Der BVD und die dentalen Fachmessen

Zwei Fronten

Dass NWD den Bundesverband Dentalhandel zum Jahresende verlässt, war nur eine von vielen schlechten Nachrichten, die Lutz Müller in jüngster Zeit erreichten. Vielleicht war es die eine zu viel. Der Präsident des BVD fühlt sich zunehmend im Stich gelassen – von den Herstellern ebenso wie von den eigenen Verbandsmitgliedern.


Lutz Müller, Eigentümer und Geschäftsführer des Hannoveraner Dentalhandelsunternehmens Deppe-Dental und Präsident des BVD. | © Sven Skupin


Im vergangenen Jahr ist Müller, Eigentümer und Geschäftsführer des Hannoveraner Dentalhandelsunternehmens Deppe-Dental, zum vierten Mal in Folge an die Spitze des BVD gewählt worden. Und derzeit erlebt er die wohl härteste seiner Amtszeiten. Als wären sinkende Besucherzahlen und abgesagte Fachdentals nicht schon genug: Nun hat auch noch die Nordwest Dental GmbH & Co. KG (NWD), mit 29 Standorten deutschlandweit einer der „fünf Großen“ der Branche (neben GERL, Pluradent, Dental Bauer und Henry Schein), ihren Ausstieg aus dem BVD verkündet. Für den BVD-Präsidenten setzt sich die Reihe der Enttäuschungen also nahtlos fort, der Job ist weit mehr Krisenmanagement als Gestaltungsfeld.

Das Konfliktfeld Nummer eins bilden die Dentalunternehmen. „Weltunternehmen und kleine Hersteller sind schwer unter einen Hut zu bekommen“, beschreibt Müller diplomatisch das verminte Dentalfirmenumfeld. Er beklagt, dass die Branche nicht an einem Strang ziehe. Derzeit befrage er intensiv die Hersteller nach ihren Plänen für 2020 – auch mit Blick auf die Teilnahme an den Fachmessen. „Die Antworten sind oft sehr obskur. Meist erhalte ich ein ,Jein‘, weil man sich nicht bekennen möchte.“ Ein Grund sei sicher, dass in immer mehr Firmen die Entscheidungen in den Unternehmenszentralen in anderen Ländern wie den USA (z. B. Dentsply Sirona, KaVo und Henry Schein) oder – wie im Fall von NWD – in Finnland getroffen werden. Das alleine aber sei nicht der Grund für die Misere: „Der Markt weiß einfach nicht, wo er hinwill“, diagnostiziert Müller. Insbesondere die großen Hersteller seien gefragt, endlich Farbe zu bekennen und sich ihrer Verantwortung zu stellen.

Von der Informations- zur Verkaufsmesse

Das aber erfordere auch andere Wege in der Kommunikation mit dem Kunden Zahnarzt. Dieser sei nun mal ein haptischer Mensch, der Dinge anschauen und ausprobieren möchte. Fachmessen seien dazu das ideale Angebot, wie sich an vielen anderen Branchen ablesen lasse, in denen die Messeangebote konstant vergrößert und erweitert würden. Viele Hersteller würden das auf den Messen aber nicht mehr in den Fokus rücken. „Die Fachdentals haben sich komplett gewandelt: Früher waren das Informationsmessen. Heute werden sie als Verkaufsmessen angesehen und entsprechend bewertet.“ Aus ehemaligen „Gasgebern“ seien inzwischen Bremser geworden.

Und nun auch noch das „Konfliktfeld“ eigene Mitglieder.

Müller, dem der Frust über diese Entwicklung deutlich anzumerken ist, will den Austritt der NWD nicht weiter kommentieren, zumal die Überzeugung innerhalb des Verbands offenbar generell bröckelt. „Was will man machen, wenn auf einer Präsidiumssitzung einstimmig die Durchführung der Fachdentals beschlossen wird, und ein Präsidiumsmitglied will am Tag der id München mit seinem Unternehmen eine Hausmesse durchführen?“, fragt Müller sichtlich genervt. Den Plan habe man nur mit größter Mühe verhindern können.

Der Standort Dortmund sei ebenso ein Experiment gewesen wie die Versuche in Bielefeld und Münster – auch wenn Müller weiterhin zu diesen Entscheidungen steht: „Am Ende kann man auch mit 1.900 Fachbesuchern sein Ziel erreichen.“

Die für 2020 geplanten Fachmessen nennt Müller „Kernausstellungen“ – auch wenn etwa Leipzig, das für 2020 wieder als Standort vorgesehen ist, zuletzt mit 3.500 eine gegenüber 2018 (6.700) fast halbierte Besucherzahl auswies. Neben Leipzig (25./26. September) sind Stuttgart (16./17. Oktober), München (23./24. Oktober) und Frankfurt (13./14. November) für 2020 „gesetzt“. Ob er denn sicher sei, dass diese Messen auch wirklich stattfinden, wollen wir wissen. Seine Antwort: „Höchstwahrscheinlich.“