Urteil

Teure Behandlung, mangelnde Aufklärung

Eine teure Zahnbehandlung muss dann nicht bezahlt werden, wenn sich der Patient im Falle seiner ordnungsgemäßen Aufklärung über andere Behandlungs­möglich­keiten dagegen ausgesprochen hätte. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und bestätigte damit das Urteil des Landgerichts Detmold.


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Eine 56-jährige Patientin aus Bad Salzuflen hatte sich von einem Kieferchirurgen in Hannover zahnärztlich behandeln lassen. Die für den Kieferchirurgen klagende Abrechnungsgesellschaft verlangte von ihr die Zahlung von circa 16.000 Euro von den bislang mit circa 42.000 Euro in Rechnung gestellten  Behandlungskosten.

Der Kieferchirurg hatte bei der Beklagten eine Implantatbehandlung mit Knochenaufbau durchgeführt, wobei der Aufbau des Ober- und Unterknochens durch gezüchtetes Knochenmaterial (Eigenknochenzüchtung) erfolgen sollte. Die Patientin sagte vor Gericht aus, nicht über andere Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt worden zu sein und auch nicht gewusst zu haben, dass bei der gewählten Behandlungsmethode Kosten in Höhe von mehr als 90.000 Euro anfallen würden. In Kenntnis der Kosten hätte sie der durchgeführten Behandlung nicht zugestimmt.

Patient hätte bei guter Aufklärung anders entschieden

Das Gericht gab ihr recht: Ebenso wie das Landgericht hat das Oberlandesgericht Hamm wies es den geltend gemachten Honoraranspruch ab. Der Kieferchirurg habe seine Patientin nicht ordnungsgemäß über andere Behandlungsmöglichkeiten und deren Risiken aufgeklärt. Im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung hätte sich die Beklagte gegen die kostenintensive Behandlung mit der Eigenknochenzüchtung entschieden. Dann wären die dem Honoraranspruch zugrunde liegenden zahnärztlichen Leistungen auch nicht angefallen.

Der vom Oberlandesgericht angehörte Sachverständige stellt außerdem fest, dass neben der Eigenknochenzüchtung die Verwendung von Knochenersatzmittel und die Knochenentnahme aus dem Beckenkamm als weitere Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gekommen wären.

Kieferchirurg übertrieb Risiken möglicher Alternativbehandlung

Allerdings habe der behandelnde Kieferchirurg nur auf die Knochenentnahme als alternative Behandlungsmöglichkeit hingewiesen. Dabei habe er die Risiken der Eigenknochenzüchtung, die allein Kosten von circa 15.000 Euro verursacht habe, verharmlost.

Mit dieser Methode sei es schwierig, den bei größeren Defekten erforderlichen dreidimensionalen Aufbau zu erreichen. Demgegenüber habe er die Risiken der Knochenentnahme übertrieben dargestellt, weil – entgegen seinen geäußerten Bedenken – bei der Patientin aus beiden Beckenkämmen genügend Knochenmaterial hätte entnommen werden können.