Warum bevorzugen junge Zahnärzte die Anstellung?

16 Prozent aller Zahnärzte arbeiten als Angestellte

Immer mehr Zahnärzte entscheiden sich gegen die Selbstständigkeit und für die Position als Angestellter in einer größeren Praxis. Im vergangenen Jahr waren so viele Zahnärzte angestellt wie noch nie. Was sind die Gründe dafür?


Immer mehr junge Zahnärzte wählen das Angestelltenverhältnis. © Halfpoint/iStockphoto


Ende des zweiten Quartals 2016 waren 10.142 Zahnärzte in Deutschland bei Vertragszahnärzten angestellt. Insbesondere Berufsanfänger haben in den vergangenen Jahren verstärkt ein Angestelltenverhältnis gewählt. Das geht aus dem Jahresbericht 2016 der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung hervor.

Während 2007 bloß 1159 der insgesamt 56.907 Zahnärzte in Deutschland in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt waren, sind es Mitte 2016 neun Mal so viele. Dabei stellen Berufsanfänger den größten Teil der angestellten Zahnärzte. Aber auch eine geringe Anzahl an Zahnärzten, die eine eigene Praxis hatten, sind in ein Angestelltenverhältnis gewechselt. Die weiter ansteigende Tendenz hin zur Anstellung und weg von der Selbstständigkeit zeigt einen Trend auf, der auf verschiedene Ursachen zurückzuführen ist.

Neue Möglichkeiten für Zahnärzte

Seit der Veränderung des Vertragszahnrechts im Jahr 2007 wurden neue Möglichkeiten geschaffen, den zahnärztlichen Beruf auszuüben. Einem Vertragszahnarzt ist es seitdem gestattet, zwei vollzeitbeschäftigte Zahnärzte bzw. bis zu vier halbzeitbeschäftigte Zahnärzte einzustellen.

Der Praxisinhaber ist weiterhin zur persönlichen Praxisführung verpflichtet, kann jedoch mit der Anstellung eines weiteren Zahnarztes das Behandlungsspektrum der Praxis ausbauen oder eine angestiegene Zahl an Patienten bewältigen.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

In der heutigen Zeit nimmt die Work-Life-Balance einen hohen Stellenwert in der Wahl des Berufes ein. Auch bei Zahnärzten spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine starke Rolle bei der Wahl zur Selbstständigkeit bzw. dagegen. „Angehende Zahnärztinnen und Zahnärzte legen heutzutage großen Wert auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Arbeits- und Familienleben,” erklärte Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) bereits in einer Pressemitteilung zum Zukunftskongress Beruf und Familie des Deutschen Zahnärztetages 2014. Vor allem weniger Aufgaben in der Praxisführung führen hier zu einer beseren Work-Life-Balance eines angestellten Zahnarztes.

Aber auch für den Praxisinhaber kann sich durch die Anstellung eines weiteren Zahnarztes mehr Freizeit ergeben. Dazu kommen verschiedene weitere Möglichkeiten, die sich für den Praxisinhaber anbieten, wie ein Ausbau des Behandlungsspektrums der Praxis, eine Spezialisierung auf bestimmte Bereiche oder auch eine Erweiterung der Öffnungszeiten. Bei mehreren tätigen Zahnärzten in einer Praxis können längere Öffnungszeiten durch ein Schichtsystem realisiert werden, die besonders für berufstätige Patienten attraktiv sind.

Aufwendige Finanzierung ein Hindernis

Die Finanzierung einer eigenen Praxis, ob Neugründung oder Übernahme, ist ebenfalls ein großer Faktor für oder gegen die Selbstständigkeit. Die meisten Studenten der Zahnmedizin streben nach Abschluss des Studiums eine eigene Praxis an. Hierbei stellt sich jedoch bei vielen die Frage nach der finanziellen Machbarkeit. Eine eigene Praxis, ob von einem anderen Zahnarzt übernommen oder selbst gegründet, bedeutet zunächst ein finanzielles Risiko und hohe Schulden direkt zu Beginn des Berufslebens.

2015 betrug das Finanzierungsvolumen laut KZBV-Jahresbericht für eine Praxisneugründung 484.000 Euro. Eine Praxisübernahme ist in dieser Hinsicht finanziell attraktiver bei einem Finanzierungsvolumen von durchschnittlich 326.000 Euro deutschlandweit. Prof. Dr. Günter Dhom, Praxisinhaber aus Ludwigshafen und Fortbildungsreferent für die Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Zahn-Mund- und Kieferbereich e.V. (DGI), erwartet, dass Einzelpraxen wegen der gedeckelten Einnahmen und der stark steigenden Kosten in Zukunft immer schwieriger existieren können.

Pflichten als Praxisinhaber

Hinzu kommen die Pflichten der Praxisführung bei einer Einzelpraxis. Die betriebswirtschaftlichen Aufgaben nehmen einen großen Anteil in der Arbeit eines selbstständigen Zahnarztes ein. Als angestellter Zahnarzt kann man diese Aufgaben jedoch größtenteils umgehen. Auch finanziell ist eine Anstellung attraktiv. „Ein fleißiger Kollege, der gut zu tun hat, kann als angestellter Zahnarzt viel Geld verdienen – in einer großen Einheit eher als in einer kleinen Einzel- oder Gemeinschaftspraxis,” erläutert Dhom.