Krisenmanagement im Gesundheitswesen

10-Punkte-Plan zur Pandemiebekämpfung

Ein aktuell veröffentlichter 10-Punkte-Plan der Bundesärztekammer (BÄK) zeigt Strategien auf, wie künftig ein Krisenmanagement in Pandemiezeiten effektiver gestaltet werden sollte.


10 Punkte Plan BÄK Pandemie

Ein Kritikpunkt der BÄK war, dass es auch ein halbes Jahr nach Eintritt der Pandemie kein einheitliches Konzept für Testungen gab. © bizoo_n – stock.adobe.com


An welchen Stellschrauben muss Deutschland noch drehen? In der Corona-Pandemie sind insbesondere Schwachstellen in der Organisation des Gesundheitswesens offensichtlich geworden. Das beschrieb Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der BÄK. Zur Beseitigung dieser Defizite erarbeitete die BÄK einen 10-Punkte-Plan. Er soll als Erfahrungsbericht aus dem Gesundheitswesen und als Ratgeber von ärztlichen Praktikern für die Politik gelten.

<strong>1. Krisenmanagement weiter optimieren</strong>
Im Fall einer Epidemie oder Pandemie soll es feste Krisenstäbe mit klar definierten Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten geben. Das soll im Infektionsschutzgesetzt festgehalten und die BÄK sowie Landesärztekammern mit einbezogen werden. Bei Bedarf muss eine schnelle Einberufung möglich sein. Es besteht außerdem die Notwendigkeit, sowohl die Krisenstäbe auf Landesebene besser zu vernetzen als auch deren Vernetzung mit den Krisenstäben auf Bundesebene zu verbessern. Auch einen Expertenpool unter Einbindung von Ärzten in Kliniken und Praxen fordert die BÄK.
<strong>2. Sicherheit des medizinischen Personals gewährleisten</strong>
Laut BÄK habe die Corona-Krise gezeigt, dass der Vorrat und die Beschaffung von Schutzausrüstung wie beispielsweise Masken optimiert werden müsse. Aus diesem Grund fordert sie ausreichende Produktionskapazitäten in Europa, um eine Versorgung zu gewährleisten. Dafür sollten auch kurzfristig aktivierbare, inländische oder jedenfalls innereuropäische Produktionsstätten vorhanden sein.
<strong>3. Versorgungskapazitäten für Krisenfälle vorhalten und finanzieren</strong>
Krankenhäuser müssen den Patienten dienen, nicht dem Profit, so die BÄK. Deshalb müssen besonders im Bereich der Notfall- und Intensivmedizin Personalressourcen und Reservekapazitäten mittels einer bedarfsgerechten Krankenhausplanung definiert, umgesetzt und finanziert werden. Der Versorgungsbedarf müsse an erster Stelle stehen und nicht die wirtschaftliche Effizienz. Auch der ambulante Bereich stelle einen Schutzwall für die Krankenhäuser dar und müsse dementsprechend gestärkt werden. Dazu zähle auch eine angemessene Gegenfinanzierung des krisenbedingten Versorgungsmehraufwands.
<strong>4. Europäische Zusammenarbeit stärken</strong>
Die BÄK fordert einen EU-Krisenreaktionsmechanismus für grenzüberschreitende Gesundheitsnotfälle. Die EU solle für solche Fälle einen Aktionsplan erarbeiten. Eine zentrale Koordinierungsstelle könne hierfür beim Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) liegen. Diese Stelle hätte dann die Aufgabe, kurzfristig Aufträge für benötigte Arzneimittel, Wirkstoffe oder Schutzausrüstung zu vergeben und die Verteilung zu organisieren.
<strong>5. Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken</strong>
Laut BÄK zeige die Corona-Pandemie, dass Gesundheitsämter dauerhaft mehr Personal benötigen. Dafür sei eine tariflich gesicherte, arztspezifische Vergütung unabdingbar. Geplante Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen müssten konsequent, zügig und bundesweit durchgesetzt werden. Die BÄK fordert, dass sie bei der konkreten Ausgestaltung einbezogen werden sollen.
<strong>6. Testmaßnahmen gezielt ausweiten</strong>
Die Forderung der BÄK lautet, ausreichend Testreagenzien, erforderliche Rohstoffe und flexibel steigerbare Laborkapazitäten verfügbar zu machen. Ebenso sei eine einheitliche und verbindliche Test-Strategie für medizinische Einrichtungen und Arztpraxen nötig.
<strong>7. Kapazitätserfassung und Kapazitätssteuerung optimieren</strong>
Zu Beginn der Corona-Pandemie seien Menschen nicht oder zu spät zu Frühsorgeuntersuchungen gegangen, da sie Angst vor einer Infektion hatten. Die BÄK fordert von Bund und Ländern eine breit angelegte Informationskampagne zur Aufklärung über tatsächliche Infektionsrisiken und Schutzmaßnahmen. Eine Steuerung der jeweils notwendigen Ressourcen solle sowohl Betten und Beatmungsgeräten als auch das tatsächlich vorhandene qualifizierte Personal umfassen.
<strong>8. Impfstoffentwicklung durch internationales Abkommen beschleunigen</strong>
Eine Impfstoffentwicklung dauert laut BÄK mindestens ein Jahr. Der Zugang zu einem wirksamen Wirkstoff sei entscheidend für alle betroffenen Länder. Sie fordert daher, die Planungen zur Impflogistik zu überprüfen, um eine Versorgung der Arztpraxen, Betriebsärzte, Krankenhäuser und des öffentlichen Gesundheitsdienstes stets zu gewährleisten. Auf internationaler Ebene seien Abkommen nötig, die die gemeinsame Forschung, Herstellung sowie Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen regeln.
<strong>9. Nachwuchs fördern und Fachkräfte sichern</strong>
Das deutsche Gesundheitssystem werde sowohl von Ärzten als auch von medizinischen Fachangestellten, Pflegekräften und anderen Gesundheitsberufen getragen, so die BÄK. Dabei sei die Personalsituation aber angespannt. Deshalb sei die Verfügbarkeit von gut ausgebildetem Personal zur Krisenbewältigung essentiell. Hohe Priorität habe deshalb die Fachkräftegewinnung und Fachkräftesicherung im ärztlichen Dienst und der Pflege. Die Bundesländer müssten eine ausreichende Zahl an Studienplätzen bereitstellen.
<strong>10. Krise als Treiber für Digitalisierung nutzen</strong>
Die Forderung der BÄK ist hier, Videokonferenzmöglichkeiten und Telekonsile auszubauen sowie Zugänge zu Wissensdatenbanken und aktuellen Forschungsergebnissen für Ärzte zu sichern. Auch Monitoring-Möglichkeiten für ambulante Patienten sollten etabliert und leistungsgerecht vergütet werden. Darüber hinaus fordert die BÄK einheitliche und sichere Messenger App-Anwendungen für eine schnelle und unproblematische Kommunikation im gesamten medizinischen Bereich.

 

Quelle: BÄK