EU-Projekt fördert Zahngesundheit durch Prävention

Zahnarzt soll Bohrer beiseite legen

Der Zahnarzt als Mundgesundheitscoach: Die EU will die Prävention in der zahnärztlichen Praxis systematisch fördern. Dazu hat sie einem internationalen Forschungsverbund, darunter die Uniklinik Heidelberg, sechs Millionen Euro zur Verfügung gestellt.


ADVOCATE

ADVOCATE: Prävention statt Bohren beim Zahnarzt Foto: proDente e.V.


Derzeit liegt der Fokus der zahnärztlichen Versorgung vor Allem darauf, geschädigte Zähne zu reparieren oder die Patienten mit entsprechendem Zahnersatz zu versorgen. Das soll sich nun ändern: Ein internationaler Forschungsverbund, der von der Europäischen Union ins Leben gerufen wurde und vier Jahre lang mit insgesamt sechs Millionen Euro gefördert wird, soll neue Konzepte der zahnärztlichen Versorgung entwickeln, die in erster Linie den Erhalt der Mundgesundheit durch Prävention zum Ziel haben.

Wissenschaftler der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde des Universitätsklinikums Heidelberg werten dazu Routinedaten der zahnärztlichen Versorgung aus sechs europäischen Ländern dahingehend aus, wie effektiv die zahnärztliche Versorgung in Europa momentan ist, welche Ansätze zu mehr Prävention es gibt, wie sie sich bewähren und anhand welcher Indikatoren sich die Qualität der zahnärztlichen Versorgung beurteilen lässt. Insgesamt beteiligen sich an dem EU-Projekt ADVOCATE (Added Value for Oral Care) elf Kooperationspartner aus sechs europäischen Ländern.

Großteil der Erkrankungen ist weitgehend vermeidbar

Zahnbehandlungen verursachen nach aktuellen Schätzungen europaweit Kosten von rund 79 Milliarden Euro pro Jahr. Mit geeigneten Vorsorgemaßnahmen wäre ein Großteil der Erkrankungen jedoch weitgehend vermeidbar. „Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählen Erkrankungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich und dabei insbesondere Karies weltweit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen – dagegen wollen wir angehen“, so Privatdozent Dr. Dr. Stefan Listl, Projektleiter am Universitätsklinikum Heidelberg.

In den nächsten vier Jahren werden die Wissenschaftler anonymisierte Patientendaten aus mehreren europäischen Ländern auswerten. Dabei entwickeln sie zunächst Indikatoren, mit denen zukünftig Zahnärzte und ganze Gesundheitssysteme in Bezug auf ihre Vorsorgeleistung hin bewertet werden können. Diese Indikatoren sollen ein Maß dafür sein, wie gut es gelingt, die Mund- und Zahngesundheit der Patienten möglichst lange zu erhalten. „Wir hoffen, dass dies sowohl einzelnen Praxen als auch den Gesundheitssystemen der Länder einen Anreiz bietet, sich kontinuierlich zu verbessern, und eine Bewegung hin zu einer mehr präventiv ausgerichteten zahnärztlichen Versorgung in Gang setzt“, sagt der Heidelberger Zahnmediziner. Ebenfalls berücksichtigt werden Einschätzungen von Patienten zu ihrer jeweiligen Behandlung.

Sechs Universitäten und neun Versicherungen an EU-Projekt beteiligt

Das EU-Projekt wird von der Universität Leeds, Großbritannien, in Zusammenarbeit mit dem Academic Center for Dentistry Amsterdam, Niederlande und der Heidelberger Poliklinik für Zahnerhaltungskunde geleitet. An ADVOCATE beteiligen sich insgesamt sechs Universitäten und neun Versicherungen aus England, Deutschland, den Niederlanden, Irland, Dänemark und Ungarn.

„Dieses Verbundprojekt ist ein Paradebeispiel für die Zusammenarbeit von Universitäten, dem öffentlichen und dem privaten Sektor, mit dem Ziel, die Zahngesundheit eines gesamten Kontinents zu verbessern. Wir hoffen, damit einen Impuls zur Verbesserung von Gesundheitssystemen weltweit geben zu können“, sagt Projektkoordinatorin Professor Dr. Helen Whelton, Dekanin der Leeds Dental School an der Universität Leeds.