem Fall wird, wenn der Patient eine höherwertige Füllung wünscht, der Kassenanteil über die Quartalsabrechnung der GKV in Rechnung gestellt und vom GOZ-Honorar abgezogen. Diese Vorgehensweise ist in allen anderen Abrechnungsbereichen, so auch in der Endodontie, nicht zulässig. Zulässig ist hier lediglich, selbstständige Leistungen privat in Rechnung zu stellen. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Zusatzleistungen in der Endodontie sowie deren Abrechnungsmöglichkeiten vor:

Mögliche Zusatzleistungen

Die ehemalige „Phys“ ist seit 2004 keine vertragszahnärztliche Leistung mehr. Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, diese dem Patienten neben der über die KZV abgerechneten endodontischen Therapie privat in Rechnung zu stellen (GOZ-Nr. 2420). Gleiches gilt für die Wurzelkanallängenbestimmung (GOZ-Nr. 2400, 2x je Kanal und Sitzung).

Da die Lasersterilisation eines Wurzelkanals im Bema nicht geregelt ist und somit keine vertragszahnärztliche Leistung darstellt, muss sie beim gesetzlich versicherten Patienten ebenfalls privat vereinbart werden. In der GOZ ist zwar der Zuschlag für den Laser aufgeführt. Zuschlagspositionen fordern allerdings ausdrücklich die Berechnung der „Grundgebühr“. Im Fall der Wurzelkanalbehandlung wäre dies die Nr. 2410. Wird die Wurzelkanalbehandlung jedoch als GOZ-Vertragsleistung abgerechnet, fehlt bei der privaten Berechnung die „Grundgebühr“. In diesem Fall kann die Wurzelkanalsterilisation nur als selbstständige zahnärztliche Leistung im Wege der Analogie gem. § 6 Abs. 1 GOZ zusätzlich zur Vertragsleistung vereinbart werden.

Besondere Techniken

Das Tragen einer Lupenbrille rechtfertigt nicht den Ansatz der GOZ-Nr. 0110 (Zuschlag für die Anwendung eines Operationsmikroskops), da auch die Nr. 0110 GOZ nur in Verbindung mit bestimmten GOZ-Nummern ansatzfähig ist. Darüber hinaus erfüllt die Lupenbrille grundsätzlich nicht den Inhalt „OP-Mikroskop“. Bei der Behandlung eines Privatpatienten kann der Mehraufwand durch den Einsatz der Lupenbrille über den Steigerungsfaktor berücksichtigt werden. Wird die Lupenbrille bei einem Kassenpatienten verwendet, ist es wegen des generellen Zuzahlungsverbots zu Bema-Leistungen nicht zulässig, von diesem eine zusätzliche Gebühr zu fordern. Die einzige Möglichkeit, sich den besonderen Aufwand honorieren zu lassen, besteht deshalb darin, die gesamte endodontische Behandlung unter Ansatz eines angemessenen Multiplikators privat zu vereinbaren.

Wird im Rahmen der Wurzelkanalbehandlung das OP-Mikroskop eingesetzt, muss die Wurzelkanalbehandlung komplett mit dem gesetzlich Versicherten vereinbart werden. Der Zuschlag der GOZ ist an die GOZ-Ziffer 2410 gebunden (s. o.). Eine Zuzahlung über eine „Pauschale“ ist nicht statthaft.

  • Es ist ebenfalls nicht erlaubt, dem gesetzlich Versicherten die Kosten für die Aufbereitungsinstrumente in Rechnung zu stellen, wenn die Aufbereitung als Sachleistung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung abgerechnet wird.
  • Die maschinelle Aufbereitung von Wurzelkanälen stellt lediglich ein spezielles Verfahren dar. Nach Auffassung der KZBV (2001) hat es endodontische Maßnahmen, die mit maschinellen Methoden und nach neuen Konzepten mit teuren Handinstrumenten durchgeführt werden, zur Zeit der Bema-Abfassung noch nicht gegeben. Sie seien aber auch später vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen nicht anerkannt worden. Daher sind diese Methoden als außervertraglich anzusehen und demgemäß privat zu berechnen. In diesem Fall ist dann die Wurzelkanalbehandlung insgesamt privat zu vereinbaren. Wird die Wurzelkanalbehandlung nach GOZ berechnet, kann die besondere Art der Ausführung bei der Bemessung der Gebühr nach Nr. 2410 berücksichtigt werden.
  • Das Abfüllen eines aufbereiteten Wurzelkanals ist eine Vertragsleistung, die nach der Bema-Nr. 35 (WF) abzurechnen ist. Auch für dieses Verfahren kann kein zusätzliches Honorar mit dem Kassenpatienten vereinbart werden. Das Abrechnungsverfahren ist wie bei der maschinellen Aufbereitung durchzuführen. 

Weitere Leistungen haben sich etabliert, die in die GOZ keine Aufnahme fanden. Diese Leistungen sind gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog zu berechnen, z. B. Präendodontischer Kronenaufbau, Kanalinnenwandverglasung mittels eines Lasers, Verschluss von Perforationen, Apicale Stopps, Entfernen frakturierter Wurzelkanalinstrumente u. v. m. Diese Leistungen sind mit den Bema-Honoraren für die Wurzelkanalbehandlung nicht abgegolten und können zusätzlich zur Vertragsleistung berechnet werden.

Christine Baumeister-Henning
ist seit 1982 im Praxismanagement aktiv und zertifizierte Z-PMS-Moderatorin, Business-, Team- und Konfliktcoach, Sachverständige für Gebührenrecht.
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