Strafrechtliche Konsequenzen und Approbationsverlust

Antikorruptionsgesetz: Was Zahnärzte wissen sollten

Nach nunmehr über Jahre andauernder Diskussion um die Einführung neuer Straftatbestände zur Ahndung von Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen ist am 31. Mai 2016 das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen in Kraft getreten. Damit haben sich drohende Strafbarkeitsrisiken für Zahnärzte und Angehörige anderer Heilberufe weiter intensiviert.


Auch für Zahnärzte könnten sich durch das Antikorruptionsgesetz strafrechtliche Konsequenzen ergeben, die sogar die berufliche Existenz vernichten können. Foto: Andrey_Popov/shutterstock


Nach der Neuregelungen der Paragrafen 299a und 299b Strafgesetzbuch droht den Angehörigen eines Heilberufs im Falle „korruptiver“ Abreden nun sowohl auf der Nehmerseite als auch auf der Geberseite eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren – in besonders schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren. Herausgefallen ist aus den vorgenannten Normen allerdings eine spezielle Tatbestandsvariante: „die Strafbarkeit der Verletzung einer berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit.“ Mit dem Wegfall dieser Passage dürften insbesondere die Verordnung und der Bezug von innovativen Arzneimitteln und Medizinprodukten nicht mehr in den Anwendungsbereich der neuen Paragrafen 299a und 299b fallen. Aus dem Gesetzentwurf gestrichen wurde zudem die Bestechlichkeit und Bestechung im Zusammenhang mit der Abgabe von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten. Dies dürfte vor allem bei Apothekern für Erleichterung sorgen.

Kongresseinladungen weiterhin möglich

Aufgrund der öffentlichkeitswirksamen Debatte um das Gesetz ist zu befürchten, dass die Angehörigen von Heilberufen nach Inkrafttreten der neuen Regeln verstärkt in das Visier der Strafverfolgungsbehörden rücken. Auch niedergelassene Zahnärzte fallen künftig erstmals unter den Anwendungsbereich des Korruptionsstrafrechts. Sie müssen sich nunmehr auch die Frage stellen, ob von ihnen eingegangene Kooperationen strafrechtliche Relevanz aufweisen. In Fällen etwa, in denen es ein unmittelbares Austauschverhältnisse der Leistungen gibt, wird die Frage einer Gleichwertigkeit zwischen Leistung und Gegenleistung in den Blickpunkt rücken. Besondere Skepsis vom Gesetzgeber ist zu erwarten, wenn es anscheinend gänzlich an einer unmittelbaren Gegenseitigkeit der Leistungsgewährung fehlt. Dies bedeutet nicht, dass die Neuregelung gängige Praxis generell untersagt. Kongresseinladungen oder die Übernahmen von Aus- und Fortbildungskosten durch die Pharmaindustrie sind auch weiterhin möglich. Strafrechtlich relevant ist es aber, wenn als Gegenleistung für die Kostenübernahme eine unlautere Bevorzugung des „Sponsors“ durch den Arzt intendiert ist – so etwa bei einer späteren Bestellung oder Verschreibung von Arzneimitteln.

Die Frage nach der Rechtmäßigkeit wird sich zukünftig auch verstärkt in Bereichen stellen wie der Gewinnbeteiligungen, bei Kooperationsvereinbarungen sowie Anwendungsbeobachtungen. Die Rechtmäßigkeit hängt aber immer von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab und lässt sich keinesfalls pauschal beurteilen. Eine Gewinnbeteiligung ist beispielsweise dann unzulässig, wenn für eine spezifische Verweisungspraxis keine sachliche Rechtfertigung erkennbar wird und die Vorteile des Zahnarztes unmittelbar von seinen Verweisungen und den damit erzielten Umsätzen abhängen. Kooperationsvereinbarungen niedergelassener Vertragsärzte mit Krankenhäusern sollen unrechtmäßig sein, wenn das vereinbarte Entgelt nicht dem objektiven Wert der erbrachten Leistung entspricht. Ein entsprechender Maßstab ist auch bei Anwendungsbeobachtungen zugrunde zu legen.

Keine “Liste für die Kitteltasche”

Festzuhalten ist, dass es keine „Liste für die Kitteltasche“ geben wird, wie sie der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, im letzten Jahr forderte. Aufgrund der Komplexität der Lebenswirklichkeit kann es eine solche Liste wohl auch nicht geben. Greifbare und eindeutige Indizien für die Rechtmäßigkeit von Kooperationen werden sich mit der Zeit erst durch strafgerichtliche Entscheidungen herausbilden. Für den vor Gericht stehenden Zahnarzt ist es dann jedoch zu spät. Daher sollten Kooperationen bereits bei geringsten Zweifel an deren Rechtmäßigkeit umfassend geprüft werden. Um dem Anschein einer unlauteren Bevorteilung entgegenzutreten ist zu empfehlen, die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung transparent zu dokumentieren.

Entdeckungsrisiko nicht unterschätzen

Das Risiko bei unlauterer Kooperation entdeckt zu werden, ist nicht zu unterschätzen. Im hochregulierten Bereich der Gesundheitsfürsorge wird oft kontrolliert und es besteht eine hohe Bereitschaft Fehlverhalten anzuzeigen. Zudem sind die neuen Regelungen als sogenanntes Offizialdelikt ausgestaltet. Dies bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft auch ohne Strafantrag ermitteln muss, sobald der Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung besteht. Die Anzeige eines durch die Tat betroffenen Wettbewerbers oder Patienten ist nicht nötig. Zudem werden potenziellen Korruptionszahlungen im Zuge einer Betriebsprüfung durch die Finanzbehörden häufig entdeckt. Gibt es für den Betriebsprüfer Anhaltspunkte, dass Korruptionszahlungen in der Steuererklärung unrechtmäßigerweise als Betriebsausgaben ausgewiesen wurden, so muss er die Ermittlungsbehörden über diesem Verdacht informieren.

Nach der Gesetzesänderung ist zu erwarten, dass die Betriebsprüfer etwaige Ausgaben der Unternehmen genauestens untersuchen werden. Es ist zudem zu befürchten, dass die Strafverfolgungsbehörde eine gewisse Anzahl an Ermittlungsverfahren einleiten wird, um die neuen gesetzlichen Regelungen „mit Leben zu füllen“. Für die Betroffenen birgt dies ein erhebliches Risiko. Denn schon erste Ermittlungsmaßnahmen wie eine Durchsuchung, Beschlagnahme und Befragungen von Mitarbeitern stören die Geschäftstätigkeit. Darüber hinaus erfolgen sie oft nicht im Verborgenen, sondern häufig öffentlichkeitswirksam und können somit schnell der Reputation schaden.

Im schlimmsten Fall: Approbationsentzug

Verstärkt geahndet werden in Zukunft wohl auch Verstöße gegen die berufs- und sozialrechtlichen Verbotsnormen. Dabei hat die Staatsanwaltschaft spätestens mit Erhebung einer öffentlichen Klage eine Mitteilung an die berufsständischen Kammer vorzunehmen. Im schlimmsten Falle drohen dabei die Entziehung der Approbation sowie die Entziehung der kassenärztlichen Zulassung.

Fazit: Abschließend ist festzuhalten, dass den Angehörigen von Heilberufen mit dem Inkrafttreten der Paragrafen 299a, 299b Strafgesetzbuch bei Fehlverhalten erhebliche und ernst zu nehmende Strafen drohen. Denen sollte zwingend durch kritische Überprüfung des eigenen Geschäftsgebarens präventiv entgegen getreten werden. Insbesondere für die Berufsgruppe der Zahnärzte können sich ansonsten aus den Neuregelungen strafrechtliche Konsequenzen ergeben, die sogar die berufliche Existenz vernichten können.

RA Philipp Külz Foto: ROXIN Rechtsanwälte LLP

RA Philipp Külz
Fachanwalt für Steuerrecht in der Kanzlei ROXIN Rechtsanwälte LLP in Düsseldorf.
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RA David Rieks
Rechtsanwalt in der Kanzlei
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mit den Schwerpunkten Steuerstrafverfahren und Korruptionsstrafrecht.
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