6. CAMLOG Zahntechnik-Kongress

Faszination Implantatprothetik

Von der Leidenschaft fürs Handwerk über Erfolg durch konsequente Teamarbeit bis hin zur Künstlichen Intelligenz – der 6. CAMLOG Zahntechnik-Kongress im Kap Europa in Frankfurt begeisterte mehr als 750 Teilnehmer.



Unter dem Motto „Faszination Implantatprothetik“ hatte CAMLOG ein ganz besonderes Programm gestrickt. Nicht nur hochkarätige Experten mit jahrelanger Referentenerfahrung kamen zu Wort, sondern auch Vertreter der „neuen Generation“, die sehr überzeugend und leidenschaftlich aus ihrem Praxisalltag berichteten. Spezialisierung lautet das Zauberwort der „Jungen Wilden“, Edelschmiede statt Großlabor, und vor allem: Teamarbeit, Leidenschaft und Kommunikation auf Augenhöhe. „Was am Ende zählt ist der Mensch“, betitelte etwa ZTM Katrin Rohde, Schorndorf, entsprechend ihren Vortrag und machte klar, dass genau das auch ihr Lebensmotto sei. Im beruflichen Alltag agiere sie nicht nur als Zahntechnikerin, sondern auch als Coach. Sie gehe auf ihre Kunden ein und versuche ihre Bedürfnisse nachzuvollziehen. Beispiel: Erkennt sie, dass eine Patientin mit dem Wunsch nach einer umfassenden Zahnrestauration etwas zu kompensieren versucht, rät sie eher zur kleineren Lösung. Im Großlabor, dem sie den Rücken gekehrt hat, sei das kaum möglich gewesen, sagte sie.


Netzwerken ist bei den „Jungen Wilden“ eine Selbstverständlichkeit. ZTM Claus-Peter Schulz, Baden-Baden, und ZT Anthimos Maki Tolomenis, Essen, könnten ohne regelmäßigen Austausch, manchmal bis zu viermal täglich, nicht arbeiten, wie sie in ihrem gemeinsamen Vortrag ganz deutlich demonstrierten. Ihre Ideen und Strategien zur Fehlervermeidung hätten sie ohne den intensiven Austausch kaum realisieren können, machten beide klar. Das Zahntechnikerhandwerk verstehen sie genau wie Rohde vor allem als kreativen Beruf. Bei allem Sinn fürs Handwerkliche, stehen alle drei dem Fortschritt durch Digitalisierung aber aufgeschlossen gegenüber.
Denn klar ist auch ihnen: Die Digitalisierung wird das Berufsbild der Zahntechniker verändern. Schönes Handwerk allein reicht nicht mehr aus. Wer auch in Zukunft erfolgreich sein möchte, darf sich dem Wandel nicht verschließen, sondern muss ihn mitgestalten, wie CAMLOG-Geschäftsführer Michael Ludwig in seinem Einleitungsvortrag unterstrich. Beispiele dafür lieferten ZTM Maxi Grüttner, Pößneck, der über den digitalen Workflow zwischen Utopie und Realität sprach, sowie ZTM Björn Roland, Klein-Winternheim, der sich der Zahntechnik-Vision 2025 widmete.

Komplexe Rekonstruktionen

Die Vermeidung von Misserfolgen bei komplexen Implantatrekonstruktionen durch Teamarbeit rückten Prof. Dr. Michael Stimmelmayr und ZTM Michael Zangl, Cham, in den Fokus. Dass Teamarbeit dazu beitrage, die Stuhlzeit zu reduzieren, steht für beide außer Frage. Das gelte umso mehr, wenn der Zahntechniker in die Praxis kommen und sich ein Bild von dem jeweiligen Patientenfall machen könne. Denn komplexe implantatprothetische Rekonstruktionen erforderten ein umfassendes Knowhow und den engagierten Einsatz des gesamten Behandlerteams, also des Prothetikers, des Zahntechnikers und des Chirurgen. Die einzelnen Behandlungsschritte gelte es im Team festzulegen. Bei komplexen Restaurationen müsse unbedingt der Prothetiker das Ruder in der Hand halten, sagte Stimmelmayr. „Da muss sich der Zahntechniker ab und an zurücknehmen.“

Neue Konzepte für Zahnlose

„CAMLOG hat die Implantatprothetik revolutioniert“, zeigte sich Dr. Detlef Hildebrand, Berlin, überzeugt. Mit dem All-on-four-Konzept Comfour sei man zwar erst spät auf den Markt gekommen, aber dafür perfekt. Schnelligkeit sei in der Implantologie kein guter Ratgeber. Das Team Hildebrand und ZTM Andreas Kunz, Berlin, verfügt über langjährige Erfahrung bei der Versorgung zahnloser Kiefer. Bei Sofortversorgungskonzepten á la Comfour gelte es vor allem auf die Putzbarkeit zu achten. Der Clou: Lassen die manuellen Fähigkeiten eines Patienten im Alter nach, lassen sich COMFOUR-Konstruktionen in herausnehmbare Lösungen verwandeln. Der digitale Workflow macht solche Konzepte immer vorhersagbarer.

Noch einfacher und bequemer gelingt das mit dem digitalen Workflow-Service DEDICAM. Implantatplanung im Team wird dank eines Baukastensystems immer unkomplizierter, wie ZT Martin Steiner, Bereichsleiter DEDICAM, und ZT Ulf Neveling, Bereichsleiter DEDICAM Guide zeigten. Es gibt vier unterschiedliche Leistungsstufen, das Basis-Angebot enthält beispielsweise nur das Bohrschablonendesign sowie den STL-Datenexport, während das Premium-Plus-Angebot deutlich mehr umfasst. Das Planungsteam von DEDICAM matcht die Daten, positioniert die Implantate zur Freigabe durch den Operateur, erstellt das Bohrschablonendesign und übernimmt den Druck sowie das Verkleben der Bohrhülsen. Das große Plus bei dem Implantat-Planungsservice sowie allen anderen DEDICAM-Dienstleistungen: Jeder Kunde entscheidet selbst, welche Arbeitsschritte er in Eigenregie ausführt. Bohrschablonen kann jeder auf Wunsch auch mit dem eigenen 3D-Drucker fertigen. Fakt ist, das machten beide unmissverständlich klar, die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Steiner: „Wer glaubt, ein Scanner ersetze lediglich die analoge Abformung oder ein DVT das OPG, könne auch glauben, ein Zitronenfalter falte Zitronen.“

Der besondere Vortrag

Warum sind Zähne nicht intelligent? Warum kann ich kein intelligentes Implantat bekommen, das selbstständig Speichelanalysen durchführt? Szenarien zur Digitalisierung lieferte der Wissenschaftsjournalist und Physiker Ranga Yogeshwar, der weltweit Experten zum Thema befragte und in seinem Buch „Nächste Ausfahrt Zukunft“ veröffentlichte. So abwegig wie auf den ersten Blick sind intelligente Implantate gar nicht, machte Yogeshwar in Frankfurt den Teilnehmern klar. Bei intelligenten Prothesen habe man bereits enorme Fortschritte erzielt, die Technik verschmelze mehr und mehr mit dem Körper. Das klingt nach Fortschritt, etwas unheimlich mutete dagegen das „Eye-Tracking“ an. Während des Lesens eines Downloadbuches auf dem elektronischen Reader verfolgt eine winzige Frontkamera über dem Bildschirm die Augenbewegungen des Lesers, kurze Zeit später: ein Anruf des Neurologen, Verdacht auf Parkinson im Frühstadium. Und die Krankenversicherung speichert die Daten. Wahrhaftig beängstigend ist die Macht der Fake News auf dem Gesundheitssektor, wie Yogeshwar am Beispiel der Fake-News-Kampagne von Impfgegnern in Japan zeigte. Die Quote der Impfung gegen Humane Papillomviren (Gebärmutterhalskrebs) sank danach von 70 auf unter ein Prozent. Der Grund: Klickraten, Quoten und Verweildauer werden von Algorithmen höher gerankt als der Wahrheitsgehalt von Meldungen