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Arztportale: „Irreführender Charakter“

Der Artikel „Der Wolf im Schafspelz“ (DENTAL MAGAZIN 5/2013) diskutiert die Frage, ob der Eingriff von Agenturen in das Online-Reputationsmanagement für Zahnarztpraxen empfehlenswert ist. Rechtsanwalt Jens-Peter Jahn rät, die Finger von „Bewertungsoptimierern“ zu lassen.


Rechtsanwalt Jens-Peter Jahn arbeitet bei der Kanzlei Dr. Halbe Rechtsanwälte in Köln. Foto: privat


Bewertungsportale (Artikel „Der Wolf im Schafspelz“, DENTAL MAGAZIN 5/2013) sind seit jeher ein heikles Thema, nicht nur im freiberuflichen Bereich. Ein grundlegendes Urteil ist im Rechtsstreit einer Lehrerin gegen ein Bewertungsportal ergangen. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil klargestellt, dass Betroffene die Bewertung ihrer Leistungen auf Bewertungsportalen grundsätzlich hinnehmen müssen, und in der Regel eine Löschung nicht begehrt werden kann.

Regelmäßig geht es bei Bewertungsportalen um die Frage, ob eine Bewertung durch die freie Meinungsäußerung gerechtfertigt oder der mit der Bewertung verbundene Eingriff in die Privatsphäre nicht mehr gerechtfertigt ist, beziehungsweise es sich um unsachliche Schmähkritik oder eine Formalbeleidigung oder einen Angriff auf die Menschenwürde handelt.

Unwahre Tatsachenbehauptungen löschen

Daneben ist regelmäßig die Abgrenzung zwischen einer Meinungsäußerung und einer Tatsachenbehauptung relevant. Bei der zweiten lässt sich deren Unwahrheit notfalls überprüfen. Unwahre Tatsachenbehauptungen können gelöscht werden.

Geht es nun um die Frage des Eingriffes in die Bewertungsprozesse, ist zu bedenken, dass der Zahnarzt über sich und seine Praxis informieren darf. Werben im Allgemeinen bedeutet im heilkundlichen Bereich, dass anpreisende und irreführende Werbung unzulässig, sachliche Information jedoch zulässig ist.

Es liegt auf der Hand, dass Manipulationen von Bewertungsportalen einen irreführenden Charakter haben, da dem Nutzer suggeriert wird, die Bewertungen seien von Patienten eingestellt worden, obwohl die Bewertungen gerade nicht von Patienten stammen bzw. diese von Agenturen optimiert sind.

Keine erfundenen Krankengeschichten veröffentlichen

In diesem Zusammenhang muss man darauf hinweisen, dass auch durch die Gesetzesänderung im Heilmittelwerbegesetz (§ 11 Abs. 1) und der dadurch bedingten Möglichkeit, künftig auch mit Krankengeschichten zu werben, nicht der Weg für erfundene Krankengeschichten geöffnet ist. Vor diesem Hintergrund ist die Manipulation im Sinne von Fälschung von Bewertungen auf Portalen berufs- und wettbewerbswidrig.

Für den gewerblichen Bereich hat die Manipulation von Bewertungen in jüngerer Vergangenheit bei Hotelbewertungen für viel Aufregung gesorgt. Gewerbliche Anbieter haben positive Hotelbewertungen verkauft.

Der Kölner Stadtanzeiger hat am 14.06.2013 berichtet:

„Hotelbewertungen oft manipuliert. Gute Benotungen bedeuten für die Hotelbetreiber bares Geld. Bestechung, Erpressung und Verleumdung scheinen im Bewertungswesen für Unterkünfte an der Tagesordnung, und verfälschen die Eindrücke des Hotels.“

Man sollte tunlichst die Finger von „Bewertungsoptimierern“ lassen, da eine entsprechende Schlagzeile bei ärztlichen Bewertungen sicherlich auch eher das Gegenteil bewirken.

Kein pauschaler Anspruch auf Löschung

Negative Bewertungen können auf Veranlassung des Bewerteten nur entfernt werden, wenn diese nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen enthalten oder es sich um nicht von der Meinungsfreiheit gerechtfertigte Schmähkritik oder Formalbeleidigungen handelt. Ansonsten muss der Zahnarzt eine negative Bewertung hinnehmen.

Ein Arzt, der sich Bewertungen in einem frei zugänglichen, ein Mindestmaß an Qualitätssicherung bietenden Internetportal ausgesetzt sieht, hat gegen den Betreiber keinen pauschalen Anspruch auf Löschung dieser Einträge. (OLG Ff. a.M., Urt,. v. 08.03.2012, Az.: 16 U 125/11). Wird keine ausreichende Qualitätssicherung angeboten, so ist im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen, dass die gebotene Interessenabwägung auch zugunsten des Betroffenen ausfallen kann – so in etwa Fällen, in denen Aussagen falsche Tatsachenbehauptungen enthalten oder unangemessen im Sinne einer Schmähkritik sind.

Der Autor: Rechtsanwalt Jens-Peter Jahn arbeitet bei der Kanzlei Dr. Halbe Rechtsanwälte in Köln.